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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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bezeichnenderweise für ausgeschlossen und hatte beharrlich erklärt: »Sie kennen Ihre bisherigen Leistungen, Sir Richard, das genügt jedem.« Jenour war ein angenehmer, eifriger junger Mann, der ihn an niemanden erinnerte. Vielleicht hatte er ihn sich deshalb ausgesucht. Deshalb und wegen seiner verblüffenden Kenntnisse über Bolithos bisherige Unternehmen, seine Schiffe und Gefechte.
    Die drei Briggs
Upholder, Tetrarch
und
Vesta
sollten morgen die Anker lichten und mit dem Flaggschiff auslaufen. Blieb nur zu hoffen, daß sie nicht auf feindliche Fregatten stießen, bevor sie das Festland erreichten. Alle drei zusammen trugen sie nur zweiundvierzig Kanonen. Wenn doch wenigstens ihre einzige Korvette aufsein Rückrufsignal reagiert hätte! Denn die
Phaedra
sah wie eine kleine Fregatte aus, und in den richtigen Händen konnte sie auch als eine solche kämpfen. Oder maß er sie schon wieder an seiner ersten Korvette und dem damit verbundenen Glück?
    Bolitho schritt langsam zum Ende der Aufschleppe, dorthin, wo sie in die unruhigen Wellen tauchte. Das Wasser war dunkel wie Ebenholz, betupft mit gelegentlichen Reflexen der Ankerlaternen oder, wie im Fall der
Hyperion,
von den Spiegelbildern der erleuchteten offenen Stückpforten. Er fühlte die warme Brise an seinen Wangen und versuchte sich die Seekarte mit allen Unwägbarkeiten vorzustellen, die ihnen auf jeder der sechshundert Seemeilen zustoßen konnten.
    Er wollte sich nicht aufregen, wenn er an Haven dachte. Haven war kein Feigling, aber von anderen, tieferen Sorgen besessen. Was er auch von seiner Kommandierung auf einen Veteranen wie
Hyperion
hielt, Bolitho sah es anders. Das Schiff mochte alt sein, gewiß, aber es war noch immer ein weit besserer Segler als die meisten seiner Sorte. Ungewöhnlich, daß ein Flaggkapitän sich zum Gegner seines Admirals machte, ob er ihn nun haßte oder nicht. Die Karriereleiter war schwer genug zu erklettern, ohne daß man sich noch selbst Hindernisse in den Weg legte. Doch Haven wies jeden persönlichen Kontakt zurück, und als auf der Überfahrt von England traditionsgemäß seine Gegenwart an der Tafel nötig war, wo Bolitho einige jüngere Offiziere bewirtete, hatte er sich abseits gehalten. Bolitho dachte an das Bildnis von Havens hübscher Frau. War sie die Ursache seiner Probleme? Das allerdings hätte er gut verstehen können.
    Der Schatten eines Fischerboots glitt an der ihnen am nächsten liegenden Brigg vorüber. Brachte es dem Feind eine Nachricht? Falls die Dons herausbekamen, was er beabsichtigte, konnte der Admiral in Havanna wenige Stunden nach Erhalt der Nachricht ein ganzes Geschwader in See haben.
    Es wurde Zeit, zur Anlegebrücke zu gehen, wo die Barkasse wartete, aber Bolitho zögerte noch. Es war so friedlich hier, ein Aufschub vor der Gefahr und dem Ruf der Pflicht.
    Der Fischer war verschwunden, ohne zu ahnen, welche Gedankengänge er ausgelöst hatte. Bolitho starrte auf die leuchtenden Reihen offener Stückpforten der
Hyperion.
Das sah aus, als ob sie innerlich brannte. In ihrem rundlichen Rumpf drängten sich sechshundert Seelen – alle ihm überantwortet. Sie verlangten nicht viel, aber oft wurden ihnen selbst noch die einfachsten Bequemlichkeiten vorenthalten. Er konnte sich die anonymen Seesoldaten in ihrer Sektion des Decks vorstellen, wo sie wohnten und auch ihre Ausrüstung reinigten und putzten. Er sah andere Quartiere vor sich, wo die Seeleute zwischen Kanonen ihre Freiwachen verbrachten, an traditionellen Kleinigkeiten bastelten oder winzige Schiffsmodelle aus Knochen und Muscheln schnitzten. Wie konnten ihre von schwerer Arbeit groben Hände solch feine Arbeiten hervorbringen? Dann die Fähnriche der
Hyperion,
acht an der Zahl, die den Lehrstoff für ihr Leutnantsexamen studierten, manchmal bei schwächster Beleuchtung, einem Docht in einer alten Kartusche.
    Die Offiziere hatten sich noch nicht hervorgetan, aber mit der Zeit würden sie zeigen, was sie konnten oder was nicht. Bolitho schlug mit seinem Hut nach einem durch die Dunkelheit summenden Insekt. Führerschaft, darauf kam es an. Alles beruhte auf guter Führerschaft.
    Als er sich wieder dem Bootsschuppen zuwandte, hörte er Jenours Schritte davoneilen. Eine Kutsche rollte heran, ein Pferd stampfte unruhig, und die Stimme eines Mannes suchte es zu besänftigen.
    Jenour kam zurück und wisperte: »Eine Dame, Sir Richard.«
    Bolithos Herz erriet ihren Namen. Er fragte sich keinen Moment, wer da zu dieser späten Stunde kommen mochte.

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