Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
verschwindet.«
    »Warum?«
    »Weil sich der Präfekt der Ala Quinta Gallorum, Corvus, auf dem Weg hierher befindet, und zwar mitsamt seinen drei Kohorten. Und der Präfekt ist ganz und gar nicht darüber erfreut, seine Reise in den Westen unterbrechen zu müssen, nur um sich nun mit einem Steuereintreiber zu beschäftigen, der in eklatanter Weise seine Befugnisse überschritten hat. Das hier... Valerius beschrieb mit seiner Klinge einen weiten Bogen. Und ein Dutzend Söldner duckten sich ganz unwillkürlich und zogen den Kopf ein. »...ist die Familie eines Königs. Und diese Menschen haben nichts anderes getan, als in angemessener Art und Weise den Tod jenes Mannes zu betrauern, der sie regiert hat.«
    »Sie haben den Prokurator angegrif...«
    »Sie wurden dazu angestachelt. Wir haben einen Zeugen, der dies bei seinem Leben beschwören wird.«
    »Sie haben Waffen. Wir haben...«
    »Ja, das habe ich bereits gesehen. Sie haben Eisenstangen, Driscus. Jede Siedlung von hier bis an die entlegenste südliche Küste hinab besitzt ein Lager an Eisenstangen. Sie handeln damit, sie stellen Hacken und Trensen daraus her, sowie jene lächerlichen kleinen Käsemesser, mit denen wir sie auf die Jagd schicken. Wenn du also jeden einzelnen Schmied, der ein Depot an Eisenstangen sein Eigen nennt, als Verräter bezeichnen willst, werden wir in diesem Frühjahr außerordentlich gut beschäftigt sein. Und ich glaube, ehrlich gesagt, den Gouverneur beschäftigen bereits wichtigere Dinge.«
    Gekränkt entgegnete Driscus: »Aber sie haben Strignus getötet. Und Titus Castellius.«
    Valerius lachte. »Und ist das etwa irgendjemandes Verlust? Selbst ein Kind mit einem gebogenen Zweig hätte Strignus töten können - und das selbst zu seinen besseren Zeiten. Castellius wiederum hat vielleicht gar die Kinder der Eingeborenen vergewaltigt. In dem Fall ergeht es ihm tot sogar noch deutlich besser, als wenn ich mit ihm abgerechnet hätte.«
    Es entstand eine geradezu schmerzhafte, zermürbende Pause, als mehrere Dutzend Söldner sich nun nur allzu deutlich daran erinnerten, wie genau Valerius mit jenen Männern verfahren war, die die Kinder der Eingeborenen vergewaltigt hatten. Ein jeder von ihnen hielt den Atem an und betete zu sämtlichen Göttern, dass sein Nachbar in diesem Augenblick nicht irgendetwas Dummes von sich geben würde.
    »Ja. Richtig.« Driscus räusperte sich. »Was also sollen wir...«
    »Er lügt! Seid ihr von Sinnen? Er lügt, und er hat keinerlei Macht, auch nur irgendeine seiner Drohungen in die Tat umzusetzen. Im Namen des Kaisers, ich befehle euch, ihn auf der Stelle zu entwaffnen! Der Mann ist ganz offensichtlich...« Der Prokurator hatte also seine Stimme wiedergefunden. Und er verlor sie auch gleich wieder, als er auf die Spitze von Valerius’ Schwert starrte und dann in die hart blickenden schwarzen Augen darüber.
    »Hinlegen«, befahl Valerius. »Mit dem Gesicht nach unten und nicht bewegen.«
    Nur sehr wenige Männer besaßen den Schneid, diese Stimme einfach zu ignorieren, und der Prokurator war gewiss keiner von ihnen. Und selbst wenn er es gewesen wäre, wurde dieser Befehl nun untermalt von dem unverkennbaren Geräusch einer im Galopp reitenden Truppe, die den Karrenpfad heraufkam und sich rasch näherte.
    »Das wird Corvus sein«, meinte Valerius erfreut. »Und seine persönliche Kavallerieeinheit. Natürlich könnt Ihr auch ihn der Lüge bezichtigen. Es wird mir eine Freude sein, dies später bei Eurem Prozess bezeugen zu dürfen. In der Zwischenzeit werdet Ihr Euch hinlegen und kein Wort von Euch geben, sondern nur dann sprechen, wenn man Euch etwas fragt.«
    Der Prokurator legte sich auf den Boden.
    Fast unmittelbar darauf kam an der Spitze seiner persönlichen Kavallerieeinheit Corvus durch das Tor geritten und war quasi der lebende Beweis dafür, dass Valerius nicht gelogen hatte. In seiner Begleitung war der Kundschafter mit den Falkenaugen aus dem Stamme der Coritani, der einen Wickel aus blutdurchtränkter Wolle um den Hals geschlungen trug und an dessen Lippe sich eine schwärzliche Schwellung abzeichnete; er wagte es nicht, den Blick zu Valerius zu heben. Und eigentlich hätte Cunomar darüber frohlocken sollen, doch dazu hatte er nicht mehr die Kraft und auch nicht mehr den Atem, denn den brauchte er für seine Gebete.
    Der Präfekt hatte sein Pferd mindestens genauso hart angetrieben wie vor ihm Valerius das seine. Corvus führte seine kleine Gruppe von zwanzig handverlesenen Reitern mitten auf

Weitere Kostenlose Bücher