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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Kaiserreich nur machen könne; während sich sämtliche anwesenden Erwachsenen im Geiste doch bereits ein Bild von Kaiser Neros Schlafgemach schufen und davon, wie ein Kind dort wohl behandelt würde. Kalt und drückend schien sich die Luft um sie zu schließen.
    »Hat er das? Dann scheint es ja ganz so, als plane unser Gast bereits für die Zukunft.« Breaca war keine Träumerin, doch auch sie verstand es, den Tod darum zu bitten, in ihrem Schatten zu wandeln. Und jenes Versprechen des Todes über ihre eigene Stimme auszusenden.
    Das Gesicht des Sklavenhändlers nahm eine tiefrote Farbe an, die dann jedoch wieder verblasste und sich in ein hässliches, an eine kranke Leber erinnerndes Gelb verwandelte. Er nestelte an dem Verschluss seiner Brosche herum.
    »Meine Verehrteste, das habe ich doch nur gesagt, um Eurer Tochter meine Ehrerbietung zu bezeigen. Ich entschuldige mich für jegliches Missverständnis. Vielleicht würdet Ihr mir die Gunst erweisen, dieses Geschenk anzunehmen, als Zeichen meiner guten Absichten sowohl gegenüber Euch als auch gegenüber Eurer Familie?«
    Er war kein Mann, der es gewohnt war, um etwas bitten zu müssen, das verriet seine raue, gepresst klingende Stimme, und unterstrich damit nur noch den offensichtlichen Schmerz, den ihm der Verlust seiner Brosche bereitete, als Breaca die Hand ausstreckte und den Lachs entgegennahm.
    »Danke.« Es war tatsächlich eine kaledonische Brosche, sorgfältig gearbeitet und mit einer ihr ganz eigenen Kraft. Breaca warf sie hoch in die Luft - silbern schien der Fisch in die wassergleiche Luft zu springen - und fing sie dann mit einer Hand wieder auf. Das Glitzern und Blitzen und Breacas hastige Bewegung, als sie nach der Brosche langte, machte schließlich auch die übrigen, bis jetzt noch nicht verunsicherten Pferde nervös. Voller Ironie und ganz nach römischer Tradition entbot Breaca dem Sklavenhändler ihren Gruß. »Ich bin überwältigt. Ein Stück, das eine solche Wertschätzung genießt, sagt auch viel über seinen Eigentümer aus. Die Götter werden dieses Geschenk im Mittwinter mit Wohlgefallen entgegennehmen.«
    Der Sklavenhändler kannte die Bräuche der Eceni gut genug, um zu begreifen, worauf sie hinauswollte; in Gedanken sah er sie seinen mit Edelsteinen besetzten Fisch bereits in die Wasser des Teiches der Götter werfen, wo kein Lebender ihn jemals wiederfinden würde. Von allen Möglichkeiten hatte er ausgerechnet diese noch überhaupt nicht in Betracht gezogen. Breaca beobachtete, wie er die Augen erst weit aufriss und sie dann wieder zu schmalen Schlitzen verengte. Hätten sie sich in einer Schlacht befunden, hätte er in genau diesem Augenblick mit seinem Schwert nach ihr ausgeholt, hätte versucht, sie zu töten.
    Doch sie befanden sich nicht in einer Schlacht, und Philus, der ehemalige Träger der Fischbrosche, behielt den Blick auf das Endziel gerichtet. Er zwang sich zu einem Lächeln und legte eine zur Faust geschlossene Hand über sein Herz, dorthin, wo einst die Brosche gesessen hatte. »Ich fühle mich geehrt, wie auch jene, die den Fisch angefertigt haben, sich geehrt fühlen werden, sobald ich ihnen davon berichte, dass ich sie Euch geschenkt habe.«
    Dann endlich ließ er seinem Pferd die Zügel, und sofort wirbelte es auf der Hinterhand herum und stürmte davon, fort von Breaca. Über die Schulter hinweg rief Philus ihr noch seine Abschiedsworte zu, die jedoch gedämpft wurden von dem donnernden Hufgetrappel der Tiere seines Gefolges: »Verehrteste, ich warte bereits auf den Tag, da wir uns wiedersehen. Möge er bald kommen.«
    Breaca lachte matt - vor Erleichterung, dem plötzlichen Nachlassen ihrer panischen Angst und über den Ausdruck auf Philus’ Gesicht, als sie die Fischbrosche entgegengenommen hatte. Die Welt schien mit einem Mal heller, als sie es noch vor kurzem gewesen war; an den Rändern von Breacas Blickfeld zeigten sich kleine, strahlend weiße Blitze, in der Mitte aber tat sich ein von tiefer Nacht umschlossener Tunnel auf, und sein Zentrum glühte in einem immer tieferen Rot. Breaca spürte eine kleine, kalte Hand, die sich in die ihre drängte, und wie ein kleiner Daumen über ihre Fingerknöchel rieb. In der Stimme der Älteren Großmutter zischte Graine ihr zu: »Sie beobachten dich. Bleib wach! Du darfst jetzt nicht zusammenbrechen!«
    »Ich wäre auch nicht zusammengebrochen.«
    »Ich dagegen hatte aber durchaus diesen Eindruck. Deine Tochter ist klüger, als du weißt.« Tagos erschien auf ihrer

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