Die Seevölker
nämlich
diejenige der Hyksosherrschaft – vor der 18. und 19. Dynastie? fragte
A. H. Gardiner und lieferte einen verzweifelten Erklärungsversuch:
»In diesem seltsamen Abschnitt werden die ruhmreichen Leistun-
gen der 18. und 19. Dynastie völlig übergangen, wir finden uns in die
Zustände vor dem Hyksos-Einbruch zurückversetzt. Als einzige histo-
5 J. Wilson in J.B. Pritchard Hrsg.: Ancient Near Rastern Texts (Princeton 1950), S. 260, Anm. 6.
6 W. C. Hayes: The Scepter of Egypt (1953-59), I, S. 363.
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rische Tatsache wird das Auftreten eines syrischen Usurpators er-
wähnt, der die Gewalt über das ganze Land erlangte. Wer dieser Aus-
länder gewesen sei, war der Gegenstand heftigen Streites.«7
Es ist verblüffend, daß Ramses III. eine Unterjochung Ägyptens »von
außen her« (bzw. »durch eine fremde Macht«) bekundet, und zwar in
dem Zeitraum, der der Regierungszeit seines Vaters vorausgeht, aber
über eine derart wesentliche Tatsache in der Geschichte Ägyptens nichts
bekannt ist; es ist erstaunlich, daß Ägypten einem ausländischen Herr-
scher Untertan gewesen sein soll, und daß sich nach der akzeptierten
Chronologie keine Quelle und kein bekannter Vorgang mit einem Zu-
stand der Abhängigkeit Ägyptens von einem fremden Herrscher –
noch dazu einem Syrer – in Einklang bringen läßt. Wie sollen wir also
diese rätselhafte und höchst wichtige Information verstehen, die Ram-
ses III. in seinem Testament der Nachwelt hinterlassen hat?
Arsames
Die persischen Motive auf den Kacheln Ramses' III. lenken unsere Nach-
forschungen auf die persische Periode der ägyptischen Geschichte.
Die Zeit der Perser im Nahen Osten begann mit dem Sieg von Kyros
über Kroisos von Lydien (-546), der Eroberung Babylons (–539) und
der Übernahme des babylonischen Reiches. Im Jahre –525 unterwarf
Kyros' Sohn Kambyses (–530 bis –521) Ägypten. Der Nachfolger von
Kambyses, Dareios (–521 bis –486), machte Thrakien und Makedonien
zu persischen Provinzen und drang zweimal in Griechenland ein. Beim
zweiten Feldzug wurde sein Heer bei Marathon besiegt (–490). Er or-
ganisierte den Handel zur See und schuf den Kanal vom Nil bis zum
Golf von Suez am Roten Meer.
Sein Sohn Xerxes (–486 bis –465) fiel ein weiteres Mal in Griechen-
land ein; zwar siegte er in der Schlacht bei den Thermopylen, aber in der
7 A. H. Gardiner: Egypt of the Pharaohs, S. 281–2. J. Černý machte einen anderen Vorschlag: Arsa könnte identisch sein mit einem Mann namens Bey, einem »Königsma-
cher« unter Sethos II. In dem Band, der sich mit der Eroberung Ägyptens durch die
Assyrer befaßt, wird jedoch nachgewiesen werden, daß Sethos II. und Bey ganz an den
Beginn jener Periode gehören, die als 19. Dynastie bekannt ist – d.h., nach dieser Re-
konstruktion ins erste Viertel des siebten Jahrhunderts.
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Seeschlacht bei Salamis (–480) schlugen die Griechen die Perser. Nach
einer erneuten Niederlage in der Landschlacht bei Platäa (–479) ließ
Xerxes von weiteren Angriffen auf Griechenland ab. Er herrschte »von
Indien bis ans Mohrenland über hundertundsiebenundzwanzig Län-
der« – nach dem Buch »Esther«, die vermutlich eine seiner Königinnen
war. Er besuchte Ägypten nie. Nach seiner Ermordung folgte ihm sein
Sohn Artaxerxes auf dem Thron (–465 bis –425). Einige Jahre später
kam es in Ägypten zu einer von einem Lokalregenten namens Inaros
angezettelten Revolte. Die athenische Flotte segelte mit 200 Trieren den
Nil flußaufwärts, um Ägypten in seinem Kampf gegen den Perserkö-
nig zu unterstützen. Zunächst wurde die persische Garnison geschla-
gen und suchte in der Zitadelle von Memphis Zuflucht; aber einige
Jahre später befreite eine neu herbeigeführte persische Armee die ein-
geschlossene Garnison und besiegte die Flotte der Athener – sie geriet
aufs Trockene, nachdem die Perser das Wasser eines Zuflußkanals ab-
gelassen hatten. Die Athener verbrannten ihre Flotte und zogen sich
nach Kyrene zurück. Ägypten verblieb unter persischer Oberhoheit.
In Athen folgte das künstlerisch hochbedeutende und wirtschaftlich
blühende Zeitalter des Perikles. In Palästina baute Nehemia mit Ge-
nehmigung von Artaxerxes I. die Mauer Jerusalems wieder auf, die seit
der Einnahme und Zerstörung der Stadt durch die Babylonier vor
mehr als einundeinhalb Jahrhunderten immer noch ein Trümmerhau-
fen war.
Bald nach der Unterdrückung der von Inaros angeführten
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