Die Seevölker
fragte auch, ob er im Leben Glück haben würde und ob
Gott ihm die Herrschaft über die gesamte Welt geben werde, oder in
Plutarchs Worten: »Ob Gott es ihm gewähre, Herr über alle Menschen
zu werden?«
Darauf antwortete der Priester, der Gott würde ihm sicherlich das
geben, was er sich gewünscht habe, und daß »seine wundervollen Er-
folge und seine überragenden Leistungen ein Beweis für seine göttliche
Herkunft seien« (Diodor); wir erinnern uns an die Worte auf der Stele:
»Schenke mir eine schöne Lebensdauer …« und »Wird mir aller Lohn
zu Theil?«
Alexander »machte dem Orakel viele kostbare und stattliche Ge-
schenke«24, und er gab auch den Priestern »eine ansehnliche Summe
Geldes«25, d. h. nach den Worten der Stele »Der weihte ihm viele und
schöne Kunstwerke, dergleichen man früher niemals gesehen hatte.«
Das 25. Jahr, das königliche Datum der Stele, ist ein Datum, das mit
Alexander unmittelbar in Verbindung steht. Er war im Jahre –356 ge-
boren. Bei seinem Aufenthalt in Ägypten vom Spätherbst –332 bis zum
Frühjahr –331 stand er in seinem 25. Lebensjahr. Die königlichen Re-
gierungsjahre Alexanders müssen mit seiner Geburt begonnen haben,
da er vom Orakel zum Sohn eines Gottes und nicht eines Sterblichen
erklärt worden war.
Das 25. Jahr der Stele; die Ankunft des Siegers, der nach dem Süden
des ( Landes kam und das Land befreite, indem er die Feinde vertrieb;
der Beifall in der Bevölkerung des Landes; die Jubelfeiern und die Fe-
ste; die Bestätigung der Priester; die Arbeit der Landvermessung (für
die neue Stadt); der königliche Besuch beim Orakel des Amun mit al-
24 a.a.O.
25 Plutarch: Lebensbeschreibungen, »Alexander«, XXVII, 4. i
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len geschilderten Einzelheiten – einschließlich der Ankunft des Königs
vor dem ummauerten Bezirk –, die Begrüßung durch den Priester mit
Segnung und Schmeicheleien, die Tatsache, daß der Priester ein Erb-
fürst und Oberbefehlshaber von Bogenschützen und Speerwerfern
war, seine Anrede »Die Majestät des Königs« mit dem Namen des
Amun, der Titel »Sohn«, den er dem königlichen Gast gab und die
Versicherung, er sei von Gott körperlich geformt worden, als er sich
noch im »Ei« befand; die seltsame Art und Weise, in der das Orakel
seine Antworten durch Nicken gab; die Frage über die Verbannten und
die Bitte um ein königliches Dekret, die Frage nach den Mördern, und
ob sich noch welche unter den Lebenden befanden und der Bestrafung
entgangen waren; die Geschenke an den Priester und die Weihegaben
an den Gott – dies alles wird von den griechischen und lateinischen
Autoren in der Geschichte von Alexanders Besuch beim Amun-Orakel
in der Oase geschildert wie auch vom Priester des Orakels selbst. Auch
die Reihenfolge der Fragen und Antworten ist auf der Stele der Ver-
bannten die gleiche wie bei Alexanders griechischen und lateinischen
Biographen.
Die Stele datiert aus dem vierten Jahrhundert; genauer, aus dem
Frühjahr des Jahres-331.
Einmal mehr enthüllt sich die sogenannte 21. Dynastie als jene der
Fürsten in den Oasen, wo sie von den Persern zur Führung der militä-
rischen Außenposten an der libyschen Front eingerichtet wurden. Die
Stele eines Priester-Fürsten Mencheperre vom Orakel des Amun in der
Oase Siwa schildert den Besuch Alexanders an diesem Ort; die Berichte
der griechischen Autoren stimmen mit dem des Priesterfürsten sogar
bis in kleine Details überein.
Es ist häufig behauptet worden, es gebe keinen ägyptischen Bericht
vom Besuch Alexanders beim Orakel des Zeus-Ammon in der Oase.26
Das ist jedoch nicht der Fall: Die Stele der Verbannten ist ein derartiger
Bericht.
Es wird ebenfalls behauptet, wir würden niemals erfahren, welche
Antwort Alexander vom Orakel in der Oase erhalten habe, abgesehen
von dem, was von seiner Begleitung berichtet worden ist, die sich je-
26 J. Grafton Milne:»Alexander at the Oasis of Ammon«, in: Miscellanea Gregoriana, (Vatikan i 1941), S. 148.
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doch beim Orakelspruch nicht im Tempelinneren befunden hatte. Sie
berichteten, er habe versprochen, nach seiner Rückkehr nach Makedo-
nien dieses Geheimnis seiner Mutter anzuvertrauen. Nach Plutarch
sagt Alexander »in einem Brief an seine Mutter, er habe einige geheime
Weissagungen bekommen, die er bei seiner Rückkehr ihr allein ent-
decken wolle« – aber er kehrte niemals mehr nach Hause zurück.
»Welche Fragen er [Alexander] an das Orakel gestellt und
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