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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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stieg ein, überprüfte, ob die Kinder
ordentlich angeschnallt waren, dann fuhr sie los.
    Sie sah Bredemaier im Rückspiegel winken, bis sie
außer Sicht waren.
    * * *
    »Wollte jemand zu ihm?«, fragte Schwemmer.
    »Nur der Herr vom BKA .
Aber Sie hatten ja …«
    »Sehr gut«, sagte Schwemmer und öffnete die Tür,
hinter der Petr Bretcniks Krankenbett stand.
    Er war immer noch blass, aber im Vergleich zu gestern
schien er das blühende Leben. Aus gleich zwei Infusionsflaschen tropften
Flüssigkeiten in eine Kanüle auf seinem linken Handrücken. In Bretcniks Blick
lag so etwas wie Dankbarkeit, vor allem aber Vorsicht.
    »Geht besser heute«, sagte er.
    »Gut.« Schwemmer zog einen Stuhl heran und setzte sich
ans Bett.
    »Sie wollen wissen, was passiert ist.«
    »Ja. Auch wenn ich mir das ein oder andere schon
denken kann«, sagte Schwemmer. »Sie haben Professor Zehetgruber erpresst.
Gemeinsam mit Siegfried Schieb, Georg Schober und Oliver Speck.«
    Bretcnik nickte.
    »Wofür haben Sie die drei überhaupt gebraucht? Warum
haben Sie das nicht alleine gemacht?«
    »War Schibbsies Idee. Ich hab Professor in der Zeitung
entdeckt. Zufall. Hab ich Schibbsie und Girgl von dem Stick erzählt.«
    »Was ist da drauf?«
    Bretcnik zuckte die Achseln und sah weg. »Fotos«,
sagte er leise.
    Schwemmer verzichtete für den Moment auf Nachfragen.
Das Thema würde unangenehm werden und trug im Moment nicht zur Aufklärung bei.
    »Und Oliver Speck sollte die Übergabe machen?«, fragte
er stattdessen.
    »Schibbsie meinte, brauchen wir einen Trottel, der
keine Fragen stellt. Hatte keine Ahnung, Spacko. Sollte nur Rucksack holen. Ich
sollte aufpassen. Aber was konnt ich aufpassen? Armer Spacko. Tut mir so leid.«
    »Und Herr Schieb? Hielt sich brav im Hintergrund?«
    »Ja …« Bretcnik schüttelte den Kopf, offenbar über sich
selber. »Feiger Hund. Aber immer kommandieren. Hat nichts gemacht. Wollte er
haben den Stick. Hab ich ihm gegeben. Was sollte ich damit? Ich wusste, was ist
drauf, aber hab ihn nicht gekriegt auf. Hab ich probiert im Internetcafé. Ging
nicht. Girgl musste anrufen bei Professor. Halbe Million wollte Schibbsie von
ihm. Und er hat tatsächlich gesagt ja. Spacko sollte holen Geld … aber dann …«
Er hob die Hand, als schieße er mit einer Pistole. »Bäng! Bäng! Bäng! Servus,
Spacko.«
    »Aber Sie konnten entkommen.«
    »Haben mich nicht gesehen, die Männer. Bin zum Fahrrad
und weg. Und dann lag Pistole da. Ihre.« Er sah Schwemmer direkt an. »Hat
gerettet mein Leben.«
    »Was ist passiert, in der Wohnung?«
    »Der Mann kam, mitten in der Nacht. Ich hab gelegen
wach, ganze Zeit, vor Angst, mit Pistole in der Hand. Deshalb ich ihn gehört an
der Tür, obwohl er war leise. Hab ich mich hinter dem Bett versteckt. Er steht
in der Tür, aber Licht geht nicht, Birne nämlich rausgedreht. Hatte ich gesehen
in Film. Er sieht mich nicht, aber ich seh ihn. Hab ich geschossen. Dann er
schießt, dann wieder ich. Er schießt noch mal, ich auch. Dann er ist tot. Ich
Kugel im Bein, aber renn trotzdem weg. Hab Fieber. Und Schmerzen. Versteck ich
mich im Wald.«
    Wieder schüttelte er den Kopf, als verstünde er immer
noch nicht, was ihm da widerfahren war.
    »Steht die Wache noch vor der Tür?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Schwemmer. »Da wird sie auch bleiben,
solange Sie hier sind.«
    »Wie lange bleibe ich denn?«
    »Bis Sie transportfähig sind. Dann verlegen wir Sie
ins Gefängniskrankenhaus.«
    Bretcnik stieß ein resigniertes Lachen aus.
    »Sie waren an einer Erpressung beteiligt. Und Sie
haben einen Menschen getötet. Was erwarten Sie?«
    »Gefängnis …« Er zuckte die Achseln. »Von mir aus Gefängnis.
War ich schon in Slowakei. Aber die bringen mich um, da.«
    »Wer?«
    »Wenn der hat die zwei Mann, dann er hat noch mehr.
Hatt ich nicht gedacht. War ein Fehler. Ein großer Fehler. Hatt ich nicht
gedacht, dass er kennt solche Leute.«
    »Was hatten Sie denn gedacht?«
    Wieder ein Schulterzucken. »Ist irgendein reicher
Mann. Ein alter, dreckiger, reicher Mann.«
    »Alt und dreckig?«
    »Alt und sehr, sehr dreckig«, sagte Petr.
    * * *
    Der Blonde lehnte sich im Fahrersitz zurück, drehte
den Innenspiegel zu sich und fuhr mit den Fingern korrigierend durch seine
glatten blonden Haare. Der silberne Mercedes stand seit dreißig Minuten auf
einem Parkplatz für Wanderer, nicht weit von der A 7. Im CD -Spieler lief Sibelius’ »Valse
Triste«. Er war hierhergefahren, wie man nur auf deutschen Autobahnen

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