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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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Hälften ineinander verkeilt. Chloe warf sich mit dem Körper gegen die Tür, die dem Wimmern am nächsten war.
    Thom kam ihr zu Hilfe, und gemeinsam krachten sie in einen Raum, dessen Außenmauern weggebrannt waren. Unter einer Liege, frei unter dem graublauen Himmel, lag eine alte Frau, leise keuchend und mit großen Augen. So wie ihr Atem klang, hatte sie wohl eine punktierte Lunge oder gebrochene Rippen, vermutete Chloe. So sanft wie möglich bugsierten Chloe und Thom sie auf die Liege und banden dann ein Leinen vor das Fenster, damit sie wussten, wo die Frau zu finden war, wenn sie zurückkehrten.
    Sie kräftigen sie mit Wein und Brot und machten sich dann wieder auf die Suche, nun in aller Eile, um nach allen zu rufen, die unter dem tödlichen Schleim noch leben mochten. Überall waren in der Bewegung festgemeißelte Leichen und verkohlte Knochen zu sehen, die aus dem grauen Schlamm herausragten. Feuer und Schlamm, dachte Chloe. O Gott!
    Die Sonne stand tief am Himmel. Alle acht zusammen hatten zwanzig Überlebende ausfindig gemacht. Hunderte von Leichen, doch nur zwanzig Überlebende. Das Wasser hatte Unzählige davongeschwemmt, die Brände hatten Tausende das Leben gekostet. Und dabei hatten sich ihre Rettungsbemühungen nicht einmal auf das Inselinnere erstreckt, wo die Verwüstungen am schlimmsten waren. Die meisten Sippenangehörigen würden nie gefunden werden.
    Chloe überließ die ihr Anvertrauten der medizinischen Obhut der Kela-Tenata auf Paros und stolperte müde zurück zu ihrem Schiff, im Kopf das Bild eines Frauenarms, der winkend und endgültig ausgezählt aus dem Schlammozean herausragte, als wollte er den Himmel um Hilfe anflehen.
    Die nicht gewährt wurde.
    Sie zitterte und zwang sich über die Planke. Bett, dachte sie. Ich will nur noch schlafen. »Sei gegrüßt, Sibylla.«
    Chloe blinzelte und richtete den Blick auf den Mann, der wie ein König mitten auf ihrem Deck thronte. Trotz ihrer Erschöpfung spürte Chloe ein Zucken in ihrem Leib. Er sah phantastisch aus. Umwerfend, Calvin-Klein-Modelmäßig atemberaubend. Wer war das?
    Dieses phantastische Wesen trat auf sie zu, nahm sie in die Arme und küsste sie zärtlich auf Hals und Ohr. »Meine arme Sib, du bist erschöpft! Wie schwer hast du heute gearbeitet! Komm, ich helfe dir zu entspannen, Sib.« Er küsste sie auf die Wangen, dann auf den Mund, und schließlich schloss er sie in die Arme. Chloe stupfte die schlafende Sibylla wach. Wer ist das?
    »Spürst du mich, Sib?«
    Chloe riss die Augen auf. Der Mann roch würzig, dunkel und erotisch, und ihr Herz klopfte wie wild. Seine Stimme klang kehlig und rollte wie ferner Donner durch ihre Nerven. Wer war das? »Fühlst du es?«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Weißt du, was ich heute bekommen habe? Ohne dass du dabei warst, muss ich zu meinem Bedauern sagen.«
    Chloe fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen und suchte angestrengt nach einer Antwort. Offenbar kannte dieser Mann sie näher - nein, verdammt nahe. »Es ist härter, als ich in Erinnerung habe«, sagte er, und sie wand sich aus seiner Umarmung.
    Ohhh, du meine Güte, dachte sie, als sie in seine Augen aufsah. Zum einen war es eine neue Erfahrung, aufzusehen. Bei ihrer Größe hatte Chloe noch nicht zu vielen Männern aufgesehen, vor allem, seit sie in fremden Körpern durch die Antike spazierte. Und dann diese Augen; dieser Knabe hätte alle Chancen bei einer Model-Agentur! Er war so schön, dass es nicht zu beschreiben war, er war .
    Er war bestimmt schwul.
    »Sieh!«, sagte er und legte einen Finger an seinen Hals. Chloes Blick wanderte von seinem Gesicht auf seinen bronze-farbenen, muskulösen Hals. Schließlich kam er auf dem Anhänger zu liegen. Das war also so hart, das war neu! Eine kurz aufflackernde, geklaute Erinnerung fügte die Teile zu einem Bild zusammen.
    »Du hast also deine Sippe wieder übernommen, Dion?«
    Er lächelte traurig und deutete auf die Felsentrümmer jenseits der Meerenge. »Es ist kaum mehr etwas davon übrig, Sib.«
    »Zelos war einverstanden, eine Rettungsmannschaft loszuschicken.«
    »Aber nur heute«, sagte Dion. »Die zwanzig, die ihr gefunden habt, werden die zwanzig sein, mit denen ich die Sippe des Rebstocks zu neuem Leben erwecke.« Er sah sie an. »Sag, sind Männer und Frauen darunter?«
    »Sogar ein paar Kinder«, antwortete sie, einigermaßen angeekelt von seiner Einstellung. Dachten diese Leute denn immer nur an den Profit?
    Er nahm sie am Arm und zog sie in das am

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