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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Banner gewinkt hatte, spürte er, wie Madb sich plötzlich anspannte und den Kopf ein wenig nach links umwandte. Zu leise, als dass noch irgendjemand sonst sie hätte verstehen können, murmelte sie: »Sie sind hier. Gut gemacht. Ich dachte schon, sie würden dich im Stich lassen.«
    »Das können sie ja immer noch. Schau nicht hinauf.« Valerius achtete darauf, dass er den Blick nach unten gerichtet hielt. Lauter und an Longinus gewandt fuhr er fort: »Du willst uns wohl fragen, ob wir uns ergeben wollen?«
    »Das würde ich, wenn ich nicht bereits der Ansicht wäre, dass ich dabei nur meinen Atem verschwendete. Willst du dich denn ergeben?«
    »Sechs von uns gegen fünfhundert von euch ist keine allzu ermutigende Aussicht, aber andererseits könnte der sichere Tod durchaus eine Alternative sein gegenüber einer Gefangenschaft in der Gewalt Roms, besonders für einen Verräter, von dem bekannt ist, dass er den Winter auf Mona verbracht hat.«
    »Das wäre es ganz sicherlich. Du hättest zusammen mit der Frau, die du befreit hast, fliehen sollen.«
    »Vielleicht, aber dann hätte ich doch nicht gesehen, wie du das Krähenpferd reitest, und mein Leben wäre ärmer gewesen. Was würdest du denn an meiner Stelle tun?«
    Longinus grinste. Schon immer hatte in seinem Lächeln eine gewisse Herausforderung gelegen, eine Art Einladung. Er langte nach seinem Schwert und hielt es waagerecht vor sich ausgestreckt. Es war eine gallische Waffe, speziell angefertigt für seine Armlänge und sein Körpergewicht. In das Heft war in Silber der Halbmond des thrakischen Gottes eingebettet, und die Klinge war nach alter Machart geschmiedet, mit wellenförmigen Linien bläulichen Eisens, die sich über deren gesamte Länge wanden. Nun, unter dem Dunstschleier des Abends, schimmerte die Klinge wie ein flaches Gewässer im Mondschein.
    Longinus hob die Brauen und erklärte: »Ich würde kämpfen - wozu sonst wären wir da?« Seine Klinge war eine Einladung. »Wir haben einander noch niemals wirklich herausgefordert, und ich habe den Eindruck, du bist auch nicht mehr jenes Häufchen Elend, als das du mir im letzten Sommer noch erschienen bist. Meine Männer werden sich nicht einmischen, wenn du, dieses letzte Mal, deine Klinge noch einmal gegen die meine erproben möchtest. Man weiß ja nie, vielleicht gewinnst du ja sogar.«
    Valerius deutete einen militärischen Gruß an. »Ich würde ja durchaus annehmen, aber wenn du deine Klinge noch ein kleines bisschen höher hebst, wirst du sterben, was wirklich eine Schande wäre. Die Krieger hinter dir auf dem Berg sind die besten Katapultschützen von ganz Mona, und du befindest dich mit Leichtigkeit in ihrer Reichweite. Es tut mir Leid; sie haben von mir ganz klare Befehle erhalten, und von hier aus habe ich keine Möglichkeit, diese wieder zu revidieren. Wenn du dich nun also ergeben willst, wird dir kein Leid geschehen. Anderenfalls werden sie gleich auf den Ersten zielen, der gegen uns die Waffe erhebt.«
    Er sprach Latein, laut genug, damit zumindest die vorderen Reihen der Kavallerie ihn noch verstehen konnten. Männer, die gerade eben noch durchaus entspannt gewesen waren und das Ritual des Kampfes Mann gegen Mann erwartet hatten, hoben nun mit einem Ruck die Köpfe und blickten sich nach beiden Seiten hin um. Vereinzelte Flüche in lateinischer und in thrakischer Sprache hallten durch die ersten Ränge und anschließend auch durch die weiter hinten liegenden Reihen, bis - jegliche Disziplin außer Acht lassend - der gesamte Flügel herumgewirbelt war, um sich mit dem Gesicht in Richtung der Talwände aufzustellen.
    Valerius hob den Arm zu einem letzten Signal, und zu beiden Seiten tauchte eine glitzernde Mauer aus vom Sonnenlicht beschienenen Rüstungen auf, als Krieger auf Krieger sein Tier auf die Kämme der Berge zutrieb. Dort versammelt stand der Großteil von Valerius’ Kriegern, abzüglich jener, die bereits bei der ersten Feindbegegnung am Eingang des Tals umgekommen waren. Nachdem sie sich aus dem Kampf zurückgezogen hatten, hatten sie ihre neuen Stellungen eingenommen und lediglich auf das leise Zeichen des von Huw geschleuderten Kieselsteins gewartet, das ihnen sagte, dass Braint befreit war. Und nachdem sie dieses Zeichen erhalten hatten, folgten sie dem nunmehr letzten ihrer Befehle, so dass sie sich, wie Krähen auf einem Baum, lautlos und ohne eine einzige Lücke zwischen ihnen von Norden bis nach Süden entlang der Bergkämme zu beiden Seiten des Tals aufgereiht hatten.

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