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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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dachte sie. »Vielleicht erntest du jetzt, was du gesät hast?«
    Er ließ seine Hand fallen. »Wie ich sehe, vergibst du nicht so schnell.«
    »Du hingegen vergisst nur zu schnell!«, Chloe musste gegen die Tränen ankämpfen. Er sah sie stirnrunzelnd an und fuhr mit der Hand über sein Gesicht, in einer Geste, die so typisch für Cheftu war, dass es ihr wehtat. Was war geschehen? Er berührte ihr Gesicht und sah sie fragend an, als sie sich ihm entwand.
    »Ich will dich wieder sehen, Sibylla. Die Götter mögen mir helfen, das will ich.«
    Sie beobachtete, wie das Gesicht, das sie bis in die kleinste Kleinigkeit in ihrer Erinnerung bewahrt hatte, von den Brauen bis zu den Fältchen um Mund und Augen, näher kam. Seine Pupillen waren geweitet, und sie erkannte nur zu gut das Begehren in seiner Miene.
    Nach einer anderen.
    »Scher dich zum Teufel«, sagte sie auf Englisch. Sie hob ihre Röcke und lief weinend davon.
    11. KAPITEL
    Cheftu brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass sie Englisch mit ihm gesprochen hatte.
    Englisch!
    Grüne Augen, schwarzes Haar, eine Haut, die ihn nur zu gerne aufnahm, ein Geist, bei dessen Anblick er schon neuen Lebensmut spürte. Cheftu presste die Hand auf seine Brust und spürte, wie sein Herz donnerte. Er war nicht mehr in der Lage zu atmen, er wagte gar nicht, sich das vorzustellen. Er hatte ihren zerschmetterten Körper gesehen, ihren Leichnam! Die Ägypter hatten ihm erklärt, sie sei von ihm gegangen.
    Und zwar in einen anderen Körper!
    Das erklärte so vieles! Doch wieso hatte sie ihm das nicht schon in Knossos erklärt? Wieso hatte sie ihn glauben lassen, sie sei tot und er würde bis an sein Lebensende um sie trauern? Wieso floh sie jetzt vor ihm? Sein Herz schlug langsamer, und Cheftu begann sich zu fragen, ob sie sich wohl darüber freute, dass er hier war. Sie war nur zu gern mit ihm ins Bett gegangen, aber .
    Trunken von Sex und Wein und fast krank vor Anspannung stolperte er ihr nach. »Chloe!«, rief er aus. »Chloe! Sibylla!« Der Mond spendete sein fahles Licht, doch er kannte sich nicht in den Gärten aus, die wie alles in Aztlan als Labyrinth angelegt waren. Er musste sie finden! Mon Dieu, er hatte mit seiner eigenen Frau die Ehe gebrochen. War das überhaupt möglich? Der Gedanke ließ ihn straucheln, und er begann erst zu fluchen und dann die Natur zu verwünschen, als sich ein paar Wolken vor den Mond schoben. »Chloe!«, rief er ihr auf Französisch nach. »Chloe, mon amour, ich bin ja so blind! Bitte, Chloe!«
    Schweigen antwortete ihm, und er blieb stehen, nach Luft ringend und gegen den Alkohol in seinen Adern ankämpfend, um nicht umzukippen. Sie war nicht tot, sie war am Leben! Sie war hier! Selbst wenn sie ihn jetzt hasste, er hatte eine Chance, er konnte sie zurückgewinnen. Er durfte sie sehen, sie berühren. Die Tränen, die er so viele verlorene, qualvolle Wochen lang zurückgehalten hatte, begannen über seine Wangen zu fließen. Seine Liebe war am Leben, sie war hier. Schluchzend sank Cheftu auf die Knie.
    Gott sei Dank! Grâce à Dieu!
    Ihre Hand legte sich auf seine Schulter, und Cheftu zog sie an seinen Mund, um ihre langen, klugen Finger zu küssen und mit Tränen zu netzen. So blind! Sie blieb stehen, sie verweigerte sich, doch das war Cheftu gleich. Sie war hier! Sie lebte. Er vergrub sein Gesicht in ihrem Rock, in dessen bunt gemusterter Wolle sich ihr beider Geruch vermengte. Sein Körper hatte sie erkannt und hinter ihre Fassade gesehen, auch wenn sein Geist das nicht vermocht hatte.
    Er weinte vor Erleichterung, erstarrte jedoch, als sie sein Haar berührte und behutsam mit den Fingern über seine Kopfhaut und an der Haargrenze entlang fuhr. »Wie ist es so lang gewachsen?« Ihre Stimme klang weich, und Cheftu musste unter seinen Tränen lächeln. Ihre ständigen Fragen nach dem Wie und Wieso - wie brachte diese Frau sein Leben zum Leuchten!
    »Es ist angeflochten.« Seine Stimme drang gedämpft durch ihren Rock, und seine Arme schmerzten, so fest hielt er sie. »Iii, Chloe, Geliebte, mein Herz. Vergib mir.« Sie versteifte sich. »Ich - ich hätte das nicht zu hoffen gewagt.«
    »O Cheftu«, antwortete sie und glitt gleich darauf schlangengleich durch seine Arme nach unten, bis ihr Mund auf seinem lag und Cheftu unter seinen Tränen sie, seine Chloe, schmeck-te. Ihre Begierde war so stark, so elementar, dass sie nur ihre Kleider anhoben, um sich miteinander zu verbinden, die Gesichter einander zugewandt, bis nach kürzester Zeit die

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