Die Segel von Tau-Ceti
den Datenleitungen der Austritt herzustellen. Ich muss mich davon überzeugen, dass ich bei den Änderungen keinen Fehler gemacht habe.«
»Und hast du?«
»Hunderte«, erwiderte sie. »Das ist das Problem mit diesem verdammten Programm. Eins greift irgendwie ins andere.«
»Laufen die Änderungen gut?«
»Sie laufen zumindest nicht schlecht. Man muss nur verdammt aufpassen, dass sich keine Fehler einschleichen, vor allem in der Brennstoffzuleitung. Du kannst es dir wie eine Manipulation deines eigenen Gencodes vorstellen.«
Er nickte und studierte die Schemazeichnung, die sie auf dem Bildschirm hatte. Er hatte offensichtlich keine Ahnung, was er da sah.
»Die Strom- und Steuerkreise für die Brennstoffzuleitung von Starhopper «, erklärte sie, »sowie ein Teil der Triebwerks-Steuerkreise.«
»Und wozu ist das gut?«
»Sie konfigurieren die Antimaterie, bevor sie in die Reaktionskammer eingespritzt wird, wo dann die Protonen-Antiprotonen-Vernichtungsreaktion stattfindet.«
»Ich will's dir mal glauben«, sagte er lachend.
Tory löschte den Bildschirm und rief eine andere schematische Grafik auf - eine, die für die Unterrichtung von Politikern und Hochschul-Präsidenten verwendet wurde, die zu Besuch kamen. Sie zeigte generische Abbildungen des Antimaterie-Torus der interstellaren Raumsonde, Reaktionsmassetanks sowie die verschiedenen Triebwerksstromkreise. Sie verbrachte die zehn Minuten damit, ihm die Funktion der Boosterrakete zu erläutern, und dann führte sie ihn in die leere Projekt-Cafeteria.
»Was hast du von meinen Erläuterungen überhaupt verstanden?«, fragte sie, nachdem sie ein halbes Sandwich hinuntergeschlungen hatte.
»Etwa ein Zehntel«, sagte er.
»Bevor ich diesen Job bekommen habe, war ich auch der Ansicht, dass Plasmaphysik schwierig sei. Und nun spreche ich selbst dieses unverständliche Kauderwelsch.«
Ben stellte eine Schnabeltasse mit Kaffee ab und nickte. »Ich weiß, was du meinst. Die Politik war für mich auch ein Buch mit sieben Siegeln, bevor ich ins Wissenschaftsministerium eingetreten bin. Und nun habe ich den vollen Durchblick.«
Sie zuckte die Achseln. »Wenn du es sagst. Politik dreht sich um Menschen, und Menschen sind eben nicht logisch.«
Er lachte. »Weißt du, für wen es mir leidtut?«
»Für wen denn?«
»Für diese armen Teufel, die dieses Lichtsegel fliegen. Wenn es uns schon schwerfällt, uns selbst zu verstehen, kannst du dir bestimmt vorstellen, welche Probleme sie erst haben werden.«
»Oder umgekehrt«, sagte Tory.
»An alle! Letzte Warnung. Verlassen Sie die Landezone. Uberwacher, Statusbericht.«
Katherine Claridge, ihres Zeichens Ärztin, stand im Raumanzug auf einer kleinen Anhöhe an einem Ende von Phobos und hörte, wie der Boden-Controller die letzten Anweisungen für die Landung des Starhopper- Boosters erteilte. Sie war nicht allein. Bei ihr waren Garth Van Zandt, Tory Bronson und der größte Teil des Projektpersonals auf Phobos, die von ihren anderen Pflichten freigestellt werden konnten.
Kit Claridge war eine kleine blonde Frau, die mit Übergewicht zu kämpfen hatte. Trotzdem war sie für ihr Alter — fünfzig Standardjahre — in Topform. Sie war Prodekanin des Fachbereichs Medizin an der University of Olympus und Inhaberin des Steinmetz-Lehrstuhls für Exobiologie. Darüber hinaus war sie, wie gesagt, Dardan Pierces Leibärztin.
Pierce hatte ihr die Neuigkeit vom außerirdischen Lichtsegel vor zwei Wochen offenbart. Das hatte sie regelrecht von den Socken gehauen. Zum einen hätte sie ihm nicht zugetraut, ein Geheimnis dieser Größenordnung länger als eine halbe Minute zu bewahren, zum anderen hatte es ihr die Sprache verschlagen, als er ihr einen Platz auf dem Schiff anbot, das zum »Rendezvous« mit den Aliens aufbrechen sollte.
»Sind Sie sicher, dass Sie mich dabeihaben wollen, Dard?«, fragte sie, nachdem sie die Kontrolle über die Unterkiefermuskeln zurückerlangt hatte.
»Wieso nicht?«
»Sollte denn nicht ein Auswahlprozess stattfinden? Es gibt schließlich noch andere Exobiologen, die weitaus renommierter sind als ich.«
»Sie sind aber keine Ärzte. Ich habe das schon überprüft. Sie füllen zwei Stellen zum Preis von einer aus. Das nenne ich Effizienzmaximierung.«
»Aber Sie werden doch nicht Ihrer Ärztin die größte wissenschaftliche Sensation aller Zeiten anvertrauen, ohne irgendjemanden zu konsultieren, verdammt noch mal. Mein Gott, man wird Sie auf der nächsten Sitzung der System-Gesellschaft für
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