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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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übertreffen. Obendrein hatte er gerade diese Gewässer hier oft befahren und gegen Sklavenhändler und Bukaniere gekämpft, bis ihn nichts mehr erschrecken konnte. Bolitho hatte beim Errechnen der Mittagsbreite zugesehen, wie er ein Auge auf die versammelten Fähnriche warf, deren Navigation und maritime Ausbildung ihm oblag. Immer war er bereit zu einem offenen Kommentar, wenn die Dinge nicht so liefen, wie sie sollten. Doch war er niemals sarkastisch zu den jungen Herren, und sie hatten sichtlich Achtung vor ihm.
    Penhaligon hatte seine Karten und Notizen mit den Beobachtungen von Price verglichen und nur bemerkt: »Der wußte, wie man navigiert.« Das war ein großes Lob aus seinem Mund.
    Ein Decksoffizier näherte sich Leutnant Quayle mit gesenkter Stirn. Bolitho war froh, allein zu sein, als Quayle hinwegeilte. Er hatte das Gesicht des Seemanns gesehen; es zeigte nicht nur Respekt vor dem Offizier, sondern schon Furcht.
    Seine Hand strich über die abgenutzte, von der Sonne heiß e Reling. Er dachte an das letzte Treffen mit Catherine im Bootsschuppen, an ihre Stimme und Leidenschaftlichkeit. Er mußte sie wiedersehen, wenn auch nur, um ihr alles zu erklären. Aber was erklären? Es nützte nichts, würde sie nur quälen – und ihnen beiden schaden. Sie schien unzugänglich, nur bestrebt, ihm zu sagen, was er ihr angetan hatte. Und doch … Er erinnerte sich noch lebhaft an ihr erstes Treffen, als sie ihn für den Tod ihres Ehemannes verflucht hatte. Das war schon ihr zweiter gewesen. Es hatte auch einen ersten gegeben, den sie kaum erwähnte, einen haltlosen Glücksritter, der in Spanien bei einem trunkenen Streit umgekommen war. Wer war sie damals, und woher kam sie überhaupt? Bezaubernd und beeindruckend, wie sie heute war, konnte man sie nur schwer in jener Gosse sehen, von der sie in einem Augenblick der Intimität einmal gesprochen hatte.
    Und Somervell. War er wirklich so kühl und distanziert, wie er sich gab? Amüsierte ihn das Erwachen ihrer alten Erinnerungen, das er je nach Belieben ignorieren oder ausnutzen konnte? Würde er jemals erfahren, daß sie Bolitho aus der Ferne beobachtet hatte, um zu hören, was er tat oder ob er im Gefecht gefallen war?
    Quayle war zum Ruder gegangen und maßregelte den Fähnrich der Wache. Dieser war wie alle anderen vorschriftsmäßig gekleidet, mußte aber bei der Hitze Blut und Wasser schwitzen. Wäre Keen Flaggkapitän gewesen, hätte er … Entschlossen rief Bolitho: »Lassen Sie meinen Diener holen!«
    Ozzard entstieg dem Dunkel unter Deck und stand blinzelnd in der Helle, mehr denn je einem Maulwurf ähnelnd: klein, treu und immer bereit zu dienen, wenn er gebraucht wurde. Er hatte Bolitho sogar vorgelesen, als dieser teilweise erblindet war, denn er war gebildet und früher Gehilfe in einer Anwaltskanzlei gewesen. Dann war er zur See gegangen, um einer Anklage zu entfliehen; manche sagten, dem Strick des Henkers.
    Bolitho winkte ihn heran. »Hier, mein Rock.«
    Ozzard zuckte nicht mit der Wimper, als der Vizeadmiral ihm das Kleidungsstück über den Arm warf und den Hut reichte. Andere sahen zu. Ab morgen konnte auch Haven seinen Offizieren erlauben, sich an Deck in Hemdsärmeln zu bewegen. Wenn es erst einer Uniform bedurfte, um aus einem Mann einen Offizier zu machen, dann gab es für sie alle keine Hoffnung mehr. Ozzard deutete ein Lächeln an und hastete dankbar wieder in den Schatten. Er kannte Bolithos freudige und trübe Stimmungen. Zuviel der letzteren, dachte er. Er eilte am Wachposten vorbei und betrat die große Tageskajüte, jenes Reich, das er mit Bolitho teilte. Dort untersuchte er den Rock nach Spuren von Teer oder Talg. Dann erblickte er sein Spiegelbild und hielt sich den Rock vor. Er reichte ihm fast bis zu den Fußknöcheln. Ozzard lächelte schmerzlich.
    Unwillkürlich packte er den Uniformstoff fester, als er sich jenes furchtbaren Tages erinnerte, an dem der Anwalt ihn früher nach Hause geschickt hatte. Deshalb überraschte er seine junge Frau nackt in den Armen eines Mannes, den er seit Jahren kannte und respektierte. Sie hatten versucht, ihn zu täuschen, aber etwas war in ihm gestorben, als er sie so daliegen sah. Später, als er das kleine Haus an der Themse in Wapping Wall verließ, war ihm das Schild des Ladeninhabers gegenüber ins Auge gefallen: Tom Ozzard, Schreiber. Auf der Stelle hatte er sich entschlossen, daß dies seine neue Identität sein solle.
    Nicht einmal hatte er sich umgesehen nach jenem Zimmer, wo er ihre Lügen

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