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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wieder seinen Degen. »Einzelfeuer!«
    Das gegnerische Schilf feuerte fast zu gleicher Zeit. Eisenstücke und Holztrümmer flogen über ihr Batteriedeck, während die Segel, so sehr durchlöchert, daß sie kaum noch den Wind hielten, kraftlos erschlafften. Bolitho wischte sich übers Gesicht und sah den Vormast des Gegners fallen. Takelage und Leinwandfetzen verschwanden längsseits.
    Den konnte er nun vergessen. Aber
Hyperion
hatte es schwer getroffen. Ein Teil der feindlichen Breitseite war mit der Wucht eines Bergrutsches in ihren unteren Rumpf geschlagen. Bolitho wollte über Deck gehen, da wurde sein Fuß festgehalten. Er blickte hinab und sah den jungen Seemann Naylor. Er lehnte an seinem umgeworfenen Geschütz und versuchte, Worte zu stammeln. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
    Keen rief: »Hierher, Sir Richard! Ich glaube, wir können …«
    Seine Füße rutschten in Blut aus, und als er Bolitho neben dem sterbenden Seemann knien sah, verstummte er. Bolitho ergriff die Hand des Jünglings. Die Spanier mußten ihre Breitseite mit Kartätschen geladen haben; Naylor hatte ein Bein verloren, und in seiner Seite klaffte ein faustgroßes Loch.
    »Lieg still, Naylor.« Bolitho hielt die Hand des Schwerverwundeten. Das Deck schien unter ihm zu schwanken. Er wurde verlangt, dringend sogar. Ringsumher tobte die Schlacht ohne Unterbrechung.
    Der Seemann keuchte: »Ich – ich sterbe, Sir!« In seinen Augen standen Tränen. Er betrachtete sein Blut, das in die Speigatten floß, wie etwas Fremdes. Verwirrt über das, was geschah, stemmte er sich noch einmal hoch, und Bolitho spürte eine letzte Festigkeit in seinem Griff. Naylor fragte: »Warum ich, Sir?« Dann fiel er zurück, aus seinem Mundwinkel sickerte ein rotes Rinnsal. »Warum gerade ich?«
    Keen wartete, bis Bolitho die Hand losließ, die ihm nun kraftlos entglitt.
    Dann meldete er:
»Capricious
ist wieder manövrierfähig, Sir Richard! Aber dort drüben bricht ein Spanier durch!« Er bestaunte seinen erhobenen Arm. Der Ärmel war aufgerissen, und doch hatte er die Musketenkugel nicht einmal bemerkt.
    Bolitho eilte zur Reling. Ein zweites Schiff überholte schon den Spanier, der die Breitseite abgefeuert hatte. »Will sicherlich zu seinem Admiral.«
    Keen winkte. »Mr. Quayle! Sagen Sie der unteren Batterie, wir werden den dort gleich angreifen!«
    Der Vierte Leutnant hatte alle Arroganz verloren. Vielmehr war er fast außer sich vor Angst.
    Keen drehte sich um. »Mr. Furnival!«
    Doch der Fähnrich war ebenfalls gefallen, während sein Kamerad stocksteif neben Jenour stand. Sein Blick war auf die Flaggen gerichtet, zwischen denen sein getöteter Freund lag, als wolle er sich von der Hitze des Gefechts ausruhen.
    Bolitho bellte: »Gehen Sie unter Deck, Mr. Quayle! Dies ist ein Befehl!«
    Keen strich sich das Haar aus der Stirn und merkte, daß auch sein Hut weggerissen war. »Verflucht noch mal!«
    »Alle feuerbereit, Sir!«
    Keens Degen zuckte nieder. »Feuer!«
    Schuß um Schuß der Breitseite bemalte das Kabbelwasser zwischen den Schiffen mit blutrotem Schein. Man hörte deutlich, wie das Eisen der
Hyperion
in die Bordwand des Gegners krachte und Menschen und Geschütze zerschlug.
    Eine zunehmende Brise wirbelte den Pulverdampfweg.
    Keen warnte: »Sie treibt auf uns zu! Ihr Ruder ist weggeschossen!«
    Bolitho hörte es platschen. Als er sich umwandte, sah er einige Gehilfen des Bootsmanns von dem umgestürzten Geschütz wegtreten. Sie hatten Naylors Leiche schon über Bord geworfen, nur noch sein Blut markierte die Stelle, wo er gekämpft hatte und gestorben war. Immer noch hatte er seine Stimme im Ohr: »Warum gerade ich?« Es gab so viele, die diese Frage stellten.
    Allday schätzte mit dem bloßen Entersäbel in der Faust das näherkommende spanische Schiff kalt ab. Parris schrie gellend: »Klar zur Abwehr von Enterern!«
    Major Adams hastete nach vorn, als der lange Klüverbaum des Gegners den Rauch durchstach und sich mit einer Erschütterung im Bugsprit der
Hyperion
verhakte, die selbst die Geschützbedienungen innehalten ließ.
    Keen brüllte: »Weiterfeuern!«
    Die unteren Zweiunddreißigpfünder schossen gnadenlos über das mit Trümmern bedeckte Dreieck verräucherten Wassers. Wieder und wieder und noch einmal, bis des Feindes Klüverbaum brach, das Schiff mit einem Ruck längsseit klappte und die Mündungen von Freund und Feind zusammenstießen.
    Gewehrfeuer knallte aus den Masten, Männer fielen neben ihren Geschützen oder brachen beim Aufräumen

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