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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sie den Geist eines jeden Kriegers, der niedergemetzelt worden war, den Geist eines jeden Legionärs, eines jeden von der roten Ruhr niedergestreckten Mannes. Nur den Geist ihrer Schwester Silla hatte sie noch nicht gesehen, und deshalb war sie jetzt überrascht.
    Breaca starrte in die flüssige Schwärze des Flusses und bemühte sich angestrengt, sich an das Mädchen zu erinnern, um dessen Hals sie einst den goldenen Torques gelegt hatte, der sie damit als Anführerin der Eceni ausgewiesen hatte.
    Ohne dass sie darum gebeten hatte, erschienen vor Breacas geistigem Auge zunächst einige Bilder von Bán. Direkt nach ihm stiegen aber auch wieder die Erinnerungen an Silla auf; und daran, wie Bán und Silla sich damals als Kinder ein Bett im Rundhaus geteilt hatten, sich wie junge Welpen um ihren Anteil an den Schlaffellen balgten und um die Hunde, die sie beide die Nacht über warm hielten - und wie Bán und Silla dann schließlich doch dicht aneinander gekuschelt eingeschlafen waren. Doch diese Balgereien hatten weniger als ein Jahr gedauert, dann war Hail gekommen, der große, gescheckte Kampfhund mit den an Hagelkörner erinnernden Sprenkeln im Fell, die sich über seinen gesamten Körper verteilten. Von da an hatte es keine Fehden um Felle oder Hunde mehr gegeben. Denn von dem Augenblick seiner Geburt an war Hail Báns Hund gewesen …
    Doch es tat nicht gut, sich an Hail zu erinnern. An sein Leben zu denken bedeutete nämlich, zugleich auch an seinen Tod zu denken, und in dieser Erinnerung lag einfach zu viel Schmerz.
    Zu spät erst schloss Breaca die Augen. Aus den Pforten, die sich nun plötzlich wieder geöffnet hatten, ergoss sich eine ganze Flut von Erinnerungen; Erinnerungen an Silla, die rittlings auf dem angeblich nicht zu reitenden rotgrauen Hengstfohlen ihres Vaters saß, mit Bán hinter ihr, der die Arme um ihre Taille geschlungen hatte und gleichzeitig das wilde, unberechenbare Tier zu einem Galopp drängte, um zu sehen, wie mutig Silla wirklich war. Es stiegen Bilder auf von Bán, wie er Silla beibrachte, eine Schlinge zu werfen, um damit das Hengstfohlen einzufangen, oder wie sie am besten einen Speer schleuderte. Und dann erinnerte Breaca sich noch an Augenblicke, in denen Bán einfach nur er selbst gewesen war, Bán, das zurückhaltende, ernste Kind, das dieses verblüffend strahlende Lächeln besaß und dessen Träume und Visionen es mühelos mit denen der Großmütter aufnehmen konnten - Bán, der eines Tages ein ebenso mächtiger Träumer werden sollte, wie Airmid es war.
    Und schließlich, denn ein Kind bleibt nun einmal nicht auf ewig ein Kind, sondern wächst zu einem Erwachsenen heran, war es unmöglich, nicht auch an jenen verzweifelten, gebrochenen Mann zu denken, der sich nun Valerius nannte und der, als Breaca ihn das letzte Mal gesehen hatte, auf dem Deck eines Schiffes aus Gallien gelegen, seine Eingeweide in die See erbrochen und Breaca darum angefleht hatte, ihn doch bitte auf saubere und anständige Weise ins Jenseits zu befördern.
    Diese Erinnerungen schmerzten, und Breaca hatte sie keineswegs willentlich heraufbeschworen. Früher, als sie noch glaubte, ihr Bruder sei gestorben, war es einfacher gewesen, damals, als sie noch über die Träumer gewacht hatte, während diese die vielen Wege in den Ländern jenseits des Lebens abgesucht hatten, um Báns Seele zu finden und ihn zurückzugeleiten in die Obhut Brigas.
    Doch sie waren erfolglos geblieben - natürlich -, denn Báns Seele war nicht verloren gewesen, sondern hatte mit geradezu verzehrender Hitze in dem Herzen und dem Geist eines Mannes weitergelebt, der zu der Zeit bereits auf der Seite Roms kämpfte. Die Entdeckung, dass Bán doch noch am Leben war und dass ausgerechnet er jener Dekurio der thrakischen Kavallerie gewesen war, die die Dörfer der Eceni nach der römischen Invasion über zehn lange Jahre in Angst und Schrecken versetzt hatte, war nur einigen wenigen anvertraut worden. Efnís wusste davon, doch hätte er diese Tatsache ohne zwingende Notwendigkeit niemandem weitererzählt. Es war also durchaus möglich, dass Silla gestorben war, ohne je die Wahrheit erfahren zu haben, sondern in dem Glauben, dass Bán bereits vor ihr gegangen war. Der Gedanke, wie sie nun das Land der Toten auf der Suche nach ihrem Bruder durchwanderte, war Breaca unerträglich.
    Dennoch musste auch dieser Gedanke ertragen werden, zusammen mit der Nachricht, dass Silla tot war, und gemeinsam mit all dem Schmerz, der mit diesem Wissen

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