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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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glaube sowieso, dass Sie zu hart arbeiten.«
    »Was schwebt Ihnen denn vor?«
    »Vielleicht könnten Sie Maratel ein bisschen von der Erde zeigen. Sie hat den Wunsch geäußert, sich mit Menschen vor einem rein gesellschaftlichen Hintergrund zu treffen.«
    »Ich werde der Reiseabteilung der Botschaft sagen, dass sie etwas arrangieren soll.«
    Als sie dann wieder in ihrem Apartment war, hatte sie Schwierigkeiten, einzuschlafen. Sie musste ständig an Ben denken. War es möglich, ein altes Feuer wieder zu entfachen? Sie stellte sich diese Frage noch, als sie endlich in einen unruhigen Schlaf abdriftete.

23
    Die Protuberanzen der Sonne griffen wie die Tentakel eines glühenden Ungeheuers zum winzigen schwarzen Punkt des phelanischen Lichtsegels aus. Es war eine beeindruckende Szene und veranschaulichte, wie klein das planetengroße Lichtsegel doch vor dem Hintergrund eines Sterns war. Es war eins dieser spektakulären Bilder, die sich dem Bewusstsein der Öffentlichkeit für Jahrzehnte einprägten — und dass es sich nur um eine Illusion handelte, schmälerte diesen Effekt keineswegs.
    In Wirklichkeit war die Far Horizons noch etwa drei Millionen Kilometer von Sol entfernt und würde die Peripherie der Sonne erst in drei Stunden erreichen. Und die vermeintlichen Tentakel war ein Geysir geladener Teilchen, der irgendwo hinter der Rundung der Sonne emporstieg und durch das Magnetfeld der Sonne gekrümmt wurde. Das Sternenschiff würde sich dem glühenden Bogen nicht mehr als eine Million Kilometer annähern. Nur der Umstand, dass beide auf einer Sichtlinie lagen, erweckte den Eindruck, dass das Segel sich auf Kollisionskurs befand.
    Die Szene wurde vom größten Sonnenfernrohr der Erde abgebildet - der hoch in den Anden gelegenen Sternwarte Cerro Tololo. Um die Korona sichtbar zu machen, hatten die Astronomen die Sonnenscheibe elektronisch ausgeblendet und in ein dunkles Loch verwandelt, das von einem geisterhaften Ring umgeben war. Der Ring war die Korona der Sonne, die normalerweise sichtbar nur bei einer totalen Sonnenfinsternis zu sehen war.
    Obwohl sie noch drei Millionen Kilometer entfernt waren, spürte die Besatzung des Sternenschiffs bereits die bevorstehende Begegnung mit der Sonne. Das Lichtsegel glich nun einem riesigen Fallschirm, durch die dicke Gas-Suppe aufgebläht, die er durchflog. Und die Gase würden sich noch weiter verdichten. Kurz bevor die Far Horizons den Punkt der dichtesten Annäherung erreichte, würde der Bremswert des Schiffs bei über drei Gravitäten kulminieren. Das heißt, wenn nichts schiefging.
    Falls das Segel oder eine größere Zahl Befestigungsleinen unter der Beanspruchung rissen, würde das außerirdische Raumschiff kaum langsamer werden. Es würde vielmehr auf einer Hyperbelbahn die Sonne umrunden und dann eine Reise ohne Wiederkehr in die unendliche Schwärze antreten.
    Das genaue Gegenteil würde eintreten, wenn die Far Horizons zu dicht an der Sonne vorbeiflog. Wenn sie nicht im Zusammenwirken aus Sonnen- und Reibungshitze verglühte, würde sie erst steil in den Weltraum steigen und dann in die »Große Wasserstoffbombe« am Himmel stürzen.
    Tory, Faslorn und Maratel waren sich der Faktoren voll und ganz bewusst, die zu einem Scheitern fuhren konnten, als sie vor dem Unterhaltungs-Holoschirm im Penthouse saßen. Die drei verfolgten, wie der winzige schwarze Punkt zu einem kleinen Kreis anschwoll. Im nächsten Moment erschien ein gleißender violetter Funken neben dem Lichtsegel.
    »Wir haben ein Signal«, meldete der Kommentator, einer der populärsten Schauspieler der Erde. Tory hatte sich ganz schön ins Zeug legen müssen, um ihn für diese Fernsehübertragung zu gewinnen. »Gleich zeigen wir Ihnen Bilder aus dem Inneren des phelanischen Sternenschiffs!«
    Der Laser, der das interstellare Medium bestrichen hatte, um Ionen zu »ernten«, übertrug nun Daten über den modulierten Strahl. Die Ansicht von Cerro Tololo verschwand vom Bildschirm und wurde durch ein grelles weißes Licht ersetzt. Es dauerte einen Moment, bis Tory die Ankersphäre der Far Horizons mit den Tausenden Befestigungsleinen erkannte, die dort zusammenliefen. Die Sphäre loderte in gleißendem Licht. Das Lichtsegel dahinter war eine feurige Fläche, die den Himmel mit einer verzerrten Reflektion der Sonne verschleierte. Die Szene schien direkt aus Dantes Inferno entsprungen.
    Die Perspektive änderte sich erneut. Als Torys Augen sich an die dunklere Darstellung angepasst hatten, erkannte sie das

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