Die Seevölker
ausgetrocknet) wurde nach ihm benannt und
ebenso der Stern. Ist es nicht wahrscheinlicher, daß die Griechen die
Stadt nach dem Stern benannten? Könnte es sein, daß die Griechen den
Ort Kanopus benannten wegen des dort erklärten Dekrets, das den
Stern Kanopus behandelte? Wie auch immer, Herodot nannte einen
der Arme im Delta früher schon Kanopisch.
Ich erwähnte diesen Gedanken, was auch immer er wert ist. Ich
werde indessen eine neue Interpretation des Kanopusdekrets vertre-
3 Breasted, Geschichte Ägyptens, S. 25.
4 D. Macnaughton, A Scheme of Egyptian Chronology (London, 1932).
5 In Wirklichkeit ist Kanopus viel größer und heller als Sirius; aber Kanopus ist über
300 Lichtjahre, Sirius nur 8,8 Lichtjahre von uns entfernt.
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ten: Wie wir bald herausfinden werden, spricht das Dekret nicht allein
vom Stern Spdt, vermutlich Sirius, sondern ebenfalls vom Stern Isis –
und sehr zu Unrecht unterstellte die gelehrte Welt, daß beide Namen
denselben Stern bezeichneten.
Das Kanopusdekret wurde von einer kriecherischen Gruppe von Prie-
stern zusammengestellt; es forderte ein neues Fest zum Ruhm des Kö-
nigs Ptolemaios III. Euergetes und seiner Königin Berenice, »den mild-
tätigen Göttern«. Die fünf epagomenischen Tage am Ende des Jahres
waren bereits Feiertage zur Verehrung der ptolemäischen Pharaonen;
das Konklave verfügte, daß jedem vierten Jahr ein sechster epagomeni-
scher Tag hinzugefügt werden sollte – in alle Ewigkeit zu Ehren von
Ptolemaios Euergetes und seiner Königin. Die griechischen, demoti-
schen und hieroglyphischen Texte des Dekrets unterscheiden sich er-
heblich voneinander. Es wurde angeführt, daß der griechische Text das
Original sei, und wieder, das Original sei die demotische Schrift. Die
Widersprüche in den einzelnen Versionen lassen auch erkennen, daß
die Schreiber, die den Text aus dem Original, was immer es war, über-
setzten, sich nicht allzu klar über den Inhalt waren, wenn dieser astro-
nomische Dinge behandelte, und sie gestatteten sich gewiß viele Frei-
heiten.
Ein anderer Punkt, der hervorgehoben werden muß, ist folgende
Tatsache: Obwohl der Text von einer Verbesserung des Kalenders
durch Einführung eines zusätzlichen Tages alle vier Jahre spricht, ist
nirgends in den drei Versionen ein Hinweis auf 1460 (oder 1461) Jahre
oder auf eine Sothisperiode zu finden. In Wirklichkeit erwähnt das
Dekret eine Zeit, als das Jahr aus nur 360 Tagen bestand, und eine Re-
form, als fünf Tage dem Jahr hinzugefügt wurden. Wie ich bereits aus-
führte, zerstört diese Tatsache an sich bereits jede Basis zur Berech-
nung des Anfangs einer Sothisperiode im zweiten Jahrtausend oder in
früheren Jahrtausenden vor unserer Zeitrechnung, eine Kalkulation
aufgrund von Censorinus, aber nicht des Kanopusdekrets, das dem
lateinischen Autor um fast fünf Jahrhunderte vorausging. Aber sogar
Censorinus, im Anschluß an die Diskussion der Sothisperiode, schrieb
über eine Kalenderkalkulation auf der Basis von 2484 Jahren, die einen
Kataklysmus vom nächsten trennten.
295
296
III Venus
Venus
Wenn im zweiten und dritten Jahrtausend die Länge des Jahres genau
bekannt war, wäre die absichtliche Vernachlässigung eines Viertels
eines Tages pro Jahr und der Verlust von 25 Tagen pro Jahrhundert
eine ausdrückliche Mißachtung der Exaktheit gewesen, die von den
ägyptischen Priestern erreicht worden war. Warum sollten die Ägypter
einen derartigen Fehler durch Jahrhunderte und Jahrtausende verfolgt
haben, wenn sie ihn erkannt hatten?
Der Gelehrte, der diese Frage stellte (M. Knapp)1, nahm an, daß die
Sothisperiode eher zu Venus als zu Sirius gehörte. Sirius ist der hellste
Stern, Venus ein noch prächtigerer Planet.
Venus, wie Sirius, ist während eines Teils des Jahres unsichtbar.
Doch die periodische Unsichtbarkeit des Venus ist nicht die Folge der
jahreszeitlichen Neigung der nördlichen Halbkugel. Sie erfolgt, weil
Venus, die die Sonne in einem zur Bahnebene der Erde nur geringfü-
gig geneigten Winkel umläuft, für etwa zwei Monate und sechs Tage
hinter der Sonne verschwindet.
Östlich der Sonne ist Venus der Abendstern; westlich der Sonne ist
sie der Morgenstern. Venus umläuft die Sonne in 224,7 Tagen. Wenn
man aber Venus von der Erde aus beobachtet, die auf einer längeren
Umlaufbahn mit kleinerer Geschwindigkeit in der gleichen Richtung
die Sonne umläuft, dann schneidet sie alle 584 Tage die Linie von
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