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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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einen Geliebten zu nehmen, vorausgesetzt, sie verhielten sich diskret. »Nach der Hochzeit gehen die Menschen also nicht mehr zu den Tempeltänzerinnen?«
    »Nein!«
    Y’carus lachte. »Nein, ein Mann oder eine Frau können sie jederzeit besuchen, falls sie das Bedürfnis verspüren. Die Männer kommen oft, während ihre Frauen ein Kind austragen. Doch handelt es sich um eine rein körperliche Erleichterung. Ein Akt der Verehrung vor Kela.«
    »Ohne dass das Herz beteiligt wäre?«
    »Bei einer Tempeltänzerin?« Y’carus klang fassungslos.
    »Sie haben Kela Treue geschworen! Sie ist ihr Gemahl!«
    »Sie heiraten nie?«
    »Durch ihre Initiation sind sie mit der Göttin verheiratet.«
    Y’carus deutete nach vorn. »Sieh nur! Dort beginnt die Lagune!«
    Sie kamen inzwischen schnell vorwärts, und der Zeitmesser sang ein vulgäres Lied, das Cheftu zum Erröten brachte, obwohl er in jeder Zeile höchstens ein, zwei Worte verstand. Er fühlte sich unangenehm an die grünäugige Priesterin erinnert.
    »Willkommen an der Einfahrt zur Theroslagune und auf der Insel Aztlan«, rief Y’carus über den ansteigenden Lärm hinweg. Sie durchfuhren eine schmale Meeresschlucht, deren Wände mit jeder Elle steiler wurden. Der Lärm des brausenden Wassers war hier ohrenbetäubend, und Y’carus bedeutete Cheftu, sich mit einem der bestickten Gurte am Boot festzubinden. Sie schossen noch schneller vorwärts, als würden sie einen breiten Fluss hinunterfahren.
    Die Klippen zu beiden Seiten waren aus schräg geschichtetem Gestein und so hoch, dass die Sonne das Wasser noch nicht erreicht hatte. Wie in einer uralten Legende erhob sich die Stadt aus dem Meer, hoch auf den farbigen Klippen thronend. Wohnhäuser und Villen in Weiß, Rot, Schwarz und Gelb, künstlerisch entworfen und bemalt, schwebten halb über dem tiefblauen Wasser. Dahinter gleißte Gold, das alles andere überragte. Jeder Abhang war mit Terrassen überzogen.
    »Das ist die Stadt Hyacinth!«, brüllte Y’carus.
    Cheftu warf einen Blick auf die Sonne und stellte fest, dass sie aus südwestlicher Richtung kamen. Zwei Landzungen, be-völkert und fruchtbar, umarmten sie. Cheftu entdeckte geschäftige Häfen, die sich vor den aufgeschichteten Klippen winzig ausnahmen.
    Sie gelangten an eine Stelle, von der aus die Inseln, die Brük-ken und der Hafen sichtbar waren. Die Insel Aztlan erhob sich weit über die umgebenden Inseln. Auf dem Berggipfel saß eine juwelenfarbige Pyramide. Sie war kleiner als die ägyptischen Pyramiden und ohne Abschlussstein, doch sie war eindeutig als Pyramide zu erkennen.
    Die abgeflachte Goldspitze blendete, selbst auf diese Entfernung, durch die sich darin spiegelnde Sonne.
    Die Strömung schob sie und zog an ihnen, als sie unter der ersten Brücke hindurchfuhren, die Aztlan mit Kallistae verband. »Auf dieser Brücke kommt man nach Hyazinth. Auf der anderen Seite der Landbrücke befindet sich eine zweite Kreuzung, über die man auf die Hauptstraße von Echo gelangt.«
    Der Hafen war voll gestopft mit grell gemusterten Booten. Ein undurchdringliches Sprachengewirr stieg in die Vormittagsluft auf. Erstaunt darüber, wie schnell sie angekommen waren, hielt sich Cheftu am Rande, während die Seesoldaten die Segel refften, die Leinen einholten und den Anker auswarfen.
    Auf nach Aztlan.
    9. KAPITEL
    PAROS
    Zelos stand mit seinen Brüdern Nekros und Posidios in der von Fackeln erhellten Dunkelheit. Auf der Insel Paros, wo Nekros Sippenoberhaupt war, lag ein Großteil der Behausungen und Bauten unter der Erde. Riesige Höhlen, in denen sich die Verwaltung wie auch die Wohnungen der Bürger befanden, wechselten sich mit Steinbrüchen ab, in denen die meisten Männer und Frauen unter Tage arbeiteten.
    Nekros’ weiße Haut leuchtete unnatürlich in der halbdunklen Kammer. Zelos blickte sich, immer noch leicht benommen von der schnellen Reise, in der Höhle um. Die Wände waren feucht - um genau zu sein, war die ganze Höhle kühl wie eine Winternacht, wenn auch ohne den Wind. Er fragte sich schaudernd, wo wohl die Toten bestattet wurden. Der hiesigen Sippe oblagen nicht nur der Unterhalt der vielen Höhlen und Grotten im ganzen Imperium, außerdem die Steinbrüche und die Förderung von Edelsteinen und Metall, die Insel war darüber hinaus auch das Land der Toten.
    Während die meisten Oberhäupter luxuriöse Gutshäuser besaßen oder sich den besten Ausblick gesichert hatten, lebte Nekros ganz allein auf diesem winzigen Inselchen Antiparos, das er nur

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