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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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meinte Haderteuer.
    * * *
    Schwemmer überquerte die Straße. Er schirmte seine
Augen mit der flachen Hand ab und ging nah an die Scheibe des leeren
Schaufensters im Erdgeschoss heran. Aber es gab nichts zu sehen, außer einem
schmuddeligen Teppichboden, einem Plastikeimer und einem Karton mit der
Aufschrift ULTIMATIVE-PC-AUTOMATION
GARMISCH-PARTENKIRCHEN – UND DU SCHAFFST ES!
    Und eine Treppe.
    Schwemmer trat ein paar Schritte zurück und sah zum
ersten Stock hoch. Das Licht war ausgegangen, als er vom Hotel her die Straße
überquert hatte. An den Fenstern waren Jalousien, und Schwemmer war sich
ziemlich sicher, hinter einer eine Bewegung wahrzunehmen.
    Sicher genug, seinen Dienstausweis hochzuhalten und
auf die Eingangstür zu zeigen. Er blieb eine halbe Minute so stehen, bis ein
sehr dunkelhäutiges Ehepaar in brandneuen Wanderschuhen an ihm vorbeiging und
ihn sehr befremdet ansah. Das Licht hinter den Jalousien ging wieder an, und
Schwemmer marschierte zur Eingangstür. Wenn der Mensch da oben unbemerkt
bleiben wollte, konnte er es sich nicht leisten, einen Clown vor der Tür stehen
zu haben.
    Der Mann, der Schwemmer die Tür öffnete, sah nicht aus
wie ein BKA -Mann, auch wenn
Schwemmer aus Erfahrung wusste, dass das System hatte. Er war irgendwas
zwischen fünfunddreißig und fünfundfünfzig, knapp eins siebzig groß, hatte sehr
schütteres, sehr aschblondes Haar und ein staunenswert selbstbewusstes
Auftreten.
    Die gläserne Ladentür aufschließen, öffnen und
Schwemmer am Arm ins Innere zerren war eins.
    »Sagen Sie mal, haben Sie sie noch alle?«, blaffte er
Schwemmer an. »Was sollte denn dieser Quatsch grade?«
    Schwemmer hob die Rechte und befreite sich mit einer
betont langsamen Bewegung von der Hand seines Gegenübers, die immer noch an
seinem Oberarm hing.
    » EKHK Schwemmer, Kripo Garmisch«, sagte er und hielt ihm seinen Dienstausweis unter
die Nase. »Und Ihren Namen habe ich gerade nicht verstanden.«
    Und der geht Sie auch nichts an, hätte der Mann am
liebsten gesagt, jedenfalls stand das in seinem hasserfüllten Blick.
    »Hauptkommissar Schneider«, sagte er dann aber doch. » BKA .«
    »Angenehm, Herr Schneider«, sagte Schwemmer. »Wo Sie
gerade meinen Dienstausweis gesehen haben, zeigen Sie mir doch bitte auch
Ihren.«
    Schneider schien einen Moment zu brauchen, bis er
verstand, was Schwemmer meinte, aber dann zog er eine zerknitterte
Kunstledermappe aus der Gesäßtasche und reichte sie Schwemmer.
    Er las sich den Ausweis durch. Schneider war
tatsächlich erst achtunddreißig. Und er war bei der Innenrevision.
    Schwemmer reichte ihm die Mappe zurück. »Sollen wir
nicht raufgehen? Nicht dass Sie jemandem da draußen auffallen.«
    Schneider ging wortlos vor ihm her die Treppe hoch.
    Im ersten Stock waren drei Räume, alle nicht sehr groß,
in zweien lagen Luftmatratzen und Seesäcke, im letzten, der dem Hoteleingang am
nächsten lag, stand die Technik. Eine fette Digitalkamera auf einem Stativ, die
durch die schräg gestellte Jalousie gerichtet war, ein Richtmikrofon, das
unbenutzt in einer Ecke lag, und drei PC s
plus jede Menge Schnickschnack. Alle Computer liefen.
    »Was wollen Sie hier? Uns auffliegen lassen?«
Schneider setzte sich auf einen der drei billigen Klappstühle. Er bot Schwemmer
keinen Platz an, also setzte er sich ohne Einladung.
    »Wer hat Sie eigentlich informiert?«, bellte
Schneider.
    »Halten Sie bitte mal den Ball flach, Herr Kollege.
Informiert hat mich das Hotel. Die haben sich beschwert über einen Mietwagen
der Firma Schmitt, der Taxen mit einem bestimmten Fahrgast verfolgt. So viel
zum Thema Auffliegen.«
    Schneider verlor einiges von seiner Selbstsicherheit.
Er schob das Kinn vor, sagte aber nichts.
    »Leiten Sie die Operation?«, fragte Schwemmer.
    Schneider nickte stumm.
    »Wenn schon die vom Hotel Sie bemerkt haben, dann hat
Bredemaier es auch«, sagte Schwemmer.
    Schneiders Blick wurde hektisch. »Den Namen haben Sie
nicht von uns!«, sagte er.
    »Aber natürlich nicht, Herr Schneider. Den hab ich
auch nicht vom Hotel. Da bin ich ganz alleine draufgekommen.«
    Schneider sank zusehends in sich zusammen.
    »Ich bin nämlich die Polizei«, setzte Schwemmer hinzu.
    Den Spruch hab ich mir verdient, dachte er. Nach dem Tag darf ich mir auch mal was gönnen.
    »Ich kann Ihnen keinerlei Auskünfte geben«, sagte
Schneider heiser.
    Schwemmer seufzte mitleidig. Er sah sich um. Einer der
drei Monitore zeigte einen Ortsplan von Garmisch-Partenkirchen. Ein

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