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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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schlecht behandelt, und in ihrem Rücken zeigte sich eine tiefe Senke, die darauf zurückzuführen war, dass sie zu viele Fohlen geboren hatte. Wie ein Vorgeschmack des Todes umschwebte eine Aura der Erschöpfung das Tier, einer Erschöpfung, die nicht nur von der Reise herrührte, sondern von ihrem ganzen zermarterten Leben. Ihr Fell war rotbraun, von der Farbe frisch aufgeschnittener Leber, mit weißen Narben an den Flanken. Unscharf war am Ansatz ihres Halses ein Brandzeichen zu erkennen.
    Einst, vor langer Zeit, als die Stute ihr Sommerfell getragen hatte und perfekt gestriegelt worden war, hatte man das Brandzeichen klar erkennen können: Leg VIII Aug, was bedeutete, dass sie eine der Stuten der Kavallerie der Achten Legion Augusta gewesen war, und damals war sie in die Obhut eines Jungen aus dem Stamme der Eceni übergeben worden, der sie schon von einer Begegnung aus einem seiner Träume her gekannt hatte.
    Das alles war schon sehr lange her. Man hätte meinen sollen, dass ein Sommer voller gemeinsamer Freuden, an dessen Ende eine Schlacht gestanden hatte, bei der Stute eine ebenso starke Erinnerung hinterlassen hätte wie bei dem Jungen, der sie damals geritten hatte, doch ihre Augen schauten hoffnungslos und begegneten dem Blick des Schmieds ohne jedes Zeichen des Wiedererkennens. Mit rauer Stimme sagte er: »Sie ist zu alt, um noch ein Fohlen zu tragen.«
    »Das sehe ich allerdings anders. Es wird zwar ihr letztes Fohlen sein, doch sie wird die Geburt überleben. Aber vielleicht wäre es dir ja auch lieber, sie brächte ihr Fohlen unter der Aufsicht eines anderen Mannes zur Welt? Wenn du möchtest, kann ich sie natürlich wieder mit zurück nach Mona nehmen.«
    Mac Calma kannte jeden einzelnen der Wege, der zum Herzen eines Menschen führte, und er scheute nicht davor zurück, genau diese Wege auch zu beschreiten. Der Schmied wagte nicht zu sprechen, doch er nickte, als Bellos ihn anschaute und gleich darauf davonrannte, um der Stute ein wenig Salz anzubieten, das er in seiner Hand verborgen gehalten hatte. Im Übrigen war das nicht die erste Prise Salz, die er der Stute reichte; Bellos war früher einmal ein Sklave gewesen, und er erkannte die Wunden der Sklaverei in einem anderen Wesen nur zu genau und wusste auch, wie er diese Qualen lindern konnte.
    Nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte, erklärte der Schmied: »Man hat ihr das Herz gebrochen. Aber was noch von diesem Herzen übrig ist, das hat sie gerade dem Jungen geschenkt.«
    Mac Calma hatte dem nichts entgegenzusetzen. »Ihr Fohlen aber wird sein Herz jenem schenken, der es für seinen Einsatz in der Schlacht abrichtet. Airmid meint, es wird ein Hengstfohlen, schwarz und weiß gescheckt und mit einer Blesse in Form eines Schildes und eines Speers auf der Stirn. Und ich sehe keinerlei Anlass, ihr nicht zu glauben.«
    Der Schmied hielt den Blick für eine Weile starr auf den Horizont gerichtet, bevor er sich wieder zu sprechen traute: »Das war jetzt eindeutig ein Fehler, laut die Träume meiner Kindheit auszusprechen. Damals war ich eben noch jung und viel zu vertrauensvoll. Aber dieser Traum lebt schon lange nicht mehr und kann auch nicht mehr zum Leben erweckt werden. Er starb, als Amminios aus mir einen Sklaven machte und mein Schlachtross in seine Zuchtherde überführte. Und wenn selbst Breaca jetzt tot ist, kann der Traum erst recht nicht wieder auferstehen; sie war der wichtigste Bestandteil in diesem Traum.«
    »Habe ich denn gesagt, dass Breaca tot wäre?«
    Sie standen nur eine Schwertlänge voneinander entfernt. Valerius, einstmals Offizier der Kavallerie, hielt noch immer die erst halb fertig gestellte Klinge in der Hand und spürte die ersten verborgenen Schwingungen der mächtigen Waffe, die sie einmal sein würde. Ohne sichtbare Anstrengung hob er die Spitze des Schwertes in Höhe der Kehle des anderen Mannes. Ganz leise sprach er: »Spiel keine Spielchen mit mir, Träumer.«
    Mac Calma stand seitlich zur Sonne hin gewandt. Sein Schatten - es war schier unglaublich - nahm die Form des Reihers an, der sein Traumbild war. Er schüttelte den Kopf. »Ich würde niemals mit dir spielen. Und ich hatte auch nicht beabsichtigt, irgendwelche Missverständnisse aufkommen zu lassen. Es ist Silla, die gestorben ist, deine jüngere Schwester, die Einzige aus der königlichen Linie, die noch im Land der Eceni zurückgeblieben war. Sie starb bei der Geburt des Kindes, das sie von Prasutagos erwartete, den du nur als Tagos kennst und der sich

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