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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Todesstrafe zur Folge hatte. »Wenn Ihr die Nachricht bitte in der Abgeschiedenheit Eurer Gemächer lesen würdet?«
    »Danke.« Ganz eindeutig beabsichtigte der Prokurator nichts dergleichen, da es den Ablauf seines morgendlichen Planes unterbrechen würde, doch andererseits durfte er dies nun auch nicht öffentlich erwidern. Er zögerte also zunächst, während der Reisegefährte des Kuriers, der drei Lastpferde mit sich führte, durch das Tor galoppiert kam. Dann riss auch der neu Hinzugekommene sich den Helm vom Kopf und enthüllte damit eine wahre Masse von ganz außergewöhnlich leuchtend rotem Haar.
    Überrascht über die plötzliche Abwechslung machten die Veteranen dem Ankömmling Platz, und für einen kurzen Augenblick herrschte Chaos, als sich mit einem Mal zu viele Pferde auf zu engem Raum drängten und Valerius’ Tier, das am härtesten geritten worden war, unruhig den Kopf hochwarf und an den Zügeln riss, dann einen Satz zur Seite machte und dabei unsanft den Prokurator anrempelte.
    Der kaiserliche Steuereintreiber war es nicht gewohnt, dass man ihn anrempelte. Außerdem hatte er große Angst vor dem temperamentvollen Schecken. Fluchend und in gebückter Haltung wich er aus. »Vorsicht, Mann! Könnt Ihr das Biest denn nicht...«
    Doch schon drückte eine sorgfältig polierte und scharf geschliffene Schwertklinge gegen die Kehle des Prokurators und hatte seine Haut bereits aufgeritzt. Der schwarzäugige Mann, der über dieser Klinge aufragte, war der Inbegriff der boshaften, tödlichen Arroganz. Es war ebenjener Mann in Kuriertracht, der gerade eben noch so höflich gewesen war und nun mit eisiger Unmissverständlichkeit verkündete: »Mein Pferd ist ein ausgebildetes Schlachtross. Wenn Ihr Euch bewegt, dann werde ich Euch von ihm töten lassen. Es würde recht eindrucksvoll werden und zudem schneller, als Ihr es eigentlich verdient habt, aber... eigentlich ist mir gar nicht danach. Driscus, ruf deine Männer zur Ordnung. Sollten sie uns angreifen, bist du der Erste, der stirbt. Danke, Longinus...«
    Mit diesem letzten Satz ließ Valerius seine Stimme über den Prokurator hinweg erschallen und wandte sich nunmehr an die Söldnerveteranen, die sich hinter dem Eichenpfahl versammelt hatten. Sie hatten die Gefahr für ihren Gönner zwar erst einen kleinen Augenblick zu spät erkannt, wären ihm aber dennoch zu Hilfe geeilt, hätte nicht auch ihr Anführer, Driscus, etwas verzögert reagiert, wäre er nicht durch eine einzige, rasche Bewegung des Kavalleristen mit dem roten Haar seines Schwertes entledigt worden und würde er nicht in genau diesem Moment mit einem leichten Schielen auf ebendiese Schwertspitze starren. Blut tröpfelte aus einer horizontal über Driscus’ Stirn verlaufenden Wunde. Unentschlossen und voller Unbehagen verlagerten seine Männer ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen und warteten auf einen Befehl.
    »Schon besser.« Valerius nickte freundlich. Als ob der Prokurator gar nicht existierte, blickte er an dem nackten Eichenpfahl vorbei und zu dem seines Schwertes beraubten Söldner hinüber. »Driscus, ich hab mir ja vielleicht ein wenig das Haar wachsen lassen, seit du mich das letzte Mal gesehen hast, weshalb ich es dir auch nicht übel nehmen will, dass du ausgerechnet jenen Mann nicht wieder erkennst, der dich ganze drei Mal in einem einzigen Winter dafür hat auspeitschen lassen, dass er dich bei der Ausübung deines Dienstes in betrunkenem Zustand angetroffen hat. Ich bin allerdings geradezu verstört darüber, dass du dich auch nicht mehr an jenes Pferd erinnerst, das dir damals fast den halben Schwertarm wegbiss und dich damit einen ganzen Monat der Fürsorge von Theophilus überantwortete.«
    Driscus starrte Valerius an, runzelte verwirrt die Stirn, und schließlich fragte er: »Valerius? Das kann nicht sein. Du bist doch tot. Du bist in Gallien gestorben. Corvus hat es uns doch erzählt. Und ich habe zwei Sesterzen für dein Ehrenmal beigesteuert.«
    »Du schmeichelst meinem Andenken.« Valerius deutete einen knappen Gruß an. »Und trotzdem, ich bin nicht tot, wie du ja selbst sehen kannst. Und jeder, der es gerne riskieren möchte, seinen Arm an das Krähenpferd zu verlieren, ist nun aufgefordert, vorzutreten und sich von seiner Lebendigkeit einfach einmal selbst zu überzeugen. Ihr könnt die Zeit aber auch etwas sinnvoller verwenden, indem ihr sämtliches Gold, das ihr bis jetzt zusammengetragen habt, einpackt und wieder zurück nach Camulodunum

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