Die Seherin von Knossos
zusammen! Er hatte sie erkannt! Er liebte sie!
Der Kontrast seines schwarzen Haares zu ihrer helleren Haut war selbst in der Dunkelheit wahrzunehmen. Er küsste sie auf den Bauch, auf die Innenseite der Schenkel, und Chloe ließ sich mit einem leisen Stöhnen zurücksinken. Sie existierte nur noch in ihren Sinnen und hatte das Gefühl, nackt bis auf die Knochen vor ihm zu liegen, während Stromstöße ihren Körper durchzuckten. Er zwängte seine Finger in ihren Mund, und sie saugte an ihnen, wie um das zu imitieren, was sie innerlich zersplittern ließ. Chloe wimmerte, fror und schwitzte abwechselnd, bis sich ihr Körper bebend und unter Tränen auflöste.
Er zog sie auf seine Schenkel und drang in einer einzigen langsamen Bewegung in sie ein. Chloe schlang die Arme um seinen Hals und nahm seine Stöße in sich auf, immer noch bezaubert von dem Wunder, das er an ihr gewirkt hatte. Seine Lippen drückten sich in ihren Hals, so dass ihre Haut sein Keuchen erstickte, bis er am Ende zur Ruhe kam.
Wie ein einziger Körper sackten sie zu Boden. Ihr Geliebter war zurückgekehrt, er lag in ihren Armen. Chloe war so glücklich, dass sie am liebsten geweint hätte. »Iii, Cheftu«, flüsterte sie, die Hand in seinem Haar.
Seine Lippen streiften ihr Ohr, seine Stimme klang rauchig und duftete nach Wein. »Du wolltest mich also noch einmal besitzen, Sibylla?«
Noch einmal?
Chloes Lider flogen auf.
»Ich muss dich um Verzeihung bitten, dass ich mich so weggeschlichen habe«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass du das Oberhaupt einer Sippe bist.« Er küsste sie aufs Ohr. »Ich wollte nicht respektlos erscheinen.«
Was zum Teufel erzählte er da? Chloe donnerte an Sibyllas geistige Tür, um eine Erklärung einzufordern.
Er küsste ihre, Sibyllas Schulter. »Du bist einzigartig, Herrin.«
Chloe konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihr Körper bebte immer noch nach dem Liebesakt, und er wusste nicht, wer sie war? Er hatte sie gar nicht wiedererkannt? Woher kannte er Sibylla? So leidenschaftlich, so grafisch liebte er also eine Frau, obwohl er sie erst . erst . wer weiß wie lange kannte?
Chloe überlegte, ob sie Sibyllas geistige Tür einfach eintreten sollte. Cheftu hat mit einer anderen Frau geschlafen? Also gut, mit mir in einer anderen Frau? Aber ich war gar nicht dabei! Nach einem letzten trotzigen - und nicht beantworteten - Rütteln an der Tür in ihrem Geist durchwühlte sie Sibyllas Erinnerung.
Knossos. Rituale. Aha!
Sie wusste nicht, ob sie eher Schmerz oder Wut empfand. Sie wusste nur, dass sie ihn am liebsten umgebracht hätte. Und dass sie am liebsten fortgelaufen wäre. So weit wie möglich. Er erkannte sie nicht? Der Mann, der versprochen hatte, sie in jedem Jahrhundert, in jedem Körper zu finden, dieser Mann erkannte sie nicht einmal, wenn sie einander liebten? Zweimal?
Er löste sich von ihr, legte sich auf den Rücken und begann allem Anschein nach zu dösen. Ihr Cheftu hatte nach dem Sex immer plaudern wollen. Wie war es möglich, dass er sie nicht erkannte? Chloe setzte sich auf, richtete ihren Rock, stopfte ihn unter ihre kalten Füße und rückte dann die Jacke gerade. Das war das letzte, das allerletzte Mal, dass Cheftu sie berührt hatte, ohne zu wissen wen er da berührte!
»Das darf nicht wieder geschehen«, sagte er halb lallend. »Ich begehre dich zwar, doch nach dieser Nacht kann ich nicht mehr .«
»Glaub mir, Abstinenz ist kein Thema«, fiel sie ihm kühl ins Wort.
Auf ihre Bemerkung hin schlug er die Augen auf und stützte sich auf einem Ellenbogen auf. Sein Haar war ebenso zerzaust wie ihres, und er hatte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, seinen Schurz glatt zu streichen. »Höre ich da Zorn? Habe ich dich nicht zufrieden gestellt?«
Ganz im Gegenteil, dachte sie. »Deine Fähigkeiten sind einer Tempeltänzerin würdig.«
Cheftu setzte sich auf und kniff die Augen zusammen.
»Im Gegensatz zu deinem Benehmen.«
Wütend und die Tränen zurückblinzelnd, schoss Chloe hoch. War ihre Liebesaffäre auf Ägypten beschränkt gewesen? Fühlte er sich vielleicht nicht zu ihr hingezogen, wenn sie keine Ägypterin war? Waren ihre Seelen in Wahrheit nicht miteinander verbunden? Hatte sie sich etwas vorgemacht?
Cheftu stand ebenfalls auf, packte mit einer Hand ihre beiden Handgelenke und zog mit der anderen seinen Schurz gerade. »Ich kann es nicht leiden, wenn eine Geliebte mich ohne ein freundliches Wort verlassen will.«
So wie du Sibylla, mich, in Knossos verlassen hast,
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