Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
Vom Netzwerk:
zurückgekehrt – keine große Überraschung, wenn man sich vor Augen hielt, wie präzise die Falle zugeschnappt war –, wenn also in diesem Gebüsch ein Verwundeter lag, dann war es niemand von seinen Leuten.
    Er zog die Zügel fest an und spitzte die Ohren. Wieder vernahm er die seltsamen Laute.
    Es klang wie die Stimme einer Frau.
    Langsam, einen Schritt um den anderen, trieb er sein Pferd vorwärts. Die Laute kamen von weiter vorne, aus einem dichten Gestrüpp. Das Gelände war nach allen Seiten weitgehend offen, es gab nur wenige Erhebungen, hinter denen sich ein Feind verbergen könnte. Trotzdem sah er sich um. Man konnte in dieser Gegend nicht vorsichtig genug sein.
    Endlich hatte er eine Stelle erreicht, von wo aus er sehen konnte, wer das Wimmern von sich gab.
    Es war tatsächlich eine Frau.
    Sie trug nur Fetzen am Leib, die einmal ein Hemd gewesen sein mochten und nicht viel von ihrem doch recht wohlgeformten Körper verbargen. Ihre Hände und Füße waren schmutzig, und die Stirn war mit Blut verschmiert wie nach einem Schlag. Sie lag auf der Seite, hatte die Arme um die Knie gelegt und jammerte leise. Hin und wieder überlief sie ein Zittern. Sie hatte ihn noch nicht einmal bemerkt. Er fühlte sich an ein Tier erinnert, das in der Falle saß und nirgendwohin flüchten konnte.
    Eine ganze Weile beobachtete er sie nur, warf aber auch immer wieder einen Blick über die umliegende Landschaft, um Überraschungen vorzubeugen. Der Wachdienst hatte ihn auf vieles vorbereitet, aber nicht auf eine solche Begegnung. Schließlich saß er ab, und als sie ihn immer noch nicht wahrzunehmen schien, räusperte er sich.
    Sie erschrak und blickte auf. Angst trat in die grünen Augen, sie versuchte, von ihm wegzukriechen, und murmelte etwas, das sich anhörte wie eine Bitte, ihr nicht wehzutun.
    Er sah sonst niemanden in der Nähe, und es gab nichts, was ihre Anwesenheit hier hätte erklären können. Doch als sie sich bewegte, sah er, dass sie getrocknetes Blut an den Schenkeln hatte, und daraus ergab sich zusammen mit der Angst in ihren Augen zumindest in einer Hinsicht ein ziemlich klares Bild. Wer immer sie hier liegen gelassen hatte, war zuvor nicht gerade sanft mit ihr umgegangen.
    »Es ist alles gut«, sagte er leise. Er war nicht gewöhnt, verängstigte Frauen zu beruhigen, und wusste nicht so recht, mit welcher Stimme er sprechen sollte. »Ich tue dir nicht weh.«
    Sie erschauerte heftig und starrte ihn an wie eine Feldmaus einen hungrigen Habicht. Immerhin kroch sie nicht weiter. »Wo bin ich?«, flüsterte sie.
    Er nannte ihr den allgemein gebräuchlichen Namen des nördlichen Gebirges von Alkal. Wer täglich mit dem Heiligen Zorn zu tun hatte, verwendete sehr viel schlimmere Bezeichnungen. »Woher kommst du?«
    »Rayt«, flüsterte sie heiser. »Ich war mit einer Handelskarawane unterwegs … das heißt … dann kamen Banditen …«
    »Aber nicht hier.« Keine Karawane, die bei Verstand war, wagte sich so dicht an den Heiligen Zorn heran.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, sie … weiter südlich … sie verschleppten mich erst hinterher hierher.« Sie machte fahrige Bewegungen mit den Händen und streifte dabei die kurzen Enden ihres roten Haares. Ihre Augen wurden groß. »Sie haben mir das Haar abgeschnitten! O mein Gott, sie haben mir das Haar abgeschnitten …« Nun brach sie auch noch in Tränen aus.
    Er versuchte sich auf die Umstände zu konzentrieren und nicht auf die Partien ihres Körpers, die sichtbar wurden, wenn sie ihre Stellung veränderte. Der Erzprotektor würde es nicht gerne hören, dass Banditen seine Berge als Schlupfwinkel benützten. Vielleicht wusste diese Frau Dinge, die für ihn von Wert sein könnten. Wenn ja, dann lautete das Gebot der Stunde, sie mitzunehmen und persönlich seinen Vorgesetzten zu übergeben. Aber dafür gab es nur eine Möglichkeit – nun ja, er könnte sie natürlich auch auf sein Pferd setzen und selbst zu Fuß gehen, aber zur Zitadelle war es ein weiter Weg, und er war nach Einbruch der Dunkelheit nicht gern allein in den Bergen.
    »Hör zu«, sagte er und zog den Umhang heraus, den er für Nachteinsätze bei sich trug. So hoch oben waren die Abende oft kühl. »Ich bringe dich an einen sicheren Ort, verstehst du? Aber dazu musst du mit mir zusammen auf meinem Pferd reiten.« Die grünen Augen wurden vor Angst noch größer. Er bemühte sich, nur in diese Augen zu schauen und nicht auf die straffe, volle Brust, die gerade aus dem Ausschnitt gerutscht war.

Weitere Kostenlose Bücher