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Die Seherin von Garmisch

Titel: Die Seherin von Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Punkt
blinkte stetig auf dem Rathausplatz.
    »Ist er im Irish Pub?«, fragte Schwemmer.
    »Nein«, flüsterte Schneider. »In der Kneipe daneben.«
    »Er hat ja schon einen außergewöhnlichen Geschmack«,
sagte Schwemmer und bemerkte leicht amüsiert, dass Schneider nickte.
    Auf dem zweiten Bildschirm war ein halbes Dutzend
Tabellen zu sehen, lange Reihen von Zahlenkolonnen. Die Spalten waren mit
Handynummern übertitelt.
    »Wie viele Handys hat er?«, fragte Schwemmer.
    Schneider schwieg.
    »Na kommen Sie schon!«, sagte Schwemmer scharf.
    »Er benutzt zwei, zurzeit.«
    »Hat er mit einem eine SMS abgesetzt, heute gegen vierzehn Uhr?«
    Schneider sah ihn hasserfüllt an, aber er schob seinen
Stuhl an den Bildschirm und fuhr mit dem rechten Zeigefinger eine der Tabellen
entlang.
    »Ja«, sagte er dann.
    »An wen?«
    »Wissen wir nicht. Sie wurde in Grainau empfangen, die
Nummer kennen wir nur durch Bredemaier. Nicht registriert, hatte bisher nur
Kontakt zu einer einzigen anderen Nummer, ebenfalls nicht registriert.«
    »Was war der Text?«
    »›Exodus Finito‹. Unmittelbar nach Empfang wurde das
Handy ausgeschaltet. Endgültig, bisher. Bredemaiers übrigens auch.«
    Schwemmer kaute auf der Unterlippe. Obwohl er mit der
Auskunft gerechnet hatte, war es ein sehr neues und unangenehmes Gefühl, zu
wissen, dass er einen Maulwurf im Haus hatte.
    Und er konnte nichts unternehmen.
    Nicht alleine.
    Schwemmer nahm die Maus und klickte auf das
»Print«-Feld unter den Tabellen. Auf dem Tisch nebenan begann ein Laserdrucker
zu surren.
    »He, was machen Sie da?«, protestierte Schneider, aber
Schwemmer brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
    »Ich muss Sie bitten, Ihren Vorgesetzten anzurufen,
Herr Schneider«, sagte er. »Jetzt.«
    In Schneiders Gesicht arbeitete es. Das bedeutete für
ihn, seinem Chef ungefiltert gestehen zu müssen, aufgeflogen zu sein.
    »Wenn Sie es nicht tun, tu ich es«, sagte Schwemmer.
    Schneider nickte unfroh und griff nach seinem Handy.
    * * *
    Frau Würzburg oder wie sie hieß zog Severin am Oberarm
den Gang entlang hinter sich her. Herr Haderteuer ging neben ihnen. Dem
leichten Grinsen auf seinem Gesicht nach schien er sich zu amüsieren, was
Severin noch saurer machte. Haderteuer schloss eine Tür auf, als Kommissar
Schafmann aus dem Raum gegenüber trat.
    »Zu euch wollt ich gerade«, sagte Schafmann zu den
beiden Polizisten. »Bringt mir den Burschen doch mal rein.«
    Severin schöpfte Hoffnung. Schafmann schien zwar auch
ein harter Brocken, aber gemessen an der übel gelaunten Frau, die gerade
versuchte, ihn durch die Tür zu schubsen, war er auf jeden Fall die angenehmere
Alternative.
    »Aufgeschoben, nicht aufgehoben«, zischte ihm die
Polizistin ins Ohr, während sie ihn zu Schafmann hineinbugsierte. Als die Tür
sich hinter ihr schloss, hätte Severin wohl erleichtert aufgeatmet, wenn er
nicht gleichzeitig Schibbsie entdeckt hätte, der finster blickend auf einem
Stuhl hockte.
    »Hey, Oida, ois klar?«
    Schibbsie antwortete nicht. Er musterte nur angewidert
seine Maskerade mit der verschmierten Schminke. Dann drehte er den Kopf zur
Wand.
    »Die Herren kennen sich ja«, sagte Schafmann. »Nehmen
Sie Platz, Herr Kindel.«
    Der Raum war ganz ähnlich dem, aus dem er gerade
abtransportiert worden war. Ein Tisch, ein Aufnahmegerät, vier Stühle, eine
unangenehm helle Neonleuchte an der Decke. Als Severin sich auf den Stuhl neben
Schibbsie setzte, sah er, dass er Handschellen trug.
    Seine hatten sie ihm abgenommen, als sie ihn in das
Vernehmungszimmer verfrachtet hatten. Schibbsie hielten sie wohl für
gefährlicher.
    »Der Herr Schieb redet nicht mit uns«, sagte Schafmann
freundlich. »Aber vielleicht können wir uns gemeinsam ein wenig unterhalten.«
    Schibbsie zog angeekelt die Mundwinkel nach unten.
Immer noch hatte er Severin nicht angeschaut.
    »Der Herr Kindel ist ja allgemein als Chef bekannt«,
sagte Schafmann. »Bekommen Sie von ihm Ihre Anweisungen?«
    Darauf konnte Schibbsie seine Ungerührtheit nicht
durchhalten. Ein höhnisches »Ha!« entfuhr ihm.
    »I hab Eane doch gsagt –«
    Schafmann unterbrach Severin mit einer Handbewegung.
    »Ich weiß, was Sie gesagt haben. Jetzt interessiert
mich seine Meinung.«
    »Anweisungen! Mir gibt keiner Anweisungen«, zischte
Schibbsie.
    »Dann geben also Sie anderen Anweisungen?«
    Schibbsie antwortete nicht.
    Schafmann wartete. Severin meinte, in seinen
Augenwinkeln ein zufriedenes Funkeln zu sehen.
    »Herr Schieb, es geht um Mord. Wir

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