Die Seevölker
entbehrlich betrachten kann.
Da er seine Briefe auf Aramäisch abfaßte, könnte Arsames als Syrer
angesehen werden. Außerdem machte man, wie wir von Herodot er-
fahren, zu jener Zeit keinen großen Unterschied zwischen den Begrif-
fen syrisch und assyrisch (mesopotamisch), und häufig wurde auf bei-
de derselbe Begriff angewendet.7
Der Privatname von Artaxerxes II., unter dem er vor seiner Thron-
bestei-gung nach dem Tod von Dareios II. (–404) bekannt war, lautete
Arsatis, und er wurde in persisch-aramäischen Texten »Arshu« ge-
schrieben (nach Olmstead). Auch er käme für die Rolle des Arsa (oder
Arsu) als Ausbeuter Ägyptens in Frage. Im fünften Jahr seiner Regie-
rungszeit (–399) verlor er tatsächlich Ägypten, als die Rebellion des
Nepherites das Land von der persischen Oberherrschaft befreite und
die Ägypter im Jahr –374 gegen ihn in den Krieg zogen.
In einem aus dem 18. Jahr seiner Regierungszeit (–387) stammenden
astronomischen Text aus Babylon wird er immer noch als »Arshu«
bezeichnet: »Arshu, der unter dem Namen König Artakschatsu [Arta-
xerxes II.] bekannt ist …« (Kugler). Das war nur kurze Zeit vor den
6 Siehe »Zeitalter im Chaos«. I, S. 160, Anm. 2.
7 Herodot: VII, 63. Ebenfalls Strabo. II, 1, 31 und XVII, 1, 1-3.
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hier geschilderten Ereignissen. Die Karriere Artaxerxes' II. stand in
engem Zusammenhang mit Babylon: als Kronprinz wuchs er in Baby-
lon auf, und er hatte später dort- im damaligen Zentrum der aramäi-
schen Kultur – auch seine zweite Residenz. Das könnte eine Erklärung
dafür sein, daß Arsu (Arsa) im großen Papyrus Harris als Syrer (Aramä-
er) bezeichnet wird. Möglicherweise hatte er eine syrische Mutter.
Auf wen von beiden auch immer der Papyrus sich bezog, Arsham
(Arsames) oder Arschu (Arsaces) – beide verdienen zweifellos die Be-
zeichnung als Gewaltherrscher über die Bevölkerung Ägyptens in der
Periode unmittelbar vor jenen Ereignissen, die wir jetzt schildern wol-
len. Jedoch, Arsames, der vor der Thronbesteigung des Artaxerxes
starb, beherrschte tatsächlich Ägypten. Dagegen war Artaxerxes II.
niemals in diesem Land, und daher scheint mir weit mehr dafür zu
sprechen, Arsames (Arsham) mit Arsa zu identifizieren.8
Mit dieser Identifikation hat sich der Kreis fast geschlossen: Es hat
ganz den Anschein, als würden sich alle von uns oben erörterten Pro-
bleme wie von selbst lösen, wenn Ramses III. – und mit ihm die gesam-
te 20. Dynastie – zeitlich in das vierte Jahrhundert verlegt wird. Wie
aber ist es dann um seine Kriege und seine Annalen darüber bestellt?
8 Zu Beginn meiner Forschungen hatte ich, bevor ich zu diesem Dilemma kam, den
Schreiber Esra für einen möglichen Kandidaten zur Identifizierung mit dem im Großen
Papyrus Harris genannten Arsa bzw. Erzu gehalten. Er erhielt vom persischen König
den Auftrag, Tributzahlungen von den Schatzmeistern der Satrapien »jenseits [auf
dieser Seite] des Euphrats« für den Tempel in Jerusalem einzutreiben – Ägypten ge-
hörte auch zu jenen Satrapien, die verpflichtet waren, derartige Tributzahlungen bzw.
Steuern zu entrichten. Seine Jurisdiktion schloß auch das Vorrecht ein, gegen Missetä-
ter die Todesstrafe zu verhängen. Er traf in Jerusalem entweder im siebten Jahr der
Regierungszeit Dareios' II. (–417) ein oder aber im siebten Jahr der Regierungszeit
Artaxerxes' II. (–397). (Siehe auch die Erörterung in einem späteren Kapitel.)
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Kapitel II
Perser und Griechen dringen in Ägypten ein
Pereset: Philister oder Perser?
Im westlichen Theben – fast 500 Kilometer nilaufwärts – hat Ramses
III. sich selbst einen prachtvollen Totentempel errichtet. Auf den Tem-
pelmauern hat er für die Nachwelt die Geschichte seiner militärischen
Siege aufgezeichnet und sie geradezu verschwenderisch mit Reliefs
illustriert.* Der Ort, Medinet Habu genannt, liegt auf dem jenseitigen
Nilufer gegenüber von Luxor, und zwar unterhalb der Felshänge, hin-
ter denen sich das Tal der Könige mit seinen Königsgräbern verbirgt.
Usermaatre-meriamun Ramesse-hekaon (Ramses III.) verteidigte und
rettete Ägypten, als es in Gefahr war, von großen Heeren und Flotten
erobert zu werden.
Gegen Ramses III. trat in Kanaan-Palästina eine riesige militärische
Streitmacht an – eine Armee, die sich unter Führung einer Nation, de-
ren Name Pereset gelesen wird, aus vielen Völkern zusammensetzte,
sowie eine Flotte für die Invasion
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