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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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denn jeder Spaß hat einmal ein Ende, und es sollte ja noch mehr kommen, etwas, das noch sehr viel unterhaltsamer und vergnüglicher zu werden versprach.
    Und dann war es Breaca plötzlich unmöglich, noch länger die Ameisen zu beobachten, denn mit einem Mal erschien Graine; stumm, wie benommen und mit zitternden Beinen wurde sie aus der Kate hinausgestoßen, die früher einmal Airmid bewohnt hatte und wo die Krähen noch immer lose Halme aus dem Reetdach zupften.
    Das Kind war gewaschen worden, man hatte ihm etwas zu essen gegeben, und es hatte das Essen wieder erbrochen, doch auch von diesem Schmutz hatte man es wieder gesäubert; jemand - möge Briga ihn verstümmeln und ihm ewige Qualen bescheren - hatte Braine das Haar gekämmt, ihr einen Kranz aus Eichenlaub auf den Kopf gesetzt und ihren Hals mit einem Reif aus dünnem Golddraht geschmückt, so dass ihre Schönheit wahrlich nicht mehr zu verkennen war - ebenso wie ihre Unberührtheit.
    Sie war klein, allein, völlig verängstigt und außer Stande, noch länger an ihrer früheren Tapferkeit festzuhalten. Ihr Blick suchte den ihrer Mutter und fand doch keinerlei Trost darin. Sie öffnete den Mund, als wollte sie etwas sagen, und schloss ihn wieder. Tränen strömten unaufhaltsam über ihre Wangen; sie hatte bereits die ganze Zeit über geweint und würde bis in alle Ewigkeit weinen, und es gab nichts, gar nichts, was Breaca hätte tun können, um ihrem Kind zu helfen.
    In Gedanken sprach sie nur immer wieder stumm: Graine, es tut mir so Leid, so unendlich Leid, und hörte die Stimme ihrer Tochter, ernst und verzweifelt, antworten : Es ist alles meine Schuld, Dubornos war eingeschlafen ...
    Cygfa fluchte lästerlich, stieß einen langen, nicht enden wollenden Schwall von Verwünschungen aus und beschwor sämtliche Briga und Nemain innewohnenden dunklen Kräfte, ihr zu helfen und die Männer zu vernichten, die kamen, um nun sie zu holen. Doch die lachten nur, schlugen Cygfa und stopften ihr den Mund mit einem Lumpen. Cygfa brauchte ja nicht hübsch auszusehen.
    Dann begann der Albtraum, und es war unmöglich, Zeuge des Geschehens zu sein und nicht den Verstand zu verlieren.
    Zu Anfang musste Breaca sich prompt übergeben, krampfhaft würgte sie Galle und Speichel heraus, bis wirklich nichts mehr kam und ihr Magen sich anfühlte, als ob sein Innerstes nach außen gestülpt worden wäre. Niemand kam, um sie zu säubern. Airmid lehnte sich gegen Breacas Schulter, Gunovar ebenso, und gemeinsam hielten die beiden Frauen Breaca aufrecht.
    »Schau nicht hin«, riet Airmid ihr, und Breaca schaute auch nicht mehr hin, aber es war unmöglich, die Ohren gegen das Grauen zu verschließen, unmöglich, nicht zu hören, wie Graine zerstört wurde, das bezaubernde, empfindsame Kind, dem ihr ganzes Herz gehörte, und wie das Gleiche mit Cygfa geschah, die doch die Wiedergeburt Caradocs in Frauengestalt war und daher umso verletzlicher, während die Wachen des Prokurators über sie herfielen und ein Mann nach dem anderen - zuerst bei Tageslicht und später im Schein des Feuers - absolut zweifelsfrei sicherstellte, dass keine der beiden mehr unberührt war und dass ihre Hinrichtung am folgenden Morgen somit keine Beleidigung der römischen Götter mehr darstellte oder gegen die Gesetze Roms verstieß.
    Und das ganze unerträgliche Geschehen über blieb der Torques stumm und leer; selbst die Träumerin der Ahnen bot keinerlei Hilfe an, und Breaca konnte sie nicht erreichen, um sie um ihre Unterstützung anzuflehen, sonst hätte sie es gewiss getan, wenn auch nur für sich selbst. Denn Graine und Cygfa konnte ohnehin niemand mehr helfen. Es gab einfach nichts, kein Mittel der Welt, das im Stande wäre, den Schaden an Leib und Seele, den die beiden davontrugen, jemals wieder gutzumachen.
     
    Cunomar lag zusammengekrümmt auf der Seite in dem mit Blut vermischten Schmutz, dort, wo die Söldner ihn zurückgelassen hatten. Der Raum, in dem er sich befand, war einmal sein eigener gewesen. Einst hatte er ihn mit Eneit geteilt, nun mit Ardacos und den drei Bärinnenkriegern.
    Auch in der vergangenen Nacht waren sie bereits hier gefangen gehalten worden und hatten daraufhin in einer Ecke eine behelfsmäßige Latrine gescharrt und darin ihre Notdurft verrichtet, da sie nicht damit gerechnet hatten, jemals wieder hierher zurückzukehren. Jetzt vermischte sich der Gestank mit dem hämmernden Schmerz an der Seite seines Kopfes, wo einmal sein Ohr gesessen hatte, mit dem Stechen in seinem

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