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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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Reichtum gelangt sind, würden mit meinem Tod wieder völlig verarmen. Vor allem aber werden die, die mich hassen, all ihre Hoffnung auf dich setzen, und dein Überleben wird ihre größte Sorge sein.« Er lächelte. »Wer uns verraten will, müsste uns schon beide gleichermaßen tief hassen. Und auch sein Volk dürfte ihm nicht sonderlich am Herzen liegen. Sicherlich gibt es viele, die mich hassen, und einige, die deine Anwesenheit hier fürchten, aber ich kann mir niemanden vorstellen, der vorsätzlich ein solches Blutvergießen auf die Eceni herabbeschwören würde. Solange wir beide leben, leben wir beide in Sicherheit. Wir sichern uns also quasi gegenseitig unser Überleben.«
    Er wartete. Sie alle warteten. Graine bemerkte, wie die eben noch zur Faust geballte Hand ihrer Mutter sich wieder entspannte. Weder ihr Gesichtsausdruck noch ihr Verhalten hatten sich geändert, doch die Schlacht, für die Breaca sich gerüstet hatte, war vorüber, und sie war daraus nicht als Verliererin hervorgegangen.

VIII
     
    »Hattest du denn gedacht, Lanis würde so lange Druck auf sie ausüben, bis die Versammlung euch wieder nach Hause schickt?«
    Tagos, Sohn von Sinochos’ Schwester, schloss die Tür zu seinem Schlafzimmer, verriegelte sie jedoch nicht. Es war kein sonderlich großer Raum, und die rußenden Steingutlämpchen ließen ihn nur wenig heller erscheinen, während die dunklen Ecken sogar noch düsterer wirkten. Die Lampen waren schon angezündet gewesen, noch ehe Tagos - Prasutagos , das musste sie sich jetzt wirklich einmal einprägen - die Tür geöffnet und Breaca hineingeführt hatte. Allein diese Tatsache bewies doch schon, dass es hier Diener geben musste, die gewusst hatten, dass Prasutagos zu dieser Versammlung gehen wollte, dass er noch vor dem Morgengrauen wieder zurückkehren würde - und dass er seine kalte, feuchte Hütte innerhalb einer römischen Behausung dann zu Ehren seines Gastes gerne ein wenig von Kerzenschein erhellt sehen wollte.
    Er nannte seine Hütte allerdings einen Palast, ganz nach der Art der Römer, und nicht, dass er sich dessen schämte, sondern er war auch noch stolz darauf. Genauso wie in der Vision, die die Ahnin Breaca geschickt hatte, gab es auf Prasutagos’ Lehnsgut kein großes Rundhaus mehr. Obgleich dieses allerdings nicht abgerissen worden war, um Feuerholz daraus zu schlagen, sondern aus politischen Erwägungen. Und genauso wie es bei den Römern üblich war, wohnte nun auch jede Familie in einem von den anderen abgetrennten Bereich auf jenem Anwesen, das das Zentrum des Reiches des »Königs« markieren sollte. Man konnte bereits hören, wie andere sich in den Zimmern rechts und links von Prasutagos’ Schlafgemach einrichteten. Breaca erkannte die Stimmen von »Gaius« und »Titus«, den beiden Leibwachen von Prasutagos, die nun ebenfalls römische Namen trugen und sich Breaca kurz zuvor mit einem Grinsen vorgestellt hatten. Ihre Kinder hörte sie allerdings nicht und auch Airmid nicht.
    »Lanis«, fragte Tagos ein zweites Mal. Seine Stimme war in eine etwas schrille Lage gewechselt. Er war es nicht gewohnt, dass man ihn einfach überging. »Hattest du denn wirklich gedacht, sie würde dich so mir nichts dir nichts wieder zurück nach Mona schicken, ohne dass du irgendeinen Schaden an deiner Ehre davongetragen hättest und dein Stolz ungebrochen wäre?«
    Er hatte sich so sehr verändert. Breaca hatte ihn als einen ruhelosen, eifrigen Jugendlichen in Erinnerung gehabt, der ihr wie ein junger Hund förmlich an den Fersen gehangen hatte, der vor lauter Enthusiasmus geradezu überschäumte und dem doch der Mut zum Handeln gefehlt hatte. Später hatte sie ihn dann noch einmal nach der Schlacht gegen Amminios gesehen, als er gerade notdürftig seinen Arm versorgte, der so stark zertrümmert worden war, dass eine Heilung ausgeschlossen war. Doch in derselben Schlacht war auch ihr Vater gestorben, so dass Breaca von Tagos nur wenig Notiz genommen hatte. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie ihn festgehalten hatte, während Airmid ihm den toten Teil seines Armes abtrennte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er im Delirium gelegen, und Breaca glaubte, dass er sich nicht mehr daran erinnern würde. Einige Zeit später hatte er dann noch einmal in einer Schlacht gekämpft, für die er allerdings körperlich nicht mehr tauglich gewesen war, so dass wichtige Krieger dabei umgekommen waren, als sie versucht hatten, ihn zu verteidigen, woraufhin Tagos seine Ehre verloren hatte.

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