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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Heinckes
erschrocken.
    Johanna wusste nicht, ob sie lachen oder weinen
sollte.
    »Lernt der Bua denn?«, fragte sie schließlich.
    »Ja, er ist fleißig.«
    »Dann schafft er’s a.«
    Frau Heinckes strahlte sie an. »Danke, Frau Kindel«,
sagte sie erleichtert. Sie suchte in der Einkaufstasche herum, die an ihrem
Handgelenk baumelte, und zog ihr Portemonnaie heraus.
    »Was machens denn da? Herrschaftszeiten, i nehm do
kein Geld!«
    Als hätte sie nichts gehört, zog Frau Heinckes einen
Zwanziger daraus hervor und versuchte, ihn ihr in die Hand zu drücken.
    »Na! Lassens des!«
    Aber Frau Heinckes griff nach ihrem Handgelenk und
friemelte mit der anderen Hand den Geldschein in ihre geschlossene Faust.
    »Nur als Dankeschön«, sagte sie, dann ging sie eilig
weiter die Straße hinunter.
    * * *
    Schafmann trug solide Haferlschuhe, wie Schwemmer
einigermaßen befriedigt feststellte, als der Kollege sein Büro betrat. Er
wirkte sogar gut gelaunt.
    »Keine Gicht?«, fragte Schwemmer.
    »Harnsäurewert ist im grünen Bereich.«
    »Und was war’s dann?«
    »Wahrscheinlich sind meine neuen Joggingschuhe zu
eng.«
    »So …« Schwemmer unterdrückte ein Grinsen.
    »Wie war’s bei den Satanisten?«, fragte Schafmann.
    »Dieser Herr Gärtner sieht Gespenster«, sagte
Schwemmer. »Die Burschen sind allenfalls was fürs RD . Oder den Staatsschutz. Wenn nächstes Mal Schmierereien
an der Kriegergedächtniskapelle sind, würd ich da mal nachfragen. Satanisten
sind das jedenfalls keine.«
    Es klopfte an der Tür, und Frau Fuchs schaute herein.
Sie wirkte verschüchtert.
    »Was gibt’s denn?«, fragte Schwemmer.
    »Da ist schon wieder die Frau Kindel«, flüsterte Frau
Fuchs.
    Schwemmer stieß ein Seufzen aus. »Was will sie denn?«
    »Sagt sie mir nicht.«
    Schwemmer sah Schafmann an. »Steht was Dringendes auf
dem Zettel?«
    »Nein«, antwortete Schafmann.
    »Schad«, sagte Schwemmer.
    »Dann will ich nicht stören«, sagte Schafmann und
griff nach der Türklinke.
    »Nix da«, sagte Schwemmer. »Diesmal bleibst du hier.«
Und dann, zu Frau Fuchs: »Sie möchte einen Moment warten.«
    Frau Fuchs schloss die Tür hinter sich
    »Und wenn sie nicht reden will, wenn ich im Raum
bin?«, fragte Schafmann.
    »Dann soll sie halt wieder gehn.«
    Schafmann lachte leise. »Was ist denn? Warum so
ungnädig?«
    »Gestern Abend ruft mich doch tatsächlich der Lortzig
zu Hause an«, brummte Schwemmer und griff nach seiner Kaffeetasse.
    »Wegen der Kindel?« Schafmann wirkte nicht überrascht.
»War das das erste Mal?«, fragte er.
    »Ja. Wieso?«
    Schafmann grinste ein bisschen. »Ich glaube nicht,
dass du hier viele Dinge tust, von denen Lortzig nichts erfährt.«
    Schwemmer ließ die Schultern sinken und sah Schafmann
beleidigt an. Ihm fehlten die Worte.
    »Für die nächsten Jahre wirst du damit noch leben
müssen. Aber es sind natürlich die alten Hasen, die ihn informieren. Und die
sterben naturgemäß irgendwann aus.«
    »Na toll«, sagte Schwemmer unwillig. »Wahrscheinlich
bin ich dann auch schon in Pension.«
    »Ja. Und dann halt ich dich auf dem Laufenden, was
dein Nachfolger so treibt.« Schafmann lachte.
    Schwemmer seufzte. »Sei’s drum«, murmelte er.
    »Was hat Lortzig denn gesagt?«, fragte Schafmann.
    »Die Kindel sei vielleicht ein guter Mensch, brächte
mich aber in Teufels Küche.«
    Schafmann wirkte amüsiert. »Da könnte er recht haben.«
    »Wie denn? Es gibt keinen Mordfall. Das ist ja
wohl ein wesentlicher Unterschied zu damals.«
    »Immerhin steht sie schon wieder vor der Tür. Ich würd
dir ja gern mit einem Rat zur Seite stehen – wenn ich nur die geringste Idee
hätt, was sie dir gestern erzählt hat.«
    Schwemmer nickte einsichtig und gab ihm einen Abriss
von Frau Kindels Aussage, wenn man die so nennen mochte, ihrem gemeinsamen
Ausflug zum Grubenkopf und der von Dräger zerpflückten Spur.
    Schafmann hörte sich die ganze Geschichte in
respektvollem Schweigen an.
    »Das klingt ja halbwegs beruhigend«, sagte er dann.
    »Schön, dass du das so siehst. Ich bitt sie jetzt
rein, und du versuchst, freundlich zu bleiben, ja?«
    Schafmann nickte gnädig, und Schwemmer rief Frau Fuchs
an.
    Als Frau Kindel in den Raum kam, wirkte sie anders als
am Tag zuvor, müder und schwächer. Ihre Augen sahen aus, als hätte sie geweint.
Schwemmer bot ihr mit einer Geste Platz an, und sie sank auf den Besucherstuhl.
    Ein paar Sekunden sammelte sie sich, schnäuzte sich
kurz in ein Papiertaschentuch, dann sah sie Schwemmer an und

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