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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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woanders?«
    »Woanders«, antwortete Schwemmer. »Wir halten Sie auf
dem Laufenden, Herr Kollege.«
    »Ich danke!« Bredemaier hob die Hand, lächelte und zog
die Tür hinter sich zu.
    Schafmann und Zettel sahen Schwemmer fragend an.
    »Das ist ab jetzt die Sprachregelung. Wenn einer fragt
– Bretcnik liegt woanders«, sagte er und griff zum Telefon. »Wer bewacht ihn?«
    Schafmann nannte ihm Namen und Handynummer des
uniformierten Kollegen, der vor Bretcniks Zimmer im Kreiskrankenhaus saß.
Schwemmer rief ihn an und wies darauf hin, dass die Order, niemanden zu Petr
Bretcnik vorzulassen, auch für EKHK Bredemaier galt.
    »Fahren Sie fort, Frau Zettel«, sagte er dann.
    »Also: zwei Anrufe von und einer zur Leitlestraße und
Umgebung. Ich hab mir deshalb eine Liste mit den dort gemeldeten Personen
zusammengestellt.«
    Sie reichte Schafmann das Blatt. Er überflog es.
    »Leitlestraße«, sagte er dann und reichte sie mit
einem Seufzen an Schwemmer weiter. »Lauter Großkopfete.«
    Schwemmer nahm die Liste. Sie war alphabetisch
geordnet. Der letzte Name darauf war ihm heute schon untergekommen.
    »Und als ich die Liste zusammenhatte«, fuhr Zettel
fort, »ist mir was aufgefallen. Es gab einen Anruf von einer normalen
Festnetznummer, allerdings schon vor vier Wochen. Der kam von einer Nebenstelle
einer Privatklinik in Partenkirchen. Und die gehört …«
    »Professor Zehetgruber«, sagte Schwemmer. »Dr. h.c.
mult.«
    * * *
    Johanna Kindel war sichtlich erstaunt, als sie ihm die
Tür öffnete. Erstaunt und misstrauisch.
    »Wollns zum Severin?«, fragte sie und hielt die Klinke
der Haustür fest in der Hand, als fürchte sie, Schwemmer würde sonst an ihr
vorbeistürmen.
    »Nein«, sagte Schwemmer. »Ich will nicht zu Ihrem
Enkel. Ich wollte zu Ihnen, Frau Kindel.«

SIEBEN
    Der Adler glitt mit ihr über die Wälder. Sie wusste
nicht, wo sie war. Die Gegend war sanft hügelig, am Horizont, gegen ein
diesiges Abendrot, sah sie die Silhouetten von Fabrikschloten und Kühltürmen.
Dann ein großes altes Haus, allein an einer breiten Straße im Wald. Der Adler
kreiste. Ein Wagen näherte sich. Ein kleines Auto. Sie erkannte es und
erschrak: Es war ihr eigenes. Es kam die Straße entlang, wurde langsamer, hielt
auf dem lehmigen, leeren Parkplatz neben dem Haus. Die Lichter erloschen, der
Motor erstarb, da schoss wie aus dem Nichts eine silberne Limousine heran. Sie
hielt dicht neben ihrem Wagen. Ein Mann stieg aus, sie erkannte ihn wieder. Es
war der Blonde, der Mörder. Er hielt eine Waffe in der Hand und ging zur
Fahrertür. Sie hörte keine Schüsse, aber sie sah Blitze, drei, vier, fünf,
sechs.
    Dann ließ der Adler sie fallen.
    * * *
    »Nein, Frau Kindel, das sollten Sie sich wirklich
nicht antun«, sagte Bredemaier. »Das sind ja schon über zehn Stunden Fahrt,
wenn Sie glatt durchkommen. Und das werden Sie nicht. Fahren Sie gemütlich und
übernachten Sie am besten in diesem Hotel. Ich war da schon. Das ist sauber und
preiswert.«
    Bredemaier gab ihr das zerknitterte Prospekt eines
Hotels, das damit warb, nur einen Kilometer von der Autobahn 7 entfernt zu
liegen und trotzdem in idyllischer Ruhe. Auf der Rückseite war eine
Anfahrtsskizze, die so einfach war, dass sogar Johanna sich zutraute, es zu
finden.
    Der Kofferraum ihres kleinen Wagens war bis zum oberen
Rand der Heckklappe gefüllt, und Severin und Danni stritten sich, ob sein Bass,
den er hinter den Beifahrersitz gestellt hatte, ihr auf der Rückbank zu viel
Platz nehmen würde oder nicht.
    »Kriagn mir da denn noch a Zimmer für heut Nacht?«
    »Normalerweise haben die Betten frei um diese
Jahreszeit. Aber wenn Sie möchten, ruf ich an und reserviere für Sie.«
    Johanna nickte, und er zog sein Handy aus der
Manteltasche. Sie schickte die Kinder noch einmal in ihre Zimmer, um zu
überprüfen, ob alle Fenster zu und alle Stecker raus waren. Dann ging sie in
den Keller und drehte Wasser und Gas ab.
    »I bin scho arg aufgregt«, sagte sie, als sie die
Haustür verriegelt hatte und wieder beim Wagen stand.
    »Genießen Sie es«, sagte Bredemaier. »Nehmen Sie es
einfach als kleines Abenteuer.«
    »Abenteuer hab i grad gnug ghabt, de letztn Tag«,
murmelte Johanna.
    »Ich hab Ihnen ein Zimmer in dem Hotel reserviert.
Doppelzimmer mit Beistellbett. War das recht?«
    »Passt scho.«
    »Sie möchten aber bitte bis achtzehn Uhr da sein, das
sollten Sie locker schaffen. Und meine Mutter erwartet Sie dann morgen ab
Mittag. Sie freut sich auf Sie!«
    Johanna

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