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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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reinlassen, oder?«
    »Nein.« Schwemmer sah ihn freundlich an. Etwas
freundlicher sogar, als ihm zumute war. »Aber es würde eine Sache unnötig
verkomplizieren, von der ich noch nicht mal weiß, ob es überhaupt eine Sache
ist.«
    »Muss ich das verstehen?« Der Blick des jungen Mannes
war wach und vorsichtig, und Schwemmer nahm das genau wahr. Der Bursche war
clever.
    »Würden Sie mir Ihren Namen sagen? … Das müssen
Sie«, setzte Schwemmer hinzu, als der junge Mann zögerte.
    »Schieb«, sagte der nur. »Siegfried.«
    »Sind Sie der Besitzer dieses Gebäudes?«
    »Nein, das gehört meinem Onkel.«
    Schwemmer nahm einen süßlichen Geruch war, der aus dem
Proberaum kam.
    »Wie gesagt, Sie müssen mich jetzt nicht reinlassen.
Ich würde es Ihnen aber raten. Es wäre völlig formlos. Wenn ich aber
wiederkommen müsste, wäre es sehr förmlich. Wahrscheinlich wäre dann
auch ein Kollege vom RD dabei.«
    »Eine Drogenrazzia? Hier?« Der junge Mann lachte und
hob Schwemmer spöttisch beide Hände entgegen. »Nehmen Sie mich einfach fest,
das ist für alle einfacher.«
    Schwemmer versuchte, sich nicht anmerken zu lassen,
wie gut ihm die Idee gefiel.
    »Ich will nur mit Ihnen sprechen. Mit Ihnen allen.«
    Herr Schieb zögerte noch ein wenig, dann gab er die
Tür frei. Schwemmer trat in den Proberaum.
    Es war nichts auf Anhieb Auffälliges darin zu
entdecken. Neben Schieb waren noch zwei junge Männer da, ein paar Jahre jünger
als er, siebzehn oder achtzehn, schätzte Schwemmer. Beide hatten lange schwarze
Haare, glatte der eine, der eine Gitarre umhängen hatte, lockige der andere,
der gerade seinen Bass an eine imposante Lautsprecherbox lehnte. Beide waren
ähnlich gekleidet wie Schieb, also überwiegend in Schwarz.
    An die Wände waren alte Teppiche genagelt, darauf
klebte ein gutes Dutzend Konzertplakate von Bands, die Schwemmer nicht kannte,
düster designed, mit gotisch wirkenden Schriftzügen. Schwemmer gelang es, die
Namen »Brutal Truth« und »Terrorizer« zu entziffern, dann gab er es auf. Das
alles wirkte weniger bedrohlich als postpubertär. Es gab weder Kerzen noch
Pentagramme, Altäre oder Ähnliches. Außerdem war es für Satanismus einfach zu
unaufgeräumt. Zumindest für Schwemmers Vorstellung davon. Der niedrige,
fensterlose Raum war vollgestellt mit Verstärkern und Instrumenten. Die Luft
war verbraucht und klamm. Ein Schlagzeug mit zwei riesigen Basstrommeln und
zahllosen Becken nahm den meisten Platz ein. Es saß aber niemand dahinter. Auf
den meisten der Verstärker stand je ein überquellender Aschenbecher. In einer
der hinteren Ecken warteten Dutzende leerer Bierflaschen darauf, in Pfand
eingetauscht zu werden. Daneben ein flaschenbetriebener Gasofen, der nicht
lief. Außer einem uralten, verschlissenen Sofa gab es keinerlei Möbel. Ein ganz
normaler Proberaum, genau wie die meisten, die Schwemmer bisher gesehen hatte.
    Er sah die drei Musiker freundlich an, aber deren
Mienen blieben misstrauisch bis feindselig. Schwemmer stellte sich mit Rang und
Namen vor.
    »Wie heißt Ihre Band denn?«, fragte er dann.
    »›Rattenbrigade‹«, nuschelte Herr Schieb.
    Schwemmer lachte ungläubig.
    »I glab ned, dass Eane des gfalln tat, wos mir da
macha«, sagte der andere Gitarrist trotzig.
    »Zum Musikhören bin ich nicht gekommen«, antwortete
Schwemmer fröhlich.
    »Zwegs wos nachad?«, fragte der Gitarrist.
    »Würden Sie mir Ihren Namen sagen?«, fragte Schwemmer
und zog seinen Notizblock.
    »I? I bin da Schober Girgl«, erhielt er zur Antwort.
    »Georg Schober, Siegfried Schieb«, notierte Schwemmer.
    »Und? Wos wollns jetzt?«
    »Es hat gestern Nacht einen Zwischenfall auf dem
Friedhof drüben gegeben«, sagte Schwemmer. »Weiß einer von Ihnen etwas darüber?
Haben Sie vielleicht etwas gesehen? Oder einen Hinweis?«
    »An Zwischenfall aufm Friedhof? Wos hoaßt des?« Der
Schober Girgl lachte auf. Plötzlich wirkte er erheblich entspannter. »Hod da
Gärtner wida Gspenster gsehn?«
    Auch Schieb lachte. Es klang erleichtert. Der jähe
Stimmungsumschwung im Raum war bemerkenswert.
    »Es gab eine Grabschändung«, sagte Schwemmer ernst.
»Das ist keine Bagatelle. So etwas wird von uns sehr ernst genommen.«
    »A Grabschändung! Und da kimmts zerscht zu uns. Des is
fei logisch.«
    »Wir haben einen Hinweis bekommen. Und den überprüfen
wir.«
    »Wos hat Eane der Gärtner denn verzählt? Mia san
Satanisten?«
    »Nein. Nur, dass Sie so aussähen.«
    Die drei lachten.
    »Mia spuiln koan Death-Metal. Mia

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