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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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konnte, erklang ein schrilles Pfeifen aus einem anderen Zimmer. »Das ist der Wasserkessel. Möchten Sie eine Tasse Tee?«
    »Ähm …« Cass zögerte.
    »Ich wollte mir gerade selbst eine aufsetzen. Bitte, machen Sie es sich bequem. Es dauert nur einen Augenblick.«
    Sie eilte fort und ließ Cassandra allein zurück, die sich in dem kleinen Laden umschaute. Neben den Bücherregalen entlang der Wände gab es einen runden Messingtisch von der Art, wie sie im Nahen Osten sehr beliebt waren: Er bestand aus einem Tablett, das auf einem Ständer aus geschnitztem Olivenholz ruhte. Am Tisch standen zwei bequeme Sessel und zwischen ihnen eine Stehlampe mit einem violetten Seidenschirm. Es gab weder eine Ladentheke noch eine Registrierkasse, was Cass in einem Buchgeschäft für merkwürdig hielt – und auch nicht andere Ausstattungen für ein Wirtschaftsunternehmen.
    Cass ging zum nächsten Regal und las einige der Titel: Die Geschichte des assyrischen Reichs … Ein Spaziergang durch das Alte Babylon … Das Leben im Alten Orient … Das verlorene Schatzhaus von Nebukadnezar … und noch andere historische Bände, deren Lederrücken aufgrund ihres Alters zerknittert und eingerissen waren. Cass ging weiter zu einem Bereich mit religiösen Schriften: Die Habiru von Palästina … Die gesammelten Schriften von Josephus … Die Wüstenväter … Ein Aufenthalt in den Karpaten … Sumerische Kultur … Wer waren die Hethiter? … Die Grabmäler von Catal Hüyük … und so weiter.
    Bald kehrte die Frau mit einem Holztablett zurück, das mit einer Teekanne aus Messing, Glasbechern, die halb mit frischen grünen Blättern gefüllt waren, und einem Teller mit winzigen Spekulatius beladen war. Sie stellte das Tablett auf dem Tisch ab und lud Cass ein, sich zu ihr zu setzen. »Ich hoffe, Sie mögen es mit Minze«, sagte sie und begann, den heißen Tee über die Blätter zu gießen. »Es ist ein ortsüblicher Brauch, den ich lieb gewonnen habe.« Sie reichte ihrem Gast ein Glas, lehnte sich in ihrem Sessel zurück, nahm einen Schluck und seufzte. »So – das ist doch schon viel besser.«
    »Hm«, machte Cass, nachdem sie einen Probeschluck genommen hatte. »Köstlich.«
    »Dort ist Zucker, wenn Sie möchten.« Die Frau stieß eine winzige Porzellanschüssel an. »Wo sind bloß meine Manieren geblieben?«, rief sie aus und stellte ihren Becher ab. »Ich bin Mrs Peelstick.«
    »Ich heiße Cassandra«, sagte Cass.
    »Was für ein schöner Name. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Cassandra. Ich glaube nicht, dass ich Ihre Antwort gehört habe, als ich fragte, was Sie heute hierher brachte.« Sie pustete auf ihren Tee, während sie auf die Antwort wartete.
    »Nun, ich nehme an, dass ich bloß neugierig war.«
    Die Frau nickte und erklärte: »Die Neugier bringt Pilger hervor, nicht weniger als die Hingabe.«
    »Wie bitte?«
    »Worte aus einem alten Gedicht.« Sie rührte Zucker in den Tee und wirbelte dabei immer wieder die grünen Blätter herum. »Am Ende sind wir doch Pilger, oder etwa nicht? Greifen Sie nur zu bei dem Gebäck!«
    Cass nahm sich einen der kleinen runden Kekse. Es war wie eine Befreiung, nur dazusitzen und für den Moment etwas Normales zu machen – wenn man es in irgendeiner Weise als normal betrachtete, mit einer Engländerin Pfefferminztee in Damaskus zu trinken. »Danke schön.«
    Einen Augenblick lang schlürften die beiden schweigend ihr heißes Getränk. Irgendwo im Nachbarraum schlug eine Uhr die Stunde. »Ich hoffe, ich halte Sie nicht von irgendwas ab«, sagte Cass. »Ich war nur neugierig wegen der Gesellschaft.« Die alte Frau erwiderte nichts darauf, und so fuhr Cass fort, um das Schweigen zu füllen: »›Zetetisch‹ ist ein merkwürdiges Wort. Ich glaube nicht, dass ich es jemals zuvor gehört habe. Was bedeutet es?«
    »Es kommt von dem griechischen Verb zetetikos – ›suchen‹. Die Zetetische Gesellschaft ist eine Gesellschaft von Suchern.«
    »Und was suchen Sie?«
    »Ah, genau das ist die Frage.« Die alte Frau lächelte und schlürfte ihren Tee. Zuerst glaubte Cassandra nicht, dass sie antworten würde, doch die Frau stellte ihr Glas ab und erklärte: »Ich vermute, man könnte etwas Bombastisches und Ausgeschmücktes sagen. Wenn Brendan hier wäre, würde er zweifellos eine Äußerung anbieten wie … ›Wir suchen nicht die Schätze des Wissens, sondern die Schatzkammer schlechthin!‹« Sie hielt inne, um sich eine durchdachtere Antwort zu überlegen. »Vielleicht drückt man es am

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