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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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kommen. Die eine Hälfte von ihnen wünscht sich, dass du bleibst, damit die königliche Linie nicht unterbrochen wird. Die andere Hälfte aber hat Angst, dass die Ankunft der Bodicea möglicherweise die Rache Roms auf sie und ihre Leute herabbeschwören wird. Egal, welche Seite sich auch durchsetzen wird, die andere Hälfte wird sie dafür hassen. Das Volk der Eceni, welches ohnehin schon lange keine Einheit mehr ist, wird noch weiter zerfallen. Einen solchen Riss können wir uns aber nicht leisten, und ich persönlich möchte auch gar nicht über ein Volk herrschen, das sich dermaßen entzweit hat. Ich biete dir und deiner Familie also die Möglichkeit, sicher unter den Augen des Gouverneurs zu leben, ohne dass dieser erfährt, wer ihr seid. Und ich bringe dir das hier...«
    Aller Augen waren auf ihn gerichtet. Mit dem Geschick eines ausgebildeten Sängers zog er unter seinem verkürzten Arm einen Torques hervor. Das Gold war mit der Zeit schon ganz angelaufen, und der Halsreif war in der alten Machart aus vielen miteinander verschlungenen Goldfäden gefertigt worden. Er sah recht zierlich aus, verglichen mit dem rotgoldenen Halsreifen, den die Bodicea gegenwärtig trug, doch inmitten einer Versammlung von Träumern war er es, und nicht der Reif von Breaca, der ihre Aufmerksamkeit auf sich zog wie ein blutiges Lendenstück ein Rudel Hunde.
    Auf der von Prasutagos abgewandten Seite, dort, wo Graine stand, ballte Breaca die Hand einmal kurz zur Faust und entspannte sie dann wieder. »Du willst mir den Torques meiner Mutter anbieten?« Ihre Stimme klang so rau wie Gestein. Bei ihrem Klang wandte Stone ruckartig den Kopf zu Breaca um.
    »Nein. Ich biete diesen Torques der einzigen Person an, die ihn öffentlich tragen kann, ohne dafür sterben zu müssen.«
    Der Mann, der schon als Gast Roms gespeist und getrunken hatte, trat nun einige Schritte vor. Von ihnen allen war Cygfa diejenige, die am dichtesten bei ihm stand. Sie zuckte zusammen, als er sich ihr näherte, doch sie wich nicht zurück. Als er seine Arme über ihren Kopf hob und in ihren Nacken gleiten ließ, griff sie automatisch nach ihrem Gürtelmesser. Als er den Goldreif dann herumzog, so dass die beiden Endstücke auf ihren Schlüsselbeinen und in einem See warmen Lichts zu liegen kamen, entspannte sie sich jedoch wieder, und geradezu als hätte sie ihn vergessen, sank ihr Arm wieder hinab. Es hieß, niemand könne den Torques der Eceni tragen, ohne sich wie ein König zu fühlen. Cygfa war dagegen auch nicht stärker gefeit, als Silla es gewesen war, ganz gleich, wie weit Cygfas Wurzeln auch von den Eceni entfernt liegen mochten. Sie lächelte und sah geradezu betörend aus.
    Tagos trat wieder einen Schritt zurück. An Breaca gewandt sagte er: »Wenn du den Halsreif tragen würdest und damit auch die Herrschaft über das Volk übernähmst, dann würde der neue Gouverneur sicherlich einige Fragen stellen, von denen wir uns nicht wünschen, dass auch nur irgendeiner sie beantwortet. Nach römischem Recht werden deine Töchter an dem Tag, an dem du meine Ehefrau wirst, auch die meinen. Also biete ich den Halsreif Cygfa, die nur dem Namen nach deine Tochter ist, damit sie ihn so lange trägt, bis Graine, die Tochter von deinem Blute, das richtige Alter erreicht hat. Sollten wir beide auch noch Töchter bekommen, werden sie in der Reihe der Erbfolge gleich nach Graine kommen. Und an meinem Todestag wird die Herrschaft auf jene von ihnen übergehen, die für diese Aufgabe am besten geeignet ist.«
    »Und bis dahin?« Es war, als wären sie beide ganz allein, als gäbe es in diesem Augenblick bloß Breaca und Tagos. Sie sprachen, als ob sie sich bereits ihr ganzes Leben kannten und niemals voneinander getrennt gelebt hätten.
    »Bis dahin herrsche ich so, wie Rom es von mir erwartet, mit Breaca von den Eceni als meiner Ehefrau. Du wirst der Ersatz für Silla, und als solchen werden sie dich problemlos akzeptieren. Frauen sind in ihren Augen nicht viel wert, folglich werden sie nicht so unhöflich sein, einen König zu fragen, wonach er seine Frau ausgewählt hat.«
    »Und wie lange wird es dauern, bis ein Mitglied deines Haushalts uns verrät?«
    Tagos zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass uns irgendeiner verraten würde. Aber wenn ich mich irren sollte, müsste ich auf alle Fälle mit dir sterben. Der Gouverneur wird nicht geneigt sein, Nachsicht zu üben, wenn er meint, man hätte ihn betrogen. Und diejenigen, die unter meiner Herrschaft zu

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