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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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sterben zu tausenden in den Kriegen im Westen, opfern ihr Leben, ohne dass es der Sache dienen würde. Die Ratgeber des Kaisers meinten nun, sie sollten besser wieder nach Rom zurückkehren. Und der Gouverneur wäre mit dem Befehl ausgesandt worden, sich entweder den Westen zu unterwerfen oder aber bei dem Versuch umzukommen. Viele glauben, dass er wohl eher sterben wird. Und die, die es nach der Invasion in der Erwartung von Zinsen und Gewinn ja ach so eilig gehabt hatten, Kredite zu vergeben, bereuen ihre Hast schon wieder.«
    Das Feuer brannte zu heiß, und es war zu stickig im Raum. Halt suchend - für mehr als bloß ihren Körper - presste Breaca die Schulterblätter gegen die Wand. Und aus dem noch verhältnismäßig beherrscht vorgebrachten Durcheinander von Tagos’ Worten trat plötzlich ein ganz bestimmter Satz hervor.
    ... und die Ratgeber des Kaisers meinten nun, sie sollten besser wieder nach Rom zurückkehren.
    » Nero denkt darüber nach, die Legionen wieder aus Britannien abzuziehen? Ist das dein Ernst?«
    »Das sagt zumindest Philus, und er hat keinen Grund zu lügen. Wenn der Gouverneur bei dem Versuch, sich den Westen zu unterwerfen, versagt, werden bis zum nächsten Winter sämtliche Legionäre und sämtliche Hilfskavalleristen wieder zurückbeordert worden sein. Aber bis dahin sind wir womöglich alle schon tot. ›Tote zahlen keine Steuern‹, so sagt man bei ihnen - denn das ist doch der einzige Grund, weshalb wir überhaupt so lange überlebt haben. Aber wenn es keine Steuern mehr einzutreiben gibt, dann gibt es für sie auch keinen Grund mehr, uns noch länger am Leben zu lassen.«
    »Hat das auch Philus gesagt?«
    »Nein. Das stammt von Theophilus. Er ist einer, der wohl auch gerne wieder aufbrechen möchte; aber aus persönlichen Gründen und nicht, weil er uns fürchtet.«
    »Wahrscheinlich wäre Theophilus sogar schon längst nicht mehr hier, könnte er nur unter halbwegs ehrbaren Umständen wieder abreisen.« Breaca fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Kleine Flocken von weißer Kalkfarbe blieben zwischen ihren Fingern hängen. »Du sagtest, das wäre der erste Grund, weshalb du mich gern hier haben wolltest. Was gibt es sonst noch zu besprechen?«
    Tagos trat ein wenig näher an das Feuer heran. Rotes Licht ergoss sich über seine Haut und sein Haar gleichermaßen. Kraftloser, als Breaca ihn jemals zuvor erlebt hatte, starrte er in die Flammen. Dann, ohne sich wieder zu ihr umzudrehen, begann er: »Philus hat um meine Erlaubnis gebeten, auf dem Territorium der Eceni Handel treiben zu dürfen. Doch die Frage war rein rhetorisch; er hat die Erlaubnis - hat den Befehl - bereits vom Kaiser höchstpersönlich erhalten und soll jetzt noch so viel Profit herausschlagen, wie er nur kann. Er braucht meine Einwilligung also gar nicht. Aber als kleinen Test hat er mir ein Angebot gemacht. Wenn ich ihm Graine und Cygfa verkaufen würde, dann würde er alle unsere Schulden abschreiben - die gesamten Steuern des Volkes der Eceni zuzüglich der Kredite von Claudius. Zwei Kinder, eines davon sogar bereits eine Kriegerin, für mehr Gold, als auch nur irgendjemand von uns jemals zu Gesicht bekommen hat.«
    In diesem Augenblick hätte Breaca ihn mit Leichtigkeit töten können. Und der Schwur, den sie den Stammesältesten im Großen Versammlungshaus so unbedacht gegeben hatte, schien sie nun zu verhöhnen. Sein Tod wird niemals mein Werk sein. Leider hatte sie nicht daran gedacht, hinzuzufügen: »Außer, wenn er meine Töchter in die Sklaverei verkauft. Denn dann wird sein Tod so lange dauern, wie auch ihr restliches Leben dauert, und jeden einzelnen dieser Tage wird er bereuen.«
    Eisern klammerte sie sich an ihren Zorn und erwiderte: »Hast du ihm auch gesagt, dass du durch die Waffen deines eigenen Volkes sterben würdest, solltest du auch nur mit dem Gedanken spielen, ein solches Angebot anzunehmen?«
    »Nein.« Nun wandte Tagos sich zu ihr um. Sein Lächeln wirkte etwas schief, fiel bereits wieder in sich zusammen. »Ich habe ihm gesagt, dass ich eher von eigener Hand sterben würde, als auch nur mit dem Gedanken zu spielen, ein solches Angebot anzunehmen. Glaubst du denn wirklich, dass ich sie verkauft hätte? Sie mögen zwar nicht von meinem Blute sein, aber ich empfinde für sie, als ob sie mein eigen Fleisch und Blut wären. Und selbst wenn ich ihren Anblick hasste, so habe ich mich Rom nicht so vollkommen verschrieben, dass ich plötzlich der Ansicht wäre, dass man einen Menschen, ganz

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