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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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eigentlich von unschätzbarem Wert ist, einen Preis festzusetzen. Erinnerst du dich noch an den Traum aus deinen drei langen Nächten in der Einsamkeit, als du das Zeichen geschenkt bekamst, das du so freimütig benutzt und doch noch überhaupt nicht verstanden hast?
    Fragen, versteckt hinter Fragen, eingebettet in einem Albtraum. Breaca betete darum, endlich aufzuwachen und vergessen zu dürfen. Doch beides wollte ihr nicht gelingen.
    In Schweiß gebadet erwiderte sie: »Ich habe den Traum meiner langen Nächte in der Einsamkeit nie vergessen. Ich hatte damals geschworen, das Andenken an die Ahnen zu ehren und das Weiterbestehen meines Volkes zu sichern, die Kinder und die Alten zu beschützen, damit ihr Erbe und das meine unvermindert weiter existieren können. Ich habe die Schlacht am ins Meer mündenden Fluss verlassen, um die Kinder zu retten. Und ich habe seitdem weiterhin ohne Unterlass gekämpft, damit sie die Gesänge und die Träume der Ahnen in sich weitertragen können, in dem Wissen, wer sie waren, und damit zu jenen heranwachsen, die sie sein können. Und ich kämpfe auch jetzt, riskiere jede Nacht, getötet zu werden, und das alles, damit meine Kinder und die Kinder der anderen vielleicht eines Tages in einer Welt ohne Römer leben können. Du kannst mir also nicht vorwerfen, die Kinder im Stich gelassen zu haben.«
    Die Ahnin aber lachte nur. Dann sag es ihnen doch am besten selbst. Die Gruppe der Kinder in der Vision teilte sich. Aus ihrer Mitte trat ein kleines, feingliedriges Mädchen mit Haar von der Farbe von Ochsenblut und einem Gesicht, das der Schmerz bereits hatte alt werden lassen. Flehend reckte sie einen Arm aus dem Pferch.
    »Graine?« Breaca streckte die Hand aus, um sie zu berühren, und schlug sich dabei doch bloß die Knöchel an den Felsen auf. Das Bild zerfiel, wurde zu Asche. Als Breaca wieder zu sich kam, stand sie mit dem Rücken zum Feuer, und gefährlich dicht rauschten zu ihren Füßen die Wirbel des Flusses vorbei. Ihr verletzter Arm pulsierte im Takt ihres viel zu schnell hämmernden Herzens.
    Verzweifelt sagte sie: »Das kann unmöglich eine echte Vision gewesen sein. Das werde ich einfach nicht glauben. In Britannien ist es Sklavenhändlern doch gar nicht erlaubt, Geschäfte zu machen. Kaiser Claudius hatte das doch verboten.«
    Claudius ist tot, und sie haben ihn zum Gott ernannt. Während wir uns hier unterhalten, bauen versklavte Trinovanter in Camulodunum gerade seinen Tempel. In Rom regiert jetzt Nero, und Nero wird wiederum von jenen beherrscht, über die das Gold regiert. Wenn du mir nicht glaubst, dann brauchst du nichts anderes zu tun, als einfach im Westen zu bleiben und zu warten. Wenn du also nichts unternimmst, wird genau das, was du gerade eben gesehen hast, eintreten. Das schwöre ich bei dem Zeichen, das uns beiden gemeinsam ist.
    » Und wenn ich gen Osten reise?«
    Dann besteht die Chance, dass das Blatt sich vielleicht doch noch wendet. Du allein wirst das aber nicht schaffen; du musst erst einmal genügend Krieger finden, um die Legionen bekämpfen zu können, und du musst ihnen Zuversicht einflößen und ihren erloschenen Kampfeswillen neu entfachen. Du musst das nötige Eisen auftreiben, um sie mit Waffen ausrüsten zu können. Und du musst noch andere finden, die genügend Mut und Weitblick besitzen, um das Heer, für den Fall, dass du fällst, an deiner statt anführen zu können. Vorausgesetzt, du schaffst es, diese drei Grundbedingungen zu erfüllen, dann kannst du vielleicht doch noch den Sieg davontragen. Kannst du es sehen? Ich könnte es dir zeigen, mein Geschenk, das Bild von einer besseren Zukunft.
    » Ich will kein Geschenk von dir. Deine Bilder sind nicht allzu zuverlässig.«
    Ah, immer noch der alte Hochmut! Nun ja, und dennoch sollst du es bekommen, mein Geschenk.
    Das Bild, das die Ahnin ihr zeigte, war flüchtig, bloß ein Blitz in der Dunkelheit, der den gewohnten Anblick eines Schlachtfeldes zeigte; und doch war es unmöglich, nicht hinzusehen. Breacas daraus aufsteigende Vision war von längerer Dauer, sie sah Krieger, die ihr wohl vertraut waren. Im linken Flügel formierte Ardacos die Kriegerinnen und Krieger der Bärin zum Angriff, so wie er es immer tat; sie kämpften zu Fuß, ihre Gesichter und Körper mit Färberwaid und weißem Kalk bemalt, und rückten gegen eine zerrüttete und nicht mehr geschlossene Reihe von Legionssoldaten vor.
    In der Mitte stürmten mit Macht die Eceni vor, um den Feind zu zerschmettern. Breaca konnte

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