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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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das ihm der Eine Gott sandte?) setzten sich die beiden Männer. Cheftu wartete gespannt. Dion war förmlich gekleidet, und nur ein, zwei winzige Flecken unter seinen Augen verrieten, dass er in der vergangenen Nacht dem Rebensaft und dem Tanz zugesprochen hatte.
    »Ägypter, der Rat hat beschlossen, und ich wurde ausgewählt, dir diesen Beschluss zu überbringen, dass du dich einer Prüfung unterziehen sollst.«
    »Welcher Art?«
    »Spiralenmeister war auf allen Feldern beschlagen wie zum Beispiel der Mnasonik, Al-Khem, Medizin, Astronomie, Mathematik, Physik, Geometrie, Biologie, Geistreise.« Dion fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und lächelte einfältig. »Da du uns unbekannt bist und seine Position einnehmen willst, möchte der Rat, dass du dich jenen Prüfungen unterziehst, die der Spiralenmeister von jedem seiner Nachfolger gefordert hätte.«
    »Wann?«, fragte Cheftu. Er wagte nicht, seiner Furcht, er könnte dabei versagen, Ausdruck zu verleihen. Ein paar der Dinge, die Dion aufgezählt hatte, waren ihm vollkommen fremd, jedenfalls als Bezeichnung.
    »Morgen früh.«
    »Mir bleibt keine Zeit zur Vorbereitung?« Ich bin dazu ausersehen zu versagen, dachte Cheftu.
    Dion zog die Achseln hoch.
    »Du hast den heutigen Tag. Ich -«, er hob die Hand, um Cheftus Einwände abzuschneiden -, »ich bin selbst Skoloman-tiker. Ich kann dir bei allem behilflich sein, was du wissen willst.«
    Wozu bin ich hier?, dachte Cheftu. Kannst du mir dabei behilflich sein? Wieso bin ich in ein so mächtiges Amt berufen worden? Hast du da irgendwelche Vorschläge?
    Weil es ihn nicht länger auf seinem Stuhl hielt, trat er ans Fenster und sah hinaus in Richtung Meer. Rittersporn, eine Nuance heller als das Wasser, schwankte unten in der Brise. Cheftu atmete tief durch und versuchte, Ruhe zu bewahren. Chloe war hier, sie bekleideten beide ein hohes Amt in dieser Gesellschaft, er musste diese Prüfung bestehen, sonst würde er nicht mehr mit ihr zusammen sein können.
    Mit plötzlich eiserner Entschlossenheit drehte sich Cheftu zu Dion um. Das Sippenoberhaupt blickte auf eine ägyptische Papyrus-Illustration des menschlichen Körpers. »Was ist das?«, fragte Dion.
    Erleichtert, über etwas sprechen zu können, von dem er wirklich Ahnung hatte - Anatomie -, erläuterte Cheftu ihm die ägyptische Theorie, dass alle Gefäße ihren Ursprung im Herzen, also mitten in der Brust hätten, sich dann aber um das Rektum herum sammeln würden. Daher musste der Körper vor einer Heilung stets erst gereinigt werden.
    »Wie denn? Macht ihr einem Kranken etwa zuerst einen Einlauf?«
    »Genau. Alles, was durch die Anus-Gefäße eindringt, kann sich überall im Körper ausbreiten und den gesamten Leib mit Ukhedu vergiften.«
    »Ukhedu?«, wiederholte Dion langsam.
    »Gift, Vitriol, der Macht von Khefts und Khaibits. Wenn sich ein Mensch damit infiziert, kann das zu Unausgeglichenheit, zu Krankheit oder Wahnsinn führen.« Noch während Cheftu das sagte, ging ihm auf, dass die Aztlantu nicht eben viel von den ägyptischen Idealen der Ruhe und des Gleichmaßes hielten.
    »Und mit einem Einlauf spült man das heraus?«
    »Ja, für kurze Zeit wenigstens; doch während dieses Augenblicks ist der Körper rein, und jede Medizin kann wirksam verabreicht werden.«
    »Und was ist mit dem Liebesakt?«
    Cheftu drehte sich vom Fenster weg. »Mein Freund, der Lie-besakt hat nichts mit dem Anus einer Frau zu tun. Von einer Vereinigung braucht man keine Ukhedu zu befürchten.«
    »Was ist mit der Vereinigung mit einem Mann?«
    Blinzelnd versuchte Cheftu nachzuvollziehen, was der Mann da sagte. Um ihn nicht zu beleidigen, fragte er sicherheitshalber vorsichtig nach: »Eines Mannes ... mit einem Mann?«
    »Genau. Von zwei Männern. Brüdern. Gefährten.« Dion verschränkte die Arme. »Es gibt vieles, was eine Frau nicht wissen oder verstehen kann. Nur ein Mann kann die Herzensliebe eines Mannes in gleicher Weise erwidern.«
    Ein Mann und ein Mann. In Ägypten war Homosexualität praktisch unbekannt. Die Götter - Isis und Osiris, Amun-Re und Mut, Geb und Nuit - wiesen allesamt den Pfad zur fruchtbaren ehelichen Liebe. Ein Mann und eine Frau, die ein Kind zeugten.
    Das entsprach der Ma’at, jenem universellen Angelpunkt, den jeder Ägypter im Gleichgewicht zu halten suchte.
    An anderen Höfen, in Mesopotamien, Kanaan, selbst im fernen Land Punt hatten möglicherweise Männer andere Männer geliebt, doch Cheftu hatte nie an solchen Praktiken Teil gehabt und

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