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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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einen triftigen Grund dazu hatten.
    Oder Menschen.
    Aber er sah nichts. Die Schatten waren bereits zu tief, die Täler zu dunkel. Waren sie zu spät gekommen?
    »Ich hatte schon den ganzen Tag ein merkwürdiges Gefühl«, murmelte er. »Als würden wir beobachtet. Ich hatte gehofft …« Er brach ab und schwieg eine Weile. Endlich zuckte er unzufrieden die Achseln. »Es ist zu spät, um von hier aus etwas zu sehen.«
    Sie war ernst geworden. »Du weißt doch, dass der Heilige Zorn sehr häufig diese Reaktion auslöst? Feinde zu wittern, wo keine sind?«
    Er starrte weiter über die Berge. »Ich weiß.«
    »Aber dein Gefühl ist anders?«
    Er nickte.
    »Schön. Das reicht mir.« Sie wendete ihr Pferd und nickte nach Süden hin. »Ich habe vor Kurzem eine Stelle gefunden, die sich als Lagerplatz eignet. Nahezu auf allen Seiten vor Blicken geschützt und mit einem guten Standort für einen Wachposten. Ich gehe davon aus, dass wir von nun an Wache halten?«
    Er nickte, rührte sich aber immer noch nicht von der Stelle.
    »Rhys?«
    »Vergangene Nacht träumte ich, dass in Alkal etwas auf uns wartet.« Er schüttelte den Kopf. »Etwas, das die Grenze nicht überqueren will.« Er zeigte auf die Drei Schwestern, drei schroffe Granitsäulen tief im Landesinneren des Protektorats Alkal. Die Spitzen leuchteten rot vor dem Abendhimmel. »Irgendwo in dieser Gegend.«
    »Bist du sicher?«
    Er presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich hatte gehofft, von hier oben etwas zu entdecken, das den Traum bestätigt. Was genau, weiß ich selbst nicht. Aber inzwischen ist es so dunkel, dass man gar nichts mehr sieht.«
    Sie sagte leise: »Der Heilige Zorn erzeugt auch Albträume.«
    Diesmal nickte er steif. »Ich weiß.« Er wendete sein Pferd und folgte ihr nach Süden. Seine Miene war verbissen. »Glaube mir, ich weiß es.«
    Er war schon mehrmals so hoch im Norden gewesen, deshalb wusste er, was die Magie der Götter im Verstand eines Menschen anrichten konnte, sogar bei einem Halb- Lyr . Er wusste auch, dass vernünftiges Denken zunehmend schwieriger wurde, je näher man den Speeren kam, und dass sich der Verfolgungswahn nur allzu leicht festsetzte. War man dicht genug daran, dann witterte man hinter jedem Felsen einen Feind und in jedem Windstoß einen bösen Zauber.
    Aber das heißt nicht, dass da draußen nichts lauert , sagte er sich trotzig. In dieser Nacht übernahm er die erste Wache, denn er wusste, dass er ohnehin keinen Schlaf finden würde.

    Die Hüter nahmen einen eigenartigen Weg. Manchmal hielten sie sich vernünftigerweise an flaches Gelände, doch dann ritten sie wieder in so vielen Windungen über Höhenzüge und schroffe Berge, als suchten sie gezielt nach der schwierigsten Strecke. Einmal war das Gelände so unwegsam, dass Kamala förmlich spüren konnte, wie sich die Pferde den steilen Hang emporquälten, obwohl wenige Meilen voraus eine Senke die Überquerung sehr erleichtert hätte. Nach allem, was sie von den Gesprächen belauschen konnte, wussten die beiden offenbar von dem Pass und hatten dennoch die unbequemere Route gewählt. Vielleicht waren sie inzwischen so dicht am Heiligen Zorn, dass sie die Pferde nicht mehr näher heranführen konnten? Kamala sah selbst von hoch oben, wie die Tiere immer unruhiger wurden, und der Grund dafür war nicht schwer zu erraten. Das meiste heimische Wild hatte diese Gegend längst verlassen, nur wenige kümmerliche, verhuschte Exemplare, kaum halb so groß, wie sie sein sollten, waren geblieben. Hätte man die Pferde sich selbst überlassen, sie wären Hals über Kopf nach Süden geflüchtet, so schnell ihre Hufe sie tragen konnten. Mehr als einmal brachten die beiden Reiter ihre Tiere nur mit größter Mühe vorwärts und mussten heftig an den langen Zügeln der Packpferde reißen, um sie zum Mitkommen zu bewegen.
    Der Mangel an heimischem Getier hatte Kamala die Reise erheblich erschwert. Als Habicht hatte sie gewöhnlich wenig Mühe, genügend Nahrung zu finden, und wo die menschliche Kamala vielleicht lieber hungrig geblieben wäre, als ihre Zähne in eine rohe, blutige Feldmaus zu schlagen, war dieser Abscheu in der Vogelgestalt außer Kraft gesetzt. Auf Habichtschwingen pfeilschnell durch die Lüfte getragen, mit magisch geschärften Sinnen, kostete die Jagd im Allgemeinen nicht mehr Zeit, als sie in menschlicher Gestalt gebraucht hätte, um die Vorräte auszupacken. Doch in dieser gottverlassenen Gegend war alles nicht mehr so einfach. Sie spürte die

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