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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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zeigen, der sich nun über ihn beugte, und die weißen Narben der Brandzeichen in Form des Feuersalamanders, die sich über dessen Arm hinaufschlängelten.
    Cunomar hatte ganz vergessen, wie es war, aus tiefstem Herzen zu hassen. Jetzt plötzlich erinnerte er sich wieder. Sein Hass auf den Prokurator, der im Grunde ein schwacher Mann war und nie auch nur eine Spur von Ehrgefühl gekannt hatte, war ein geradezu kümmerliches Flämmchen im Vergleich zu dem tosenden Inferno, das er für den Verräter vom Stamme der Coritani empfand, der Graine, hilflos und mutterseelenallein, auf dem Karrenpfad außerhalb der Siedlung aufgelesen und sie lebend dem Prokurator ausgeliefert hatte.
    Cunomar setzte sich mühsam hin und sagte: »Die Söldner haben ausgeplaudert, dass du meine Schwester zu ihnen zurückgebracht hast, damit sie ihre Gelüste an ihr stillen konnten. Dafür werde ich in den Ländern jenseits des Lebens auf dich warten, und ich werde dich bis in alle Ewigkeit verfolgen und dafür sorgen, dass du niemals Ruhe finden wirst.« Seine Stimme klang rau und erstickt. Er brauchte seinen Atem für andere Dinge. Er hustete und musste erst warten, bis die Schmerzen wieder etwas nachgelassen hatten, bevor er weitersprechen konnte.
    Der Kundschafter schüttelte den Kopf. »Ich habe etwas absolut Ehrloses getan. Und es tut mir aufrichtig Leid. Aber ich wusste ja nicht, dass die Männer … dass sie das tun würden, was sie mit ihr getan haben. Die Coritani wären unter Umständen vielleicht im Stande, ein Kind, das im Krieg gefangen genommen wurde, mit dem Speer zu durchbohren oder ihm die Kehle durchzuschneiden, doch es würde in jedem Fall sauber und schnell geschehen. Das hier jedoch... das würden sie ihm niemals antun.«
    Cunomar machte sich gar nicht erst die Mühe, die Verachtung, die er für den Coritani empfand, zu verbergen. »Warum bist du hier?«
    »Um dir genau das zu sagen. Um mich zu entschuldigen, damit du morgen in den Tod gehen und danach in Frieden zu den Ahnen heimkehren kannst und damit du nicht mit ewigem Hass im Herzen in den Ländern jenseits des Lebens auf mich wartest. Die Bodicea und ihr Sohn haben meinen Vater ermordet; das ist allgemein bekannt, und ihr habt es ja auch nicht abgestritten. Durch euer beider Tod wird er gerächt sein, aber ich schwöre dir bei der Seele meines Vaters, dass ich das, was mit dem Kind passiert ist, niemals gewollt habe.«
    »Dann unternimm etwas, um sie zu befreien.«
    »Ich kann nicht. Ich habe versucht, zu ihr zu gelangen, um ihr den Frieden des Todes zu schenken, aber die Männer des Prokurators bewachen sie zu scharf, und sie haben gemerkt, wie ich in dieser Sache empfinde. Sie trauen mir nicht länger und lassen mich noch nicht einmal mehr in die Nähe des Kindes; und das Gleiche gilt für die ältere Tochter des Königs. Es tut mir wirklich Leid. Ich habe es versucht, das schwöre ich bei meiner Ehre als einer, der das Brandzeichen der Echse trägt.«
    Der Kundschafter machte Anstalten, sich zu erheben. Die Bärengöttin sprach ausnahmsweise einmal klar und unmissverständlich, und Cunomar packte das Handgelenk des Coritani, womit er sie beide gleichermaßen überraschte. »Dann gib dir mehr Mühe, lass dir was anderes einfallen! Finde Corvus, den Präfekten, der mich in Camulodunum begrüßt hatte. Er kann sie zwar nicht daran hindern, uns zu hängen, schließlich haben wir die Männer des Prokurators getötet und müssen dafür sterben, aber er mag Graine, er könnte sie retten. Er ist vor kurzem damit beauftragt worden, drei Kohorten in westlicher Richtung gen Mona zu führen. Sie können noch nicht sonderlich weit marschiert sein - wenn sie überhaupt schon aufgebrochen sind. Finde ihn, berichte ihm, was passiert ist. Bring ihn hierher!«
    Es folgte ein Moment des Zögerns, eine plötzliche Veränderung der Muskelspannung in dem Arm, den Cunomar festhielt, und dann: »Vielleicht. Wenn es eine Möglichkeit gibt, wenn es sich irgendwie machen lässt, vielleicht.«
    Der Kundschafter erhob sich. Er überlegte einen Augenblick, dann fügte er hinzu: »Den anderen Namen deiner Mutter habe ich ihnen nicht verraten, und ich werde ihn auch weiterhin für mich behalten.«
    Sie dürfen auf keinen Fall wissen, dass sie die Bodicea ist. Das hatte Ardacos gesagt, ganz zu Anfang, und Cunomar hatte daraufhin erwidert: Der Coritani-Kundschafter weiß es. Man kann es nur zu deutlich an seiner Miene ablesen. Er wird es ihnen verraten.
    Entgegen allen Erwartungen hatte er es doch

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