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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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schlitterte, und gab ihn damit frei.
    »Der Junge hatte schon eine Prüfung bestanden, indem er hierherkam. Das allein war eine Auswahl, nicht wahr? Vielleicht werden auch die Ikati sie respektieren.« Ein drohendes Lächeln verzerrte sein Gesicht. »Sie könnten natürlich auch zu der Ansicht kommen, dass er doch nur Futter ist, und ihn einfach verschlingen.«
    Nyuku knirschte mit den Zähnen. »Ich bin kein Futter .«
    Der Bärtige winkte ab. »Darüber entscheiden die Götter. Und zwar am besten, wenn sie nicht hungrig sind.« Er warf einen bedeutungsvollen Blick zum Eingang der Höhle, und Nyukus Augen folgten den seinen.
    Er meint die Mädchen , dachte der Junge. Die Opfer. Übelkeit überfiel ihn, aber er schluckte tapfer. Diese Männer sollten ihn nicht schwach sehen. Lag ihm denn so viel an den Mädchen seines Dorfes, dass er um sie trauern würde? Oder war er bereit – und fähig –, sein früheres Dasein loszulassen und sich von ganzem Herzen diesem neuen Leben zuzuwenden?
    Es war eine Prüfung. Hier gab es nichts als Prüfungen!
    »Sie mögen entscheiden«, sagte Nyuku mit fester Stimme.
    Er spürte das Knistern in der Atmosphäre, die unterdrückte Frustration dieser Männer, ihren stummen Widerstand. Eine falsche Bewegung, und sie würden sich auf ihren Anführer stürzen. Ein törichtes Wort von Nyuku, und sie würden ihn in Stücke reißen.
    Schließlich verkündete der Bärtige in einem Ton, der jeden Widerspruch von vornherein ausschloss: »So sei es. Die Götter sollen entscheiden.«
    Eine brennende Woge des Triumphs durchströmte Nyuku. Er biss die Zähne zusammen, um sich nichts anmerken zu lassen. Einst hatte er nur davon geträumt, zu den Dienern der Götter zu gehören. Jetzt hungerte er danach, über sie zu herrschen.
    Er wusste, dass er dem derzeitigen Anführer solche Wünsche niemals zeigen durfte. Oder erst, wenn er wusste, wie sich der Traum verwirklichen ließe.
    Nun hat es begonnen , dachte er voller Genugtuung.

Kapitel 12
    Tukko hasste den Heiligen Zorn. Er hasste es, ihm so nahe zu sein und seine unheilvolle Ausstrahlung zu spüren. Er hasste es, so dicht davor Wache zu halten, dass sich jedes Mal, wenn er sich entspannen wollte, Albträume an seinen Geist hefteten wie Fliegen an einen Kuhfladen. Man spürte, wie einem eine Laus in den Helm kroch oder sah aus dem Augenwinkel eine Schlange oder glaubte sogar zu hören, wie der Hauptmann sich abfällig über einen äußerte, wenn man zum Dienst kam, und solange man konnte, ertrug man alles, ohne sich zu rühren – für den Fall, dass es doch nicht echt wäre. Aber irgendwann war man überzeugt davon, dass es echt war, und dann riss man sich den Helm ab, sprang zurück, wenn die Schlange zustoßen wollte, oder fragte die anderen Wachen, was denn so über einen geredet würde … ohne jeden Grund. Der Heilige Zorn beschwor Feinde, wo keine waren, und ließ sie glaubwürdig erscheinen. Selbst große starke Krieger wie Tukko waren dagegen nicht gefeit.
    Gestern war es anders gewesen. Sie hatten zum ersten Mal, seit er diesen verfluchten Posten angetreten hatte, tatsächlich einen Auftrag ausgeführt. Nicht, dass Tukko so ganz verstanden hätte, warum sie die beiden Hüter überfallen hatten, aber Befehl war Befehl. Haltet alle Fremden auf diesem Weg auf , hatte Anukyat gesagt. Es hatte richtig gutgetan, gegen jemanden zu kämpfen, der bluten und sterben konnte, nicht nur gegen die üblichen Ausgeburten der eigenen Phantasie. Es gab ihm das Gefühl, eine sinnvolle Tätigkeit zu verrichten, und das hatte er lange nicht mehr erlebt.
    Jetzt hatte man die beiden Fremden in die Zitadelle gebracht, ihre toten Pferde wurden gerade für das Abendessen verwertet, und das Leben wurde allmählich wieder »normal«. Für Tukko hieß das, ein langer Ritt zu verschiedenen Kontrollstellen, um irgendwelche Dinge abzuliefern und Berichte über alle Vorkommnisse einzusammeln, von denen seine Vorgesetzten erfahren sollten. Ganz sicher keine ruhmreiche Aufgabe, aber wenn Anukyat sagte, es sei wichtig, musste es eben getan werden. Er hatte noch etwas von »Feinabstimmung« erwähnt, alles »liefe wie ein Uhrwerk«. Wie immer das zu verstehen war.
    Aus den Büschen drang ein Wimmern.
    Er brachte sein Pferd zum Stehen. Seine Hand tastete wie von selbst nach dem Kurzschwert an seinem Gürtel. Tiere gab es hier nicht viele, und Menschen hatten, abgesehen von seinen Kameraden, in dieser Gegend nichts zu suchen. Gestern waren alle unversehrt von dem Kampf

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