Die Seevölker
Tor
standen; für die Griechen war es die prachtvollste Stadt in der ganzen
Welt. Sogar heute zieht Theben alljährlich viele Touristen an. Als Sohn
des Gottes Amun muß Alexander einen starken Impuls verspürt haben,
den majestätischen Tempel des Amun in Karnak (im östlichen Theben)
aufzusuchen: Er hat die Strapazen der mehrtägigen Wüstenreise nach
Siwa auf sich genommen und ein bequemes Schiff konnte ihn in kürze-
rer Zeit nach Theben bringen. Er verbrachte gut ein halbes Jahr in Ägyp-
ten und ließ sich nicht durch zeitliche Erwägungen davon abhalten,
stromaufwärts nach Theben zu segeln. Außerdem ist es richtig, davon
auszugehen, daß er, um als König von Ober- und Unterägypten gekrönt
zu werden- diesen Titel hatte er nämlich angenommen –, für eine Zere-
monie sowohl in Memphis als auch in Theben zu erscheinen hatte.
In den Amun-Tempeln von Luxor und Karnak baute Alexander Vo-
tivkammern und einige der Reliefs, auf denen Alexander zu sehen ist,
sind noch erhalten und werden den Touristen gezeigt. Diese Votiv-
kammern legen die Vorstellung sehr nahe, daß Alexander Theben be-
sucht und dort Amun, der obersten Gottheit im ägyptischen Pantheon,
geopfert hat.
Aus der Stele der Verbannten (der Maunier-Stele) läßt sich der glei-
che Schluß ziehen: »… [sie waren] zu seinen Füßen und ihr Herz war
hoch erfreut ob seiner Güte. Er war gekommen nach dem Süden als
kühner Sieger um wiederherzustellen die Ruhe im Lande und um zu
züchtigen die Gegner.« Es ist denkbar, daß »Süden« nur bedeutet, der
König sei von Norden her in Ägypten eingetroffen – er kam von Ma-
kedonien über Anatolien, Syrien und Palästina –, aber die nächste Pas-
sage lautet: »Er zog ein in die Stadt (M, d.i. Theben) mit wohlwollender
Gesinnung und es empfingen ihn die Bewohner jeden Alters mit lau-
tem Zuruf. Und Boten waren vorausgeschickt worden.« Im nächsten
Satz der beschädigten Stele steht ein Hinweis, daß seine Majestät »ihn
[Men-cheperre] auf den Stuhl Seines Vaters als Hohenpriester des Göt-
terkönigs Amun-Re und als Oberbefehlshaber von Süd- und Nord-
Ägypten setzte.«
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Nur eine sehr bemühte Auslegung ließe die Annahme zu, die
»schönen Feste« hätten allein der Ankunft des Hohenpriesters zur Ein-
setzung in seine Ämter gegolten – und nicht »seiner Majestät«, die ihn
in seine erblichen Ämter einsetzte oder ihn darin bestätigte.
Die Votivinschrift Alexanders im Amun-Tempel in Karnak verdient
erneut die Aufmerksamkeit der Archäologen. Tuthmosis III. war unter
dem Königsnamen Mencheperre bekannt. Dies war, wie wir erfahren
haben, auch der Name des Priesterfürsten, der Alexander in der Oase
empfangen hat. Es würde sich daher lohnen, die erhalten gebliebenen
Teile der Inschrift neu zu untersuchen um zu klären, ob die Aussage
richtig ist: »Alexander hat eine Votivkammer für Tuthmosis III. ge-
baut.« Es könnte sein, denn Tuthmosis III. war der bedeutendste mili-
tärische Held Ägyptens, der 600 Jahre vor Alexander gelebt und ge-
kämpft hat;2 aber könnte es nicht zutreffen, daß der Name Mencheper-
re an dieser Stelle sich auf den Hohenpriester bezieht, und wäre nicht
gerade Mencheperre derjenige, der dafür sorgte, daß Alexanders Name
oder Abbild in Karnak im Zusammenhang mit ihm selbst angebracht
wurde? Wie wir sehen werden, schrieb ein Sohn von Mencheperre aus
irgendeinem trivialen Anlaß eine lange Inschrift auf die Mauern von
Karnak; würde sein Vater es unterlassen haben, dort von einem viel
wichtigeren Ereignis zu berichten? Die Stele der Verbannten wurde in
der Tat in Luxor gefunden, dem anderen Tempelbereich von Theben.
Doch gibt es starke Anzeichen dafür, daß die Kapelle, die Alexander
baute, wie in der Regel angenommen wird, zu Ehren des berühmten
Pharaos der Antike errichtet worden ist.
»Das Amun-Orakel in Siwa war eine Zweigstelle desjenigen in The-
ben.«3 Auch dies erklärt, warum Mencheperre an beiden Orten aktiv
war. Entweder vor seiner Pilgerreise zur Oase, oder nach seiner Rück-
kehr von dort, hat Alexander Theben besucht.
2 Zeitalter im Chaos, Band I, Kapitel IV.
3 Fakhri: Siwa Oasis, S. 42.
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Kapitel IV
SIAMUN
Peinuzem II.
Als Alexander nach seinen abenteuerlichen Zügen in Zentralasien und
im Industal zu Babylon im Sterben lag, wurde er nach seinen letzten
Wünschen gefragt; er verlangte nur eines – in der Oase Siwa begraben
zu werden, wo ihn acht Jahre vorher das
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