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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Anzeichen für seine Gegenwart wahrzunehmen.
    Ihre Überraschung verwandelte sich kurzzeitig in Zorn und ging dann in eine beklemmende Besorgnis über. Schon einmal war Ardacos von den Mitgliedern des Ältestenrats ausgesandt worden, um die Bodicea zu finden und wieder nach Hause zu bringen. Sie wollte nicht dazu gezwungen sein, gegen ihn anzukämpfen und ihr Recht, ihre Reise in den Osten fortsetzen zu dürfen, gewaltsam durchzusetzen.
    Mit tonloser Stimme fragte sie ihn: »Warum bist du hier?«
    »Ich habe mich verpflichtet, deinen Sohn während deiner Abwesenheit zu beschützen. Die Bärin hatte mich darum gebeten, und ich habe mich natürlich nur allzu gerne dazu bereit erklärt. Wo er hingeht, dorthin gehe auch ich. Wen er jagt, den jage auch ich, selbst wenn das Opfer seine eigene Mutter ist.«
    Ardacos deutete mit einem kurzen Kopfnicken nach vorn, und was ohnehin bereits offensichtlich hätte sein sollen, war nun endlich klar zu erkennen: Der Fährtenleser, der die Bodicea aufgespürt hatte, war nicht etwa ein Verräter vom Stamme der Coritani, sondern es war Cunomar, ihr ältestes Kind, jener Junge, der in vielerlei Hinsicht genau wie sein Vater war - und leider doch nicht in jeglicher Hinsicht.
    Cunomar hatte in diesem Augenblick den Rand der Lichtung erreicht und bahnte sich weiter einen Weg zwischen den Birken hindurch. Breaca spürte das Gewicht des rot angemalten Steins, der in ihrer Schleuder lag. Ihr wurde schwindelig vor Angst, als sie plötzlich begriff, wie nahe sie daran gewesen war, ihren eigenen Sohn zu töten. Wie ein Echo hallte die Stimme der Ahnin durch ihren Kopf. Denn wenn du den Sieg willst, musst du dafür deine Kinder aufgeben.
    » Aber nicht auf diese Art.« Breaca hatte den Gedanken unwillkürlich laut ausgesprochen, ohne es eigentlich beabsichtigt zu haben.
    Ardacos schüttelte den Kopf. »Ich bin hier, um ihn zu beschützen. Ich hätte nicht zugelassen, dass du den Stein wirklich nach ihm schleuderst.«
    »Tatsächlich?« Mit einem raschen Blick schätzte sie den Abstand zwischen ihr und Ardacos ein. Zwischen ihnen lagen etwa zwei Speerlängen - und sie könnten wahrscheinlich noch den ganzen Rest ihres Lebens damit zubringen, darüber zu diskutieren, ob diese Entfernung tatsächlich kurz genug gewesen wäre, um Breaca von ihrem tödlichen Steinwurf abzuhalten.
    »Das verstehe ich nicht«, fuhr sie fort. »Warum ist Cunomar denn hier? Und warum verfolgt er mich wie ein Späher, wenn er doch einfach heranreiten und sich zu mir ans Feuer setzen könnte?«
    »So, könnte er das? Er jedenfalls sieht das anders. Und deine Tochter glaubt sogar, dass du uns für immer verlassen hast. Damit hat nun, zum ersten Mal übrigens, etwas deine Kinder wirklich zusammengeschweißt - ihre Angst und ihre Trauer um den Verlust ihrer Mutter. Sie wollen dich also entweder wieder nach Mona zurückholen oder dich auf deiner Reise begleiten. Dein Sohn glaubte, wenn er einfach auf dein Feuer zugeritten wäre, dann wärst du verschwunden, noch ehe er dich überhaupt erreicht hätte. Und hat er mit dieser Einschätzung etwa nicht Recht gehabt?«
    Es war spät, und Breaca war müde. Außerdem hatte sie sich noch immer nicht so ganz von der entzündeten Speerwunde erholt. »Cygfa meint also, ich hätte Mona auf immer verlassen?«, fragte sie. »Woher will sie das denn wissen?«
    Ardacos fuhr einmal mit der Zunge über den Rand seiner weißen Zähne. Er ließ ein Zischen der Missbilligung hören oder auch der Verzweiflung. »Breaca, du hast zwei Töchter, und von den beiden ist nicht etwa Cygfa die Träumerin, sondern Graine, dein eigen Fleisch und Blut. Sie hat von deiner Verwundung geträumt, und sie weiß, dass die Großmütter und die große Ahnin wollen, dass du in den Osten reitest - den Grund aber, warum die Geister dich von uns fortschicken, kennt Graine nicht. Sie wusste auch nicht, ob es dir überhaupt schon wieder so gut gehen würde, dass du reisen kannst.«
    Er streckte die Hand aus und berührte die rot angeschwollenen Ränder der langsam heilenden Wunde am Arm der Bodicea. In mittlerweile wieder etwas sanfterem Ton sprach er: »Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du nicht allein jagen solltest. Der Speer ist tief in das Fleisch eingedrungen.«
    »Aber nicht übermäßig tief. Außerdem ist derjenige, der den Speer geschleudert hatte, jetzt tot. Er...«
    »Mutter?«
    Irgendwann im Verlauf ihrer kurzen Unterhaltung hatten Breaca und Ardacos aufgehört zu flüstern, und Cunomar, der sie gehört

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