Die Seherin von Garmisch
spuiln Grindcore«,
sagte Schober. »Mia ham nix am Huat mit dene depperten Teifianbeter.«
»Mia san politisch«, setzte der Bassist ernst hinzu.
Es waren die ersten Worte von ihm, seit Schwemmer im Raum war.
Schwemmer nickte. Nicht, dass er inhaltlich wirklich
verstanden hätte, was gerade gesagt worden war, aber sein Gefühl sagte ihm,
dass die drei beim Thema Friedhof ein reines Gewissen hatten. Das warf
allerdings die Frage auf, welches Thema sie zuvor so bedrückt hatte. Es mochte
das Haschisch sein, das gewiss mindestens einer von ihnen in der Tasche hatte.
Aber irgendwie glaubte Schwemmer das nicht so ganz. Er musterte einen nach dem
anderen.
»Würden Sie mir auch Ihren Namen sagen?«, fragte er
den Bassisten.
»Severin Kindel«, antwortete der.
»Kindel …?« Schwemmer zog die Brauen hoch. »Sind Sie
verwandt mit Johanna Kindel?«
Der Junge nickte verdrossen. »Mei Großmama.«
Das ist ja ein Ding, dachte Schwemmer. Er sah zu dem
unbemannten Schlagzeug.
»Und Ihr Trommler fehlt heute?«, fragte er.
»Kimmt z’ spat, wie oiwei«, maulte Schober.
»Heißt er zufällig Oliver Speck?«
Die drei sahen ihn überrascht an.
»Kennens den?«, fragte Schober.
»Nur dem Namen nach. Erwarten Sie ihn noch?«
»Der kimmt ned imma. Der is a bisserl … larifari«,
sagte Schober. »Da Spacko nimmt des ois ned so ernst.«
»Ned ernst gnug jedenfalls«, sagte Kindel.
»Interessieren Sie sich tatsächlich für unsere
musikalischen Interna?«, fragte Schieb. Er schien sich für denjenigen zu
halten, der hier das Sagen hatte.
»Haben Sie Herrn Speck heute schon gesehen?«, fragte
Schwemmer.
»Heit? Na. Heit ned«, sagte Schober.
Auch die beiden anderen schüttelten den Kopf.
»Und gestern?«
»Warum fragen Sie das?«
»Tut nichts zur Sache«, sagte Schwemmer. »Haben Sie
ihn gestern gesehen?«
»Ja«, sagte Schieb. »Gestern war er hier.«
Schwemmer nickte und sah sich noch einmal um. Aber
nach wie vor konnte er nichts entdecken, was ihm irgendwie verdächtig
vorgekommen wäre. »Dann will ich nicht weiter stören.« Schwemmer ging zur Tür. »Viel
Erfolg für Ihre Band«, sagte er, die Klinke der offenen Tür schon in der Hand.
»Aber das mit dem Haschisch sollten Sie lassen, in Zukunft.«
Er schloss die Tür hinter sich. Einer der Gitarristen
schickte ihm einen wütend heulenden Akkord hinterher.
Schwemmer legte noch das Ohr an die Metalltür, aber
falls drinnen ein Gespräch geführt wurde, war es für ihn nicht hörbar. Er stieg
die Treppe hinauf. Als er aus dem Haus trat, sah ihn Herr Gärtner
erwartungsvoll an.
»Haben Sie die nicht verhaftet?«, fragte er.
»So weit sind wir noch nicht«, sagte Schwemmer, und
Gärtner nickte verständnissinnig.
»Klar«, murmelte er. »Da braucht man mehr Leute für …«
* * *
Auf dem Weg zurück zur Wache fuhr Schwemmer seinen
Passat erst in die Waschstraße an der B 23, um den Staub der
Feldernkopfstraße loszuwerden. Dann hielt er beim Krois Ferdl, dem Weinhändler
seines Vertrauens.
»Wieso versteift ihr euch eigentlich immer so auf
Bordeaux?«, fragte Ferdl ihn, nachdem Schwemmer ihn um Rat wegen der fälligen
Nachrüstung seines Weinkellers gefragt hatte. »Wenn du das gleiche Geld für
einen Spanier ausgibst, bist du eigentlich immer besser bedient.«
Schwemmer verzog in stillem Protest den Mund. Im
Prinzip hatte der Ferdl natürlich recht, aber aus einem Spanier machte auch der
beste Preis der Welt keinen Bordeaux. Was Wein anging, pflegte Schwemmer seine
Vorurteile, und für ihn schmeckte Rioja irgendwie nach Spanplatte.
Aber der Ferdl ignorierte seine schiefe Lippe einfach
und marschierte in seinen Laden hinein. Schwemmer trottete hinterher.
»Hier!« Ferdl streckte ihm zwei Flaschen entgegen.
»Ein 04er Crianza. Ribera del Duero. Zweiundzwanzig Euro die Flasche. Für dich
neunzehn, wenn du zwölf Stück nimmst.«
»Crianza? Schon wieder Barrique …«, maulte Schwemmer.
»Jetzt probier ihn halt mal!« Der Krois Ferdl sah ihn
an wie eine Mutter ihr Kind, das seine Suppe nicht essen will. Und so nahm
Schwemmer ihm brav die beiden Flaschen aus der Hand und folgte ihm zur Kasse.
Er sah auf die Uhr. Es war Feierabend, aber er würde
auf jeden Fall noch einmal im Büro vorbeischauen. Er brachte es nicht fertig,
nach Hause zu gehen, ohne sich persönlich versichert zu haben, dass sein
Schreibtisch wirklich leer gearbeitet war.
Er fand aber nichts darauf außer einigen
Telefonnotizen von Frau Fuchs, darunter die unerfreuliche Auskunft
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