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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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ohne mit dem Herzen dabei zu sein, und er hasste es.
     
    Die Krieger von Mona besaßen etwa einhundert Pferde mehr als die Kavalleristen der Prima Thracum, und in genau dem gleichen Maße, wie Braints Rückkehr den Kriegern Auftrieb gab, büßten die Thraker durch Longinus’ Fall an Kampfmoral ein. Die Schlacht war brutal, doch kurz, und am Ende streckten achtundvierzig noch am Leben gebliebene Thraker die Waffen.
    Valerius beteiligte sich weder an der Fesselung der Gefangenen noch am Berauben der Toten. Noch ehe die Schlacht wirklich endete, war er bereits von seinem Tier gesprungen und stand knapp außerhalb der Reichweite des Krähenpferdes etwa knöcheltief im Heidekraut. Mit weißem Schweiß bedeckt und aus rund einem halben Dutzend, jedoch nicht allzu tiefen Wunden blutend, stand das schwarz-weiß gescheckte Pferd noch immer über Longinus’ leblos auf dem Boden ausgestreckter Gestalt, ganz so, wie ein Hund über einen gefallenen Krieger wachte und niemanden an ihn heranließ.
    »Wenn du an die Leiche deines Freundes willst, musst du zuerst das Tier töten.«
    Ganz in der Nähe saß Madb auf ihrem Pferd und achtete noch immer darauf, dass niemand Valerius von hinten angriff. Gegen Ende der Schlacht hatte sie ihm bereits zweimal das Leben gerettet, und Valerius hatte sich dafür bei ihr noch immer nicht bedankt. Ein Teil von ihm wusste, dass die Zeit dafür nur allzu rasch verstrich, und dass es bald zu spät sein würde, bei einem solchen Dank wenigstens noch ein Mindestmaß an Würde zu wahren. Der dominierende Teil von ihm aber hatte nur Augen für den Schecken, der ihm genau gegenüberstand, sowie für den Mann, der halb auf den Bauch gedreht zwischen den Hufen des Tieres lag.
    Valerius hatte gesehen, wie Longinus’ Brust sich gehoben hatte; nur einmal und auch nicht erst kürzlich, doch es reichte aus, um ihn hoffen zu lassen. Überrascht bemerkte er, wie er bereits zu Briga betete, ausgerechnet jener Göttin, der er weder jetzt noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gehört hatte, sondern die über die Toten einer Schlacht herrschte. Doch die Krähen nahmen seine Worte auf und trugen sie davon, und Valerius spürte, wie er erhört wurde.
    Madb beobachtete ihn noch immer. »Valerius, hast du mich gehört?«, fragte sie. »Das Pferd ist entweder verrückt oder vom Geist der Götter erfüllt. Du wirst ihm also schon die Kehle durchschneiden müssen, wenn du dich deinem Freund nähern willst.«
    »Wenn du meinst, dass du dicht genug an das Tier herankommen kannst, um es zu töten, dann nur zu, tu dir keinen Zwang an.«
    Die Frau stieß ein bellendes Lachen aus. Ihre Stimme war tief, volltönend und melodisch, und ihr Klang wirkte geradezu fremd und unangebracht inmitten all der Toten und Verwundeten. »Sehe ich etwa so aus, als wollte ich gerne sterben?«, erwiderte sie. »Ich dachte vielmehr, dass du vielleicht Huw bitten könntest, seine Schleuder zu benutzen. Merkwürdigerweise vergöttert er dich geradezu; vielleicht würde er es also tatsächlich tun.«
    »Aber würde ein Stein das Pferd wirklich töten?« Valerius bückte sich nach einem Kiesel und warf ihn zu Longinus hinüber. Sofort wandte das Krähenpferd den Kopf nach ihm um, die Ohren flach angelegt und das Maul geöffnet. Den Kiesel ignorierte es allerdings. Valerius trat noch einen halben Schritt näher an das Tier heran und sprach: »Vielleicht könnte es funktionieren, aber Huw ist viel zu empfindsam, um so etwas über sich zu bringen. Er würde den Rest seines Lebens damit verbringen, immer wieder jenen Tag zu durchleben, an dem er das beste Schlachtross tötete, das die Welt jemals gesehen hat. Von niemandem würde ich so etwas verlangen. Sie preisen dieses Pferd genauso, wie sie Hail preisen. Ich weiß es. Ich habe ihre Lieder gehört.«
    »Die habe ich auch gehört«, wandte Madb ein. »Und sie sagen, das Pferd sei böse.«
    Sie stellte ihn auf die Probe, so wie sie ihn auch in der Schlacht schon auf die Probe gestellt hatte. Sie beobachtete ihn mit ihren glänzenden Dohlenaugen. Valerius allerdings schüttelte den Kopf. »Nein. Denn nicht das Pferd, sondern der Mann, der es früher einmal ritt, sei böse, so sagen sie.«
    »Und haben sie Recht?«
    »Ich weiß es nicht. Du hast die Schlacht an diesem Nachmittag jedenfalls damit verbracht, ihm das Leben zu retten.« Valerius riss seinen Blick von dem Hengst los. »Wusstest du, wer ich war?«
    Seit dem Ende des Kampfes hatte er Madb nicht mehr richtig angeblickt. Über ihre gesamte eine

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