Die Seevölker
Tagen durch einen
Tag getrennt würden und nach weiteren 20 Jahren um noch einen Tag?
Es könnte gut sein, daß die synodische Periode von Venus in früheren
Zeiten um weniger als 0,1 Tage vom heutigen Wert abwich, wenn Ve-
nus immer noch die Elliptizität ihrer Umlaufbahn abflachte. Tatsache
ist, daß dieselbe Gleichung der synodischen Periode der Venus, acht-
mal 365 Tage oder 2920 Tage, nicht auf die ägyptische Zeitrechnung
beschränkt war.
Die synodische Periode der Venus und die Feste
Jahrhundertelang wurde der Tag des heliakischen Aufgangs der Venus
oder Ischtar von den Babyloniern,1den Maya,2 und den Inkas3 in durch
1 Siehe S. Langdon und J. K. Fotheringham, The Venus Tablets of Ammizaduga (London, 1928), für bibliographische Angaben zu diesen Tafeln.
2 »Sie machten Aufzeichnungen über die Tage, da der Morgenstern [heliakisch] auf-
ging und unterging mit derartiger Genauigkeit, daß sie nie einen Fehler machten«,
schrieb Ramón y Zamora, der im 16. Jahrhundert die Religionen und Traditionen der
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Ozeane getrennten Erdteilen beobachtet; Aufzeichnungen wurden ge-
macht und geführt, von denen einige erhalten sind. Es ist allgemein
bekannt, daß die Maya ebenfalls einen Venuskalender befolgten, und
es ist seltsam, daß die Ägyptologen der Tatsache keine Aufmerksam-
keit schenkten, daß »die Maya die Venusjahre in Gruppen zu fünf be-
rechneten, so daß 2920 Tage gleich 8 Jahre zu 365 Tagen wurden«.4
Ebensowenig zogen die Erforscher des Mayakalenders irgendwelche
Schlüsse aus dem ägyptischen Kalender.
Mehr als tausend Jahre vor der Entdeckung Amerikas kannten die
Maya ebenfalls die exakte Länge des Sonnen- oder tropischen Jahres.5
Und trotzdem verwarfen sie den Venuskalender nicht, sondern beo-
bachteten ihn auch nach der Entdeckung Amerikas weiter. Diese Tat-
sache verläuft parallel zu jener, die wir im doppelten Kalendersystem
der Ägypter zur Zeit der ptolemäischen Dynastie vorfanden.
Der Venuskalender zeigt eine enge Übereinstimmung mit dem Jahr
von 365 Tagen in Abständen von 8 Jahren. Die Acht Jahresperiode
kann leicht in zwei Hälften geteilt werden, wobei jede Hälfte aus zwei
und einer halben synodischen Periode der Venus besteht. Dementspre-
chend war das Venusjahr in Ägypten gleich vier Jahren zu 365 Tagen.
So kam es auch, daß Horapollo von einem ägyptischen Jahr sprach,
das vier Jahre lang war.6 Diese Angabe erschien den Kommentatoren
von jeher recht seltsam, die darin keine natürliche Periodizität erken-
nen konnten. Aber hier ist die Erklärung.
Alte und moderne Autoren, die sich über Horapollos Angaben
wunderten, vergaßen allzu leicht, daß in Griechenland das Große Jahr
oder das Jahr der Olympiade ebenfalls gleich vier Jahren war. Das Fest
Mayas studierte. Siehe E. Seier, Gesammelte Abhandlungen zur amerikanischen Sprach- und Altertumskunde (Berlin, 1902), I, 624.
3 E. Nordenskiöld, The Secret of the Peruvian Quipus (Göteborg, 1925), Teil II, S. 35.
4 J. E. Thompson, A Correlation of the May an and European Calendars, Veröffentlichungen des Field Museum of Natural History, Anthropological Series, Bd. XVII (Chicago,
1927); C. Ricci, Las Pictografias de las Grutas Cordobesasysu interpretación astronómico-religiosa (Buenos Aires, 1930), S. 22.
5 Siehe die Anmerkungen von W. Gates zu seiner Übersetzung von Yucatan before and
after the Conquest von Diego de Landa (Baltimore, 1937), S. 59, und Gates, The Dresden Codex, Maya Society Publications, No. 2 (1932).
6 »Ein Jahr bei den Ägyptern besteht aus vier Jahren.« Horapollo, II, lxxxix. Siehe J. G.
Wilkinson bei G. Rawlinson, The History of Herodotus (London, 1858-60), II, 285.
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von Olympia wurde seit dem achten Jahrhundert vor der Zeitwende
beobachtet; zuerst kehrte es alle acht Jahre und später alle vier Jahre
wieder.7 In Delphi erhielten sich drei alte Feste – die Stepteria, die He-
rois und die Charila – im Achtjahresturnus bis in spätere Zeiten. Die
Daphnephoria, ein Fest von Theben in Griechenland, wurde ebenfalls
alle acht Jahre gefeiert. Die Pythia, ein Fest, das sich alle acht Jahre
wiederholte, wurde im 6. Jahrhundert zu einem Vierjahresfest. Die
Panathenischen Prozessionen beim Parthenon in Athen wurden alle
vier Jahre abgehalten.
Die Historiker, die sich mit diesem Problem von acht- und vierjäh-
rigen Festen beschäftigen, können dafür keine Erklärung finden und
fragen: Warum sollte ein Fest einmal in acht Jahren oder vier
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