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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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gewechselt,
aber seit ein paar Wochen war er immer in der Nähe. Er kam aus Bratislava, das
gehörte zu dem wenigen, das er Severin erzählt hatte, und dass er bei einem
Vetter in Burgrain wohnte. Er sprach recht gut Deutsch, wenn auch mit einem
harten slawischen Akzent. Severin schätzte ihn auf sechzehn, auch wenn seine
Augen älter wirkten. Er hatte absolut nichts gegen Petr, aber irgendwie schien
der sich nicht für ihn zu interessieren, und von Schibbsie konnte man fast
glauben, dass er nicht wollte, dass Severin in Petrs Nähe kam.
    Severin drehte sich um, als er von einer sanften
Stimme angesprochen wurde.
    »Hi, Chef«, sagte Inga. »Wie geht’s?«
    »Cool«, sagte Severin.
    Mit Inga hatte er nicht gerechnet. Fast ein halbes
Jahr lang hatten sie zusammen die Pausen verbracht, Hausaufgaben gemacht,
hatten gechillt und auch mal gefeiert. Und dann auf einmal, seit bald drei
Monaten nun, hatte sie ihn komplett ignoriert. Eigentlich hatte er sich
mittlerweile damit abgefunden, dass sich das nicht mehr ändern würde, wenn ihm
auch nicht ganz klar war, was er getan hatte, um es zu verdienen.
    »Hast du das Protokoll von dem Bio-Projekt?«, fragte
Inga.
    Er lachte auf. »Ach so«, sagte er.
    »Ja, ach so«, sagte sie schnippisch. »Darf ich das
nicht fragen?«
    »Scho. I hab nur gedacht, es war vielleicht was
Wichtigs.«
    »Bio ist doch wichtig, oder?«
    »Freilich.« Severin hielt weiter nach Schibbsie und
Girgl Ausschau und versuchte gleichzeitig mit einem Auge festzustellen, ob Petr
noch vor dem Tor auf der Straße war.
    Inga schien mit geteilter Aufmerksamkeit nicht
zufrieden.
    »Hast du das Protokoll oder nicht?«, fragte sie
ärgerlich.
    »Ja, aber ned dabei«, sagte Severin scharf. »Seit drei
Monat behandelst mi wie Luft, ohne an Grund. Und jetzat kommst daher, als war
nix gwesen.«
    »So.« Inga sah beleidigt zur Seite. »So siehst du das.
Ohne irgendeinen Grund.« Sie kniff die Lippen zusammen, nickte entschlossen und
rauschte davon.
    »Shit«, murmelte Severin. »I werd no narrisch.«
    Plötzlich knuffte ihn jemand heftig auf den Oberarm.
    »Na, Chef, was geht ab?« Schibbsie grinste ihn an.
    »Einiges«, antwortete Severin und grinste schief
zurück.
    Girgl stand neben Schibbsie. »Morgn is Prob«, sagte
er.
    »Klar«, sagte Severin.
    »Hast den neia Basslauf scho drauf?«
    »Logisch.«
    Girgl nickte zufrieden.
    »Und was ist mitm Riff ausm Mittelteil? Das mitm
Fünfertakt in der Mittn?«, fragte Severin. »Läuft das?«
    »Freili«, sagte Girgl, aber er sah ihn nicht an.
    »Den Fünfer kriegt Spacko sowieso nicht hin«, sagte
Schibbsie und lachte.
    »Keine Ahnung, was dran lustig sein soll«, sagte
Severin. »Wann der so weitermacht …«
    »Was dann?« Schibbsies Laune blieb unerschüttert.
»Willst du ihn rausschmeißen?«
    Severin zuckte die Achseln.
    »Hey, Alter …« Schibbsie griff ihm freundschaftlich an
die Schulter. »Jetzt halt mal den Ball flach. Einen Besseren finden wir hier ja
doch nicht.«
    Severin warf einen Blick ins Rund. Auf dem Pausenhof
wimmelte es von Schülern, aber im Moment waren sie ungestört. Er gab sich einen
Ruck.
    »Sagts mal … habts ihr a Ahnung, ob da Spacko was
vorhat? Was … Illegales oder so?«
    Die Blicke der beiden wirkten plötzlich alarmiert, und
Schibbsies Grinsen war nicht so locker, wie es wirken sollte.
    » Unser Spacko? Was Illegales?« Schibbsie
lachte, und Girgl stimmte ein, aber es klang nicht echt.
    »Wieso ned? Schließlich dealt er auch, wann er was
hat.«
    »Mit Gras. Wenn er was hat. Einmal im Jahr,
wenn dieser obskure Kumpel aus Holland in München war.« Schibbsie winkte ab.
»Also unter Dealen stell ich mir was anderes vor.«
    »Oder was is mit’m Petr?«
    »Wie kommst du auf den ? Spacko kennt den doch
kaum«, sagte Schibbsie. »Was soll das denn eigentlich sein, was er vorhat?«
    »Weiß ned. Irgendwas oben an da Straßn zum Reschberg.«
    Die Mienen seiner beiden Freunde gefroren.
    »Hat er dir das erzählt?«, fragte Schibbsie.
    Severin schüttelte den Kopf.
    »Woher woaßt denn des?«, fragte Girgl.
    Schibbsie warf ihm einen wütenden Blick zu, aber Girgl
zuckte die Achseln. »Der woaß es doch eh.«
    »Ihr steckts also a mit drin?«, fragte Severin.
    Schibbsie warf einen prüfenden Blick über die
Schulter, bevor er leise antwortete:
    »Was immer Spacko dir erzählt hat: Vergiss es einfach.
Und wir alle vergessen dieses Gespräch.«
    Er grinste, aber ein gefährlich kaltes Glimmen stand
in seinen Augen.
    Der Gong ertönte und beendete

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