Die Seelenräuberin: das zweite Abenteuer von Lyala Mendes, dem weissen Werwolf (German Edition)
dann ein großes Tamtam veranstaltet, hat den Polizeichef persönlich angerufen, den besten Detektiv engagiert und so weiter. Mein Vater macht keine halben Sachen. Trotzdem hat keiner auch nur eine Spur von ihm gefunden. Ich hoffte schon, ich müsste das Arschloch nie mehr sehen, da war er plötzlich wieder auf der Matte. Ganz abgemagert und ungepflegt, fast so, als ob er die ganze Zeit, die er verschwunden war, sich weder gewaschen noch die Kleidung gewechselt hatte. Ich hätte ihm am liebsten eine direkt auf sein Maul gehauen, aber er war anders, total anders. Fast wie abwesend. Er reagierte auf gar nichts, sondern saß tagelang nur einfach da und stierte stoisch große Löcher in die Luft. Mein Vater hat dann wieder total überreagiert und wollte schon den beste Psychologen des Landes anrufen, damit er ihn behandelte, als mein Onkel plötzlich aufstand und anfing wirres Zeug in einer unbekannten Sprache von sich zu geben, dann ging er in Küche, holte ein großes Messer und rannte in meinen Pferdestall. Er rannte mit erhobenem Messer direkt zu Silberpfeil meinem besten Pferd und wollte es offensichtlich töten. Dabei schrie er die ganze Zeit ‚sajra wayra’, was in Quechua, der Sprache der Indios soviel wie ‚das Böse’ oder ‚böser Atem’ heißt. Er sprach es in einer eigentümlichen sehr krächzenden Art aus. Mein Stalljunge konnte ihn gerade noch daran hindern. Er hat das Messer fallen lassen, ist wieder auf seinen Stuhl gesessen und hat Löcher in die Luft geschaut. Kurz später hat er dann wieder begonnen, in dieser komischen krächzenden Sprache zu sprechen. Es war richtig unheimlich. Er schien mit irgendjemandem, den nur er sehen konnte, ein richtiges Streitgespräch zu führen. So blieb das auch für die nächsten Tage. Er verließ dabei seinen Stuhl niemals, nicht einmal in der Nacht, um in sein Bett zu gehen. Es gab Stunden in denen er sich überhaupt nicht rührte und dann wieder diese stundenlangen Streitgespräche in dieser fremden Sprache. Zum Glück wollte er niemanden mehr töten. Auch die von meinem Vater gerufenen Psychologen konnten nichts herausfinden. Er hat erst gar nicht auf sie reagiert. Durch gar nichts. Es war, als wäre er zwar da, aber sein Geist ganz wo anders. Wir konnten auch nicht genau herausfinden, was dies für eine Sprache war, in der er die Streitgespräche führte. Es schien ein Dialekt der Quechua zu sein, aber eher in der Art, wie er vor 500 Jahren von den Inkas gesprochen wurde.
Dann hat plötzlich Mark Bishop angerufen und wollte sich meinen Onkel ansehen. Erst wollte mein Vater ja nicht, aber als er hörte, für was für eine Organisation Herr Bishop sprach, da wollte er dann doch. Offensichtlich war Herr Bishop von einem der Psychologen angerufen worden. Leider kam meinem Vater aber wieder einmal etwas dazwischen, sodass ich Herrn Bishop empfangen sollte. Und kurz bevor der eintraf ist mein Onkel dann plötzlich gestorben. Er fing wieder mit einem dieser Streitgespräche an, wurde dabei dann immer aufgeregter und fing plötzlich an zu schreien und zu toben. Die noch anwesenden Psychologen konnte ihn gar nicht mehr beruhigen. Nicht einmal eine hoch dosierte Beruhigungsspritze hat geholfen. Mein Onkel wurde immer aufgeregter, bis er dann plötzlich nur noch grell schrie, dass die Fenster gewackelt haben. Zum Schluss hat er dann noch einmal ‚sajra wayra’ gebrüllt und ist auf seinem Stuhl zusammengesackt. Er hat sich dann nicht mehr gerührt und ist kurz später einfach gestorben. Einfach so, als ob eine Kerze ausgeblasen würde. Nicht einmal zwanzig Minuten später stand Mark Bishop vor der Türe.“
„Und dem hast Du dann die Adresse von Donerta gegeben?“
„Ja, er schien irgendwie eine Ahnung zu haben, was geschehen war. Als ich dann die Seelenräuberin erwähnt habe, da hat er nur mit dem Kopf genickt!“
Das war wieder einmal so typisch Mark. Er hatte immer noch eine Information in der Hinterhand. Offenbar hatte er schon vorher etwas herausgefunden. Nur was? Layla hatte das Gefühl, dass sie noch viel zu wenige Informationen hatte, um irgendwie logisch und strategisch zu planen. Sie hoffte, dass diese Donerta, von der Naomi richtige Wunderdinge erwartete, ihr wirklich weiterhelfen konnte. Ansonsten konnte sie nur die nächste Attacke der Seelenräuberin abwarten und hoffen, dass sie entsprechend angemessen reagieren konnte. Und das schmeckte Layla überhaupt nicht. Sie wollte endlich das Ruder in die Hand nehmen. Bisher hatte sie das Gefühl, dass
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