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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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wie er hoffte. »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Vater Tadeo.« Mit einer ausdrucksstarken Handbewegung wies der kleine Priester auf das Flickwerk aus Fellen, in das Kit gekleidet war, und fragte: » De dónde – ah, woher kommen Sie?«
    »Woher ich komme?«, erwiderte Kit und schwieg kurz, da er überlegte, was er darauf antworten sollte. »Ich bin aus England. Ich habe … ähm … Forschungen durchgeführt.«
    »Explorar?« , rief der Geistliche. Dann wandte er sich an die anderen und erklärte: »Es un explorador.«
    Die Jäger, die immer noch ihre Waffen in den Händen hielten, nickten. »Explorador« , murmelten sie. Dann überschüttete der Mann mit den Ledergamaschen den Priester mit einem Schwall spanischer Wörter.
    Der Pfarrer wandte sich anschließend wieder Kit zu. »Ricardo möchte wissen, warum Sie sich so anziehen?«
    Kit blickte auf seine struppige, selbst gemachte Hose herab. Die Felle waren filzig und sahen aus, als stammten sie von Ratten; und seine zusammengenähten Schuhe waren schmutzverkrustet. Er stank, sein Haar war ein Gewirr aus verfilzten Strähnen und sein Bart ein dichtes Gestrüpp rund um sein Gesicht. Plötzlich kam er sich wegen seines grotesken Outfits sehr albern vor. »Ich habe meine Kleidung verloren.«
    Der Priester übersetzte diesen Satz den Jägern. Als einer der beiden etwas darauf erwiderte, lachten alles drei laut auf. Anschließend erklärte Vater Tadeo: »Wir glauben, dass Sie mehr als nur Ihre Kleidung verloren haben, Señor Christopher.«
    »Stimmt«, meinte Kit und fuhr sich mit einer Hand durch den Bart. »Da könnten Sie durchaus recht haben.«
    Die kleine Versammlung draußen vor der Kirche blieb nicht lange unbemerkt. Ein korpulenter Mann in einem braunen Anzug und einem weißen Hemd trat aus dem großen, von Säulen getragenen Gebäude und eilte über den Platz, um sich zu ihnen zu gesellen. »Worum geht es hier?«, verlangte er auf Spanisch zu wissen. Vater Tadeo erklärte es ihm kurz, woraufhin sich der Mann umdrehte und einem der Jäger befahl: »Geh und hol Diego hierher. Sag ihm, wir haben ein Problem.«
    Während der Jäger davoneilte, sagte Vater Tadeo zu Kit: »Dies ist Señor Benito, unser Alcalde – der Bürgermeister dieses Ortes.«
    »Teilen Sie ihm bitte mit, dass ich mich freue, ihn kennenzulernen«, erwiderte Kit. Seine Zunge schien jetzt schon besser zu funktionieren, da sie durch den Gebrauch gelockert wurde.
    Der Mann in dem braunen Anzug schenkte ihm ein knappes, offizielles Nicken und sprach erneut, wobei er Kit genau betrachtete. Vater Tadeo übersetzte für Kit. »Alcalde Benito wünscht zu erfahren, ob Sie loco – verrückt – sind.«
    »Bitte sagen Sie ihm, dass ich bei vollem Verstand bin, soweit ich weiß.«
    Der Priester und der Bürgermeister berieten sich darüber. Der Gemeindevorsteher schüttelte den Kopf und legte die Stirn in Falten. Er verschränkte die Arme über seinem dicken Bauch und beobachtete Kit. Einen Moment später kehrte der Jäger mit einem Polizisten in blauer Uniform zurück, die eine Schulterklappe mit der Aufschrift Guardia aufwies. Der Ordnungshüter trug einen weißen Patronengurt, an dem ein Holster mit einem großen Revolver angebracht war. Er grüßte den Bürgermeister und den Priester; die drei unterhielten sich kurz auf Spanisch, während Kit weiter dasaß und zuschaute.
    »Ramón und Ricardo haben diesen Mann am Fluss unterhalb der Höhle gefunden«, berichtete Vater Ta d e o.
    »Das stimmt«, betonte Ramón. »Wir sind auf der Hasenjagd gewesen, und ich habe ihn gefunden.«
    »Wir glauben, er ist verrückt«, fügte der Bürgermeister hinzu.
    »Hat er Schwierigkeiten gemacht?«, erkundigte sich der Polizist.
    »Bisher noch nicht«, antwortete Ramón. »Doch er spricht nur Englisch.«
    Der Polizist nickte, dann richtete er eine Frage an Kit, die Vater Tadeo übersetzte. »Señor Diego möchte wissen, weshalb Sie in der Höhle leben.«
    »Ach das«, erwiderte Kit, der versuchte, sein gelassenes Benehmen aufrechtzuerhalten, obwohl sich sein Risiko von Minute zu Minute zu vergrößern schien. »Bitte teilen Sie Señor Diego mit, dass ich keineswegs in der Höhle gelebt habe. Ich habe sie vielmehr erforscht.« Er zuckte mit den Schultern und hob die Handflächen nach oben. »Ich habe mich verirrt.«
    Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß wiedergegeben und dann von den fünf Dorfbewohnern diskutiert, die sich um das Dreirad versammelt hatten, auf dem Kit wie ein zerzauster Würdenträger saß, der im

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