Die Seevölker
Neuen Reiches als
fast so festgelegt angesehen wie die Ordnung am Sternenhimmel.
Deswegen beginnt die festgelegte und etablierte Chronologie der Welt
mit –1580, dem Jahr der Vertreibung der Hyksos und des Beginns der
18. Dynastie. Dies »ist das früheste Datum«, so heißt es, »von dem wir
mit einem Spielraum weniger Jahre absolut überzeugt sein können«.3
Historiographie teilt die Vergangenheit der Welt in zwei große Tei-
le: die Periode vor dem Neuen Reich in Ägypten, in der chronologische
Hypothesen nicht verboten sind, und die Perioden vom Neuen Reich
bis zur Gegenwart, in welcher die Historiker keine großen Änderun-
2 Ebenda, S. 169. Maspero, von Bissing und eine Anzahl weiterer Gelehrter wollten
keine der Ansichten akzeptieren und wiesen die Sothisberechnungen zurück. »Les
périodes sothiaques, au lieu de simplifier les calculs chronologiques, n'ont d'autre résultat pour nous que d'y introduire une nouvelle inconnue et peut-être une nouvelle chance d'érreur.«
(»Die Sothisperioden haben, statt die chronologischen Berechnungen zu vereinfachen,
für uns nur die Einführung einer neuen Unbekannten und vielleicht einer neuen Feh-
lerquelle zur Folge.«) G. Jéquier, Histoire de la civilisation égyptienne des origines à la con-quête d'Alexandre (Paris, 1913), S. 26-27.
3 Hall in »Egyptian Chronology«, S. 170; s.a. Albright, From Stone Age to Christianity, S.
166; Breasted, Geschichte Ägyptens, S. 25. Auch T. Säve-Söderbergh, »C-14 Dating and Egyptian Chronology« in Radiocarbon Variations and Absolute Chronology, Hrsg. I. U. Ols-son (Stockholm 1970), S. 38: »Der Anfang der 18. Dynastie ist auf eine von zwei Alternativen datiert, getrennt durch nicht mehr als 20 Jahre«, die übrigen Regierungszeiten zwischen dem 16. und 11. Jahrhundert haben »einen Spielraum von nur wenigen Jahren.«
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gen vorzuschlagen haben, nicht größer als einige Jahre für das eine
oder andere Ereignis. Die gesamte Geschichte der verschiedenen Völ-
ker ist von –1580 an fest verkettet aufeinander abgestimmt.
Die Kombination der Behauptungen von Censorinus und Theon
Das etablierte chronologische System hängt ausschließlich von der
Genauigkeit der Behauptungen Censorinus' und Theons ab sowie von
der Richtigkeit der Interpretationen dieser Behauptungen. Censorinus
erzählt, wann eine Sothisperiode endete; mit einer einfachen Subtrak-
tion von 1460 julianischen Jahren können wir ihren Anfang ermitteln.
Theon, oder sein Glossist, gab den Namen eines vermutlichen Königs,
der zu Beginn dieser Periode lebte. Indem sie von Theon den Namen
des Königs erfuhren, der diese Ära einleitete, und ihn in die Zeit setz-
ten, die von Censorinus als Beginn der Sothisperiode angezeigt wurde,
hatten die Historiker einen festen Punkt, an dem sie die ägyptische
Chronologie und die Geschichte der antiken Welt errichten konnten.
Censorinus und Theon, wie manche andere Autoren des 3. und 4.
Jahrhunderts nach der Zeitwende, waren Epigonen eines großen Zeit-
alters der Wissenschaften und Literatur, Kompilatoren und Kommen-
tatoren mit wenig Zugang zu den ursprünglichen Quellen alter Weis-
heit.
Censorinus' Liber de Die Natali wird gewöhnlich als das Werk eines
Autors angesehen, der erworbenes Wissen nicht mit eigenen Phantasi-
en vermischte. Die Quellen seiner Information waren indessen oft die
Schriften seiner Vorgänger, denen die Wichtigkeit der Trennung von
Tatsachen und Vermutungen nicht immer bewußt war.
Theon von Alexandrien war ein produktiver Kompilator von Scho-
lien und Kommentaren, doch nach Meinung einiger moderner Gelehr-
ter enthüllt sein Werk weder einen tiefen Denker noch einen exakten
Autor. Hier und dort haben Kopisten Zusätze angebracht; die »barba-
rische« Sprache der Anmerkungen über den ägyptischen Kalender,
ihm zugeschrieben, provozierte die Vermutung, daß sie ein solcher
Zusatz sei.1
1 Martin, Memoires, Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, Série 1, Bd. 8, Tl. 1, S. 232ff.
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Es ist ein sehr gewagtes Unterfangen, die Geschichte der Alten Welt
auf einer Chronologie aufzubauen, die aus einer Kombination von Be-
hauptungen zweier Autoren des 3. und 4. Jahrhunderts konstruiert ist,
sogar wenn diese Behauptungen miteinander harmonieren. Wir wis-
sen, wie viele irrige Versicherungen, sogar reine Erfindungen und gro-
be Absurditäten, von lateinischen Autoren überliefert wurden, die
über Ägypten schrieben. Hier folgen
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