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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Verfügung zu halten, und war mit einem knappen »Pfüat Gott« aus
dem Büro gegangen.
    Auf Schwemmers Frage an Frau Fuchs, ob Frau Kindel was
gesagt habe, hatte er die spitze Antwort erhalten, dass sie Unterhaltungen mit
der Dame als unerwünscht ansehe und nach Möglichkeit vermeide. Außerdem habe
Frau Kindel nicht einmal den Kaffee getrunken, den anzubieten man ihr befohlen
habe.
    Als Schafmann wieder in Schwemmers Büro auftauchte,
hatte er Uli Schickl im Schlepptau, einen der »alten Hasen« von den
Uniformierten. Schickl grüßte höflich und setzte sich erst, nachdem Schwemmer
ihn aufgefordert und Schafmann längst Platz genommen hatte.
    »Der Uli kennt den Kugler«, sagte Schafmann.
    »Na ja, was heißt schon kennen?« Schickl wirkte nicht
glücklich auf seinem Stuhl. »Ich kenn eher die Familie Kunkel.«
    »Denen gehört das geschändete Grab«, erläuterte
Schafmann.
    »’s Tonerl, also die Antonia Kunkel«, sagte Schickl,
»die da liegt, die wo vor drei Monaten gestorben ist, das war die Mutter vom
Kugler Alois.«
    »Ach?« Schwemmer sah ihn fragend an.
    »Ja, sie war verwitwet und hat wieder geheiratet.
Einen jüngeren, könnt man sagen …« Schickl grinste halb. »Sie war
zweiundneunzig damals, und der Kunkel Bartl war erst einundachtzig. Jetzt müsst
er also so dreiundneunzig sein.«
    »Wie schön«, sagte Schwemmer, einigermaßen
erleichtert. »Fingerabdrücke des Sohns auf dem Grabkreuz der Mutter bedürfen ja
wohl keiner Rechtfertigung.«
    Schafmann zog die Nase kraus. »Wart’s ab«, sagte er.
    »Also, s’ Tonerl, die Antonia, die hat zu Lebzeiten
drauf bestanden, dass da nicht ›verwitwete Kugler‹ aufs Marterl geschrieben
wurde«, erklärte Schickl. »Und der Alois war auch nicht auf der Beerdigung.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Schwemmer. »Vom
Hörensagen?«
    »Ich war da«, sagte Schickl mit einem Achselzucken.
»Und das mit dem ›verwitwet‹ hat sie mir selber erzählt. Das hat sie jedem erzählt, ob er’s wissen wollt oder nicht.«
    Schwemmer schüttelte den Kopf. »Weil er nicht
erwünscht war, geht der Sohn eben später zum Grab und packt dabei an das Kreuz.
Was soll’s?«
    »Die haben sich gehasst , die beiden«, sagte
Schafmann.
    »Nicht nur die beiden«, sagte Schickl. »Der Kunkel
Bartl, der sitzt heut noch jeden Tag im Höllentaler und erzählt, der Alois wär
ein Mörder, das wüsst er vom Tonerl.«
    »Das erzählt der rum? Und der Kugler verklagt den
nicht?«
    »Den tät er nicht mal ignorieren, den Alten, sagt der.
Ich krieg den manchmal mit, wenn er mit seinen Spezln beim Kastenwirt hockt.
Nicht zu überhören. Ist ein sehr lauter Mensch, der Alois.«
    »Aber der alte Kunkel hat noch was andres erzählt«,
sagte Schafmann und sah Schickl auffordernd an.
    Schickl wand sich ein bisschen. »Das ist jetzt
aber vom Hörensagen«, betonte er. »Der Bartl soll gesagt haben, ‘s Tonerl hätte
den Beweis gehabt, dass der Alois damals den Burschen in Farchant ermordet
hatte. Und den Beweis, so hat es der Bartl erzählt … so soll er es
erzählt haben«, schränkte Schickl weiter ein, »den Beweis hätt sie mit ins Grab
genommen.«
    »Ach du Scheiße«, sagte Schwemmer. Er blies die Backen
auf, dann drehte er seinen Stuhl zum Fenster und sah schweigend hinaus.
    »Und jetzt?«, fragte Schafmann.
    Schwemmer zuckte die Schultern.
    »Fürs Erste war’s das wohl, Uli«, sagte Schafmann.
    »Gut. Pfüat euch.« Schickl stand auf.
    Schwemmer drehte seinen Stuhl wieder ins Büro. »Uli«,
sagte er, bevor Schickl an der Tür war. »Du warst ja gestern in der Kantine
dabei.«
    Schickl nickte.
    »Schön. Dann nur als Auffrischung: Wenn von dieser
Sache was nach draußen kommt, reiß ich dir persönlich den Arsch auf.«
    Mit einem kleinen Lächeln entschärfte Schwemmer den
Satz, aber nicht sehr.
    Schickl wirkte einigermaßen beeindruckt, als er das
Büro verließ.
    Schafmann grinste. »Junge, du bist ja wirklich sauer …«
    Schwemmer antwortete nicht. Ärgerlich zog er das
Telefon zu sich heran und drückte eine Taste des Festwahlspeichers.
    » EKHK Schwemmer, Garmisch-Partenkirchen«, sagte er, als sein Gegenüber sich meldete.
»Die Frau Doktor Isenwald, bitte.«
    * * *
    Frau Isenwald trug heute helles Blau. Ihre Pumps
gefielen Schwemmer ausnehmend, zumal sie sich wirklich elegant darin zu bewegen
verstand, wie gerade jetzt wieder, als sie sich in den Besucherstuhl sinken
ließ und gleichzeitig ihre schlanken, nylonbewehrten Beine übereinanderschlug,
ohne dass es auch nur

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