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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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ihr nur zu gerne all den Horror und das Grauen erspart, hätte alles das nur zu gerne auf sich genommen, damit sie davon verschont bliebe; doch er wusste nicht, wie er das anstellen sollte, wusste noch nicht einmal, wie er ihr helfen könnte, all das zu ertragen.
    Das war ein ganz neuer Gedanke, und er erschreckte ihn nicht minder, als der Anblick der Kreuze es getan hatte. Breaca war nicht für die Bärengöttin bestimmt gewesen und folglich auch nicht gebrandmarkt worden; ihre drei langen Nächte der Einsamkeit waren sehr viel ruhiger verlaufen, und sie war im Anschluss daran unversehrt und ohne Narben wieder nach Hause zurückgekehrt. Trotz der vielen Schlachten, die sie bereits geschlagen hatte, trotz der vielen Zeit, die sie damit verbracht hatte, die Krieger anzuführen oder ganz allein in den Bergen Jagd auf Legionäre zu machen, war Cunomar doch nicht davon überzeugt, dass seine Mutter wusste, wie sie sich am besten schützen konnte, um angesichts dessen, was sie ihr nun antun würden, nicht den Verstand zu verlieren.
    Atme! Er wollte es ihr laut zurufen und konnte es doch nicht, denn wenn sie glaubten, dass er ihr helfen wollte, würden sie ihn verletzen, und das würde es für sie nur noch schlimmer machen . Tauche auf deinem Atem hinab, lass dich von ihm nach innen tragen. Finde jenen Ort in deinem Innersten, der dir Zuflucht bietet, jenen Ort, der uneinnehmbar ist.
    Sie musste etwas gehört haben, oder vielleicht hatte sie es gefühlt. Denn mit einem Mal hob sie die Stirn von dem Eichenpfosten, und ihr Blick ruhte auf Cunomar, und einen erstaunlichen, seligen Moment lang war er ihr Sohn, unversehrt und frei, und sie war die Bodicea, die sich für immer dem Sieg verschrieben hatte, und nichts konnte zwischen sie treten; sie liebte ihn, und er wusste es, und sie wiederum wusste, dass er sie liebte, und er konnte in die rastlose Liebe ihrer Seele eintauchen, darin ertrinken und einfach nur glücklich sein.
    Eine der Wachen riss an den Ketten, mit denen seine Handgelenke gefesselt waren, und einem Pfeil gleich schoss der Schmerz durch Cunomars Körper, so dass er für einen Moment die Augen schließen musste, um sich auf den Beinen zu halten. Als er wieder klar sehen konnte, hatte seine Mutter ihren Blick von ihm abgewandt und sich wieder in die Betrachtung des Eichenpfahls vertieft, allein mit ihren Empfindungen und Gedanken. Gerade eben hatte der Prokurator sein Podium bestiegen.
    »Dir wird zur Last gelegt, sowohl eine Träumerin als auch eine Aufrührerin zu sein. Streitest du ab, dass du beides bist?«
    »Nein.« Breaca log, um Airmid zu schützen. Es war das einzige Geschenk, das sie ihr noch machen konnte, und sie würden dennoch zusammen sterben.
    »Gut.« Der Prokurator nickte dem Anführer der Söldnergruppe zu, der hinter Breaca stand. »Fang an!«

XXXVII
     
    Der Hund war der Erste, der Valerius vor dem Fremden warnte, der sich am Rand des Wäldchens versteckte. Anschließend, und etwas weniger dezent, reagierte auch das Krähenpferd auf den Mann.
    Valerius glitt aus dem Sattel und knotete die Zügel am Knauf fest, damit das Pferd nicht darauf trat.
    »Reite weiter«, sagte er zu Longinus, der angehalten hatte. »Reite weiter, bis du durch das Wäldchen hindurch bist. Wenn du am Rand ankommst und ich noch immer nicht wieder zu dir gestoßen bin, dann halt an und tu so, als ob du irgendwas fallen gelassen hättest. Aber rede unbedingt weiter. Und wenn du kannst, dann imitier auch meine Stimme.«
    Longinus, der mittlerweile wieder kräftig genug war, um reiten zu können, führte die Lastpferde an. Den Karren, der ihn damals vom Schlachtfeld befördert hatte, hatten sie weit hinter sich gelassen, versteckt in einem Dickicht - in der optimistischen Annahme, dass Valerius und er, Longinus, auch weiterhin mit dem Leben davonkämen und eines Tages wieder zurückkehrten, den Wagen wieder hervorholten und ihn dann einfach weiterbenutzen könnten.
    Während er neben dem Krähenpferd herwanderte, schüttelte Valerius sein Kettenhemd ab und hakte es gemeinsam mit seinem Helm an der Satteltasche fest. Dort hing auch bereits sein Umhang, nur mit einer losen Schlaufe befestigt, damit er ihn bei Bedarf rasch herunterziehen könnte. Sie reisten in der Uniform von römischen Kundschaftern, angetan mit den dazugehörigen Kettenhemden, den Helmen und den himmelblauen Schulterumhängen. Die Verkleidung war genauso plausibel wie jede andere Tarnung; und allemal sicherer, als in der Tracht von Kriegern zu reisen.

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