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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Bedienung
heran. »Haben Sie Maltwhisky?«, fragte er, als die junge Dame an ihrem Tisch
stand.
    Man sah ihr an, dass sie stolz war, die Frage
beantworten zu können. »Wir haben Oban, Laphroaig, Dalwhinnie –«
    »Den nächsten nehm ich«, fiel ihr Bredemaier ins Wort.
    »Wie jetzt?«
    »Welchen hätten Sie denn als nächsten genannt?«
    Sie sah ihn unsicher an. »Ich weiß nicht …«
    »Geben Sie ihm den teuersten«, sagte Schwemmer. »Und
ein Wasser für mich.«
    Bredemaier lachte laut, während die Bedienung
beleidigt abzog.
    »Den teuersten! Der war gut.«
    »Nobel geht die Welt zugrunde, nicht wahr, Herr
Bredemaier?«
    Bredemaiers Lächeln wurde wieder so melancholisch wie
zuvor. »Geht sie denn zugrunde?«
    »Was haben Sie mit Zehetgruber zu tun?«, fragte
Schwemmer.
    »Ach, daher weht der Wind …« Bredemaier lachte
verstehend. »An dem Herrn Professor habe ich natürlich ein berufliches
Interesse.«
    »Wieso?«
    »Na, immerhin ist Zehetgruber einer der besten
plastischen Chirurgen Europas oder sogar weltweit. Das lockt unterschiedliche
Kundschaft an. Menschen, die sich verschönern lassen wollen, aber auch
Menschen, die aus, sagen wir: geschäftlichen Gründen ein neues Gesicht
brauchen. Und für solche interessiert man sich eben, wenn man beim BKA ist.«
    »Ich dachte, Sie sind Forscher?«
    »Aber Herr Schwemmer! Doch nicht nur. Oder haben Sie
das geglaubt?«
    »Nein. Nicht wirklich.«
    Sie bekamen ihre Getränke. »Der kost aber neun Euro«,
sagte die Bedienung, und Bredemaier fragte tatsächlich nicht nach, was für
einen er da serviert bekam. Er nippte und sagte: »Schmeckt.«
    »Bretcnik und die drei anderen haben Zehetgruber
erpresst«, sagte Schwemmer, als die Bedienung wieder weg war.
    Bredemaier nickte. »Damit haben sie sich natürlich
verhoben.«
    »Interessiert Sie nicht, mit was?«
    »Na, mit was schon? Bretcnik war Stricher. Da kann man
sich doch an zwei Fingern abzählen, was auf dem Stick ist. Wie ist Bretcnik
eigentlich da drangekommen?«
    »Zehetgruber hat ihn vergessen. Einfach im Hotelzimmer
liegen lassen.«
    »Was’n Scheiß«, sagte Bredemaier ernst. »So sollten
Komödien anfangen. Aber am Ende sterben Menschen.« Er kippte den Whisky mit
einer entschlossenen Kopfbewegung hinunter.
    »Bretcnik hat den Stick behalten, ohne zu wissen, was
er damit anfangen soll. Aber als er seinen Vetter in Burgrain besucht hat, hat
er Zehetgrubers Bild in der Zeitung entdeckt. Darauf hat er Schieb und Schober
von dem Stick erzählt. Schieb hatte sofort die Idee mit der Erpressung und hat
das Kommando übernommen. Georg Schober war mehr zufällig dabei, und Oliver
Speck war der Trottel, der den gefährlichen Teil machen sollte, ohne zu wissen,
um was es ging.«
    »Die, die’s angeht, erfahren es immer als Letzte«,
sagte Bredemaier und schwenkte sein bereits leeres Glas in Richtung Theke. Die
Bedienung antwortete mit einem Nicken.
    »Sie kennen Zehetgruber also«, stellte Schwemmer fest.
    »Persönlich? Nein. Ich kenne seine Haushälterin. Mit
der telefonier ich ab und zu. Ist aber unergiebig. Besser ist da schon eine OP -Schwester aus der Klinik. Die ruft
mich manchmal an.«
    »Aha. Das erklärt die Anrufe von der Klinik und in die
Leitlestraße.«
    »Ja. Das tut es.«
    »Was man Ihnen nachweisen kann, geben Sie natürlich
auch zu«, sagte Schwemmer.
    »Ich bitte Sie! Was sollte ich denn sonst zugeben?«
    »Dass Sie persönlich in Kontakt mit Zehetgruber
stehen.«
    »Haben Sie das von Frohnhoff? Was wollen Sie mir denn
eigentlich nachweisen – Sie und unser kettenrauchender Freund im Rollstuhl? Was
genau soll ich denn getan haben?«
    Bredemaier erhielt seinen Whisky und bedankte sich
übertrieben artig dafür.
    »Das weiß ich noch nicht«, sagte Schwemmer. »Aber
Professor Zehetgruber wird gewiss etwas dazu einfallen, wenn ich ihm die
richtigen Fragen stelle.«
    Bredemaier begann zu lachen, leise und anhaltend. »Das
wage ich aber stark zu bezweifeln. Ganz stark!« Kopfschüttelnd lachte er und
lachte. Schwemmer sah ihm eine Weile verständnislos zu. Doch plötzlich
durchfuhr ihn das Verstehen wie ein Stromschlag. Er sprang von seinem Stuhl auf
und zog sein Handy. Noch auf dem Weg zur Tür rief er Schafmann an. In seinem
Rücken hörte er Bredemaier lachen, bis die Tür der Kneipe hinter ihm zufiel.
    »Such sofort nach Zehetgruber«, kommandierte er,
sobald Schafmann sich gemeldet hatte. »Ruf in der Klinik an, aber
wahrscheinlich ist er zu Hause. Wenn dir da keiner aufmacht, brich die Tür

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