Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
Zugriff der Männer nur für eine gewisse Zeit entflohen war und dass man sie mit ein wenig mehr Wasser auch wieder würde zurückholen können. Den gleichen Gedanken hatten offenbar auch die Söldner. Einer trug bereits wieder den Eimer zur Pferdetränke hinüber, füllte ihn erneut und hätte ihn, wie schon zuvor, abermals über Breaca ausgekippt, doch da trat plötzlich der Prokurator vor und hielt den Arm des Mannes fest.
    »Halt. Genug. Wenn sie jetzt stirbt...« Er klopfte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen, während er einen Augenblick überlegte, und fuhr anschließend fort: »Schneidet sie herunter. Und legt die Kreuze für die anderen auf den Boden. Wenn sie hört, wie wir die mit ihren Töchtern dran aufrichten, wird sie schon wieder aufwachen. Bringt sie...«
    Ein Pferd kam den Karrenpfad heraufgaloppiert. Nein, zwei Pferde; dem ersten folgte noch ein zweites, gefolgt von wiederum drei weiteren, also fünf insgesamt. Es half, einfach irgendwelche Dinge zu zählen, es half, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken; so viel hatte Cunomar bereits gelernt.
    Damit bog auch schon der Erste der Ankömmlinge in das Tor zur Siedlung ein. Er vollführte eine zu scharfe Kurve, als dass Pferd und Reiter diese normalerweise noch heil hätten überstehen dürfen; ein gewöhnliches Pferd, das so hart herumgerissen wurde, wäre womöglich gestürzt. Dieses hier aber schien sich noch mitten in der plötzlichen Kehrtwende bereits wieder zu fangen, verlangsamte, wo dies angeraten schien, von allein das Tempo, und blieb schließlich vor dem Eichenpfosten stehen, wobei es nur um eine Handbreit den Körper jener Frau verfehlte, die dort schlaff auf dem Boden lag.
    Cunomar schnappte überrascht nach Luft, schloss die Augen, öffnete sie wieder und schaute abermals hin. Das Pferd hatte ein geschecktes Fell in den beiden Farben einer frostklaren Nacht. Der Reiter trug die lederne Rüstung und den blauen Umhang eines römischen Kuriers, unter dem Kinn zusammengesteckt mit dem in Gold gegossenen Eichenblatt, das besagte, dass der Kurier unmittelbar vom Gouverneur ausgesandt worden war. Er riss sich den Helm vom Kopf. Sein Haar war schwarz, und das Profil hätte das von Luain mac Calma sein können - wäre dieser noch jünger gewesen und hätte das Leben ihn bereits noch etwas stärker mitgenommen.
    Cunomar schloss den Mund wieder und schluckte mit trockener Kehle. Schließlich hatte sein Verstand die aufsteigenden Erinnerungen verarbeitet. Mit rauer Stimme fragte er: »Valerius?«
    »Was? Gütige Götter, er ist es!« Ardacos fuhr so heftig zusammen, dass seine Fesseln klirrten, und durch die Reihe der mit ihm aneinander geketteten Männer ging ein Ruck.
    Nie ließ Ardacos sich seine Überraschung anmerken, oder seine Angst, oder seinen Zorn, oder seinen Stolz, oder auch seinen Hass; bis zu diesem Augenblick, als der in seiner Stimme zum Ausdruck kommende Abscheu einem Mann von weniger Format geradezu die Kleider vom Leib gerissen hätte. »Verräter! Er ist gekommen, um sich an unserer Niederlage zu weiden.« Laut brüllte er es hinaus. » Verräter!«
    Die Bärinnenkrieger stimmten in seinen Schrei mit ein, ebenso wie Gunovar; obgleich keiner von ihnen wusste, wer der Fremde eigentlich war, sondern nur, dass ihrer aller Ende nahte, dass dieser Mann gekommen war, um sich dieses Schauspiel anzuschauen, und dass Ardacos, den sie verehrten, diesen Mann hasste.
    Ein wenig verwirrt, als ob sie gerade erst aus einer Vision erwacht sei - oder als ob sie womöglich noch überhaupt nicht erwacht wäre -, musterte Airmid den Ankömmling. Sie sprach ein paar Worte an Gunovar gewandt, und beide schrien sie: »Verräter! Möge Nemain dich niederstrecken!« Ihre geschulten Stimmen übertönten die der Bärinnenkrieger und riefen bei den Männern, die sie bewachten, eine nur noch größere Belustigung hervor, was allerdings auch verständlich war; sie hatten ihren Fluch auf Lateinisch gebrüllt.
    Der Kurier - Valerius - ignorierte sie jedoch, so wie er auch schon den blutüberströmten Körper der Bodicea ignoriert hatte, die bäuchlings vor den Hufen seines Pferdes lag. Ohne abzusteigen entbot er vorschriftsmäßig, in der angemessenen Art und Weise und lediglich ein wenig außer Atem dem Prokurator seine Ehrerbietung.
    »Der Gouverneur entsendet Grüße und eine Nachricht.« Die Dokumententasche an seiner Schulter war mit etwas Wachs und dem Elefantensiegel von Britannien verschlossen, dessen unberechtigtes Erbrechen die

Weitere Kostenlose Bücher