Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
Vom Netzwerk:
Alkal befand, vermutlich nicht allzu weit von der Stelle entfernt, wo man ihn überfallen hatte.
    Ich bin ein Heiliger Hüter , dachte er, während ihm einer seiner Begleiter vor Ungeduld fast den Arm ausriss. Und niemand hat einen Grund, einem Heiligen Hüter etwas anzutun.
    Aber er hatte Favias’ Geleitbrief nicht mehr bei sich; nach allem, was er in der Schlucht erlebt hatte, war er sich nicht einmal sicher, ob man ihn hier überhaupt respektiert hätte.
    Man stieß ihn in einen großen Saal, der im Vergleich zu dem Raum, aus dem er kam, so hell erleuchtet war, dass er zunächst kaum die schmerzenden Augen offen halten konnte. Seine beiden Begleiter zwangen ihn auf die Knie, und bevor sie ihn freigaben, packte ihn einer an den Haaren und drückte ihm den Kopf nach unten. Er war nicht in der Verfassung, sich zu widersetzen. Am anderen Ende des Saales wartete eine Gestalt; als Rhys den Kopf wieder hob, kam sie langsam auf ihn zu. Während er noch blinzelte, um wieder scharf sehen zu können, hörte er Stiefeltritte und Sporengeklirr.
    »Nenne deinen Namen«, befahl eine raue Stimme.
    Der verschwommene Schatten wurde schließlich als Mann erkennbar: von kleinem Wuchs, aber mit breiten Schultern und kräftigem Körperbau. Die alkalischen Gesichtszüge waren deutlich ausgeprägt. Rhys sah sich kurz um und stellte fest, dass alle anderen Anwesenden – ausschließlich Männer – vom gleichen Typus waren: schwarzes Haar, rotes Gesicht, derbe Züge und schmale, mandelförmige Augen. Die Alkalier hatten sich äußerlich nicht verändert, seit der Heilige Zorn auf die Erde gestürzt war. Das wurde ihnen jedenfalls nachgesagt. Sicher war, dass sie es ablehnten, sich Partner unter den anderen Völkern des Nordens zu suchen und jedes »fremde Blut« als minderwertig ansahen.
    »Mein Name ist Rhys.« Er war heiser, und seine Kehle schmerzte; es fiel ihm schwer, die Worte zu formen. »Rhys sera Keirdwyn.« Normalerweise hätte er seine Herkunft nicht verheimlicht – normalerweise wäre das auch nicht nötig gewesen –, doch irgendetwas warnte ihn davor, seine Verwandtschaft zum Königshaus offenzulegen. Sera Keirdwyn bedeutete nur »Diener der Keirdwyn«, und so konnte sich jeder bezeichnen, der im Dienst der königlichen Familie stand. »Ich bin ein Hüter des Heiligen Zorns«, sagte er. So angeschlagen er auch war, diesen Titel verkündete er mit Stolz in der Stimme.
    »Aha, ein Hüter. Was für ein Glück für uns.« Das klang ironisch. »Du glaubst wohl, das Protektorat Alkal hätte keine eigenen Hüter? Welche Veranlassung hätten unsere geliebten Brüder im Westen wohl sonst, in unser Gebiet einzudringen?« Er wartete auf eine Antwort, und als Rhys schwieg, wurde seine Stimme hart und eisig. »Was willst du hier, Hüter des Heiligen Zorns? Sei aufrichtig, denn ich kann erkennen, ob ein Mensch die Wahrheit sagt, und du wirst für jede Lüge teuer bezahlen.«
    Rhys suchte sich mit einem tiefen Atemzug zu beruhigen. Du hast dir nichts zuschulden kommen lassen , erinnerte er sich. »Die Hüter von Keirdwyn befürchten, der Heilige Zorn sei geschwächt. Ihre Brüder in Alkal waren verstummt. So entsandten sie uns hierher, damit wir die Gründe dafür herausfänden.«
    »Aha. Wie gütig von ihnen. Wie … fürsorglich.« Die schwarzen Augen wurden schmal; Rhys schien es, als glühten sie vor Hass. »Und deshalb schickten sie eine Skandir ins Herz unseres Reiches? Ohne Vorwarnung. Natürlich nur zu unserem Besten. Willst du mir das einreden?«
    Rhys’ Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Er konnte kaum noch sprechen. »Namanti … ist sie …?« Er konnte die Frage nicht beenden.
    »Die Skandir-Schlampe? Sie ist tot, und sie kann von Glück reden. Bei ihrem Verhör wären wir weniger behutsam vorgegangen als bei dir, das darfst du mir glauben.«
    Rhys schloss kurz die Augen. Lass ihn nicht merken, wie sehr dich das trifft. Sonst bekommt er zu viel Macht über dich. »Wir hatten einen Brief bei uns«, sagte er mit rauer Stimme. »Er trug das Siegel von Keirdwyns Oberstem Hüter. Nach altem Brauch …«
    »Wo?« Der Inquisitor breitete die Arme weit aus. »Ich sehe keinen Brief.« Er schaute die Männer an, die Rhys in den Saal gebracht hatten und nun rechts und links von ihm standen. »Kann sich einer von euch erinnern, dass dieser Mensch einen versiegelten Brief bei sich hatte?«
    »Ich nicht«, sagte der eine.
    Der andere schüttelte den Kopf. »Ich auch nicht.«
    Rhys schaute zu Boden. Sein Gegenüber sollte die Wut in

Weitere Kostenlose Bücher